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Mädchensitzung im Brückenforum: Auf die Stühle, Mädchen!

Mädchensitzung im Brückenforum : Auf die Stühle, Mädchen!

Schlechtes Timing von Heinz Rieck. Für ihn ist schon am Eingang des Brückenforums Schluss. "Das ist eine Mädchensitzung, Männer müssen draußen bleiben", erklärt ihm der eigens engagierte "Männerabweiser".

Seine Gattin Maria huscht derweil durch und stellt ihn ab. "Du kannst dich ja da hinten hinsetzen", ruft sie ihm zu. Und weg ist sie. Ganz so herzlos war die Szene bei der gestrigen Mädchensitzung des Alten Beueler Damenkomitees dann doch nicht. Maria Rieck war schon nach einer Viertelstunde wieder am Eingang, weil sie nur schnell ihre Tochter besuchen wollte. Dennoch beschreibt dieser Moment gut, was die Frauenveranstaltung ausmacht: absolute Narrenfreiheit für das vermeintlich schwache Geschlecht. Zu spüren bekommen das jedes Jahr Sascha Bley und "Pumpen Willi", die vor dem Festsaal Orden und Schmuck verkaufen.

"Die Frauen wollen es schrill, es muss blinken und glitzern", sagt Sascha Bley und lacht. Im Angebot hat er unter anderem neongrüne Sonnenbrillen und goldene Beuel-Anstecker. "Die gehen wie wild. Aber man muss aufpassen: Die Mädchen hier sind frech." Die Sprüche hört er sich aber gerne an, das Verkaufen in so einer Ausnahmesituation macht ihm Spaß. Nicht so lustig sind die Zustände vor den Toiletten. Wer da als Mann glaubt, eine geschützte Bastion zu finden und ungestört zu sein, täuscht sich gewaltig. Die Schlangen vor beiden WCs sind - wen wundert's - weiblichen Geschlechts.

Das ist die eine Seite, die fast "Männer diskriminierende" wie Sascha Bley findet. Aber es ist eben eine Mädchensitzung, weil sie für Mädchen gemacht ist. Und die erleben im Brückenforum jedes Jahr zu Hunderten eine "unvergleichbare Party", meint Lui Plönes. Seit acht Jahren kommt sie mit ihren Freundinnen. Kein vielerorts üblicher Kaffeeklatsch, sondern das Programm mit professionellen Künstlern und viel Musik kommt an.

Zu "Mach laut" von den Höhnern steht die Gruppe aus 20 Frauen auf den Stühlen, sie springen, klatschen, grölen mit. "Manche sind nicht gerne in der Menge, die sitzen dann oben in den Gepäcknetzen", sagt Plönes und zeigt auf die Empore. Anspruchslos ist das Publikum keineswegs: Wer einen schlechten Auftritt abliefert, bekommt kaum Applaus. Diesmal traf es Komiker "Ausbilder Schmidt". "War mal besser", raunt es aus den Reihen. Dann bespaßt man sich eben gegenseitig und blödelt rum. Wieder so ein Ausnahmezustand, den es wohl nur auf dieser Mädchensitzung gibt.

"Die Stimmung ist ausgelassen, von Anfang an", sagt Plönes. Vor Beginn um zwei Uhr nachmittags wurde schon mit Sekt angestoßen. Kurz vor Programmende, um 19 Uhr, wurde immer noch mit Sekt angestoßen. "Etwas Prickelndes gehört dazu, Kölsch ist aber auch in Ordnung", erzählt Anke Löbach aus Eudenbach. Prickelnd ist natürlich zweideutig gemeint: Immer, wenn Männer auf der Bühne die Hüllen fallen lassen, flippt der Saal aus.

Mindestens genau so wichtig wie Programm und Getränke ist die Verkleidung, die stets liebevoll gestaltet ist. Löbach und ihre Freundinnen haben laut eigener Aussage "111 Stunden" damit verbracht, ihren knalligen Süßigkeiten-Dress zusammenzustellen. Ohne aufwendiges Outfit tritt auch Obermöhn Ina Harder nicht auf. Als Engel mit mannshohen Flügeln schwebte sie auf einem Gabelstapler herein. Da passten "Querbeat" mit ihren bunten und schrägen Kostümen zum Schluss gut. Die Mädchensitzung ging so zu Ende, wie sie angefangen hatte: Ausgelassen, mit Sekt in der Hand und Frauen auf den Stühlen.

Altes Damenkomitee

Die Beueler Waschfrauen waren im 19. Jahrhundert die Initiatorinnen der Weiberfastnacht. Sie beschlossen 1824 zum ersten Male nicht nur die Wäsche, sondern auch ihre Männer in die Mangel zu nehmen. Während die nämlich in Köln Karneval feierten, dort war 1823 der erste Straßenkarneval, setzten sie sich zum Kaffeeklatsch zusammen. Das war die Geburtsstunde des Alten Beueler Damenkomitees von 1824. Seit 1958 hat die Beueler Weiberfastnacht eine weitere Symbolfigur neben der Obermöhn, die Wäscherprinzessin.