Verwandlungskünstler

Ratlos fragender Blick. Hilfloses Wühlen. Und der Kleiderschrank hat leider auch keine Antwort parat: Welches Kostüm soll es diesen Karneval sein?

Wenn das Outfit vom letzten längst out ist, das Oberteil kneift, die Hose ohne Fasson baumelt, wenn die alte Kostümierung nicht mehr auffindbar und die Pappnase zerknüllt ist - dann muss eine neue Montur her.

Siehe da: Ein bisschen Eitelkeit entwickeln plötzlich selbst Typen, denen sonst das Äußere völlig schnuppe ist. Denn in der fünften Jahreszeit ist alles anders. Frech oder flott? Einfach oder ausgefallen? Egal! Hauptsache kein stinknormaler Alltags-Look. Die Alternative hängt in großer Vielfalt seit Tagen in Läden und Kaufhäusern. Selbst hartnäckige Anhänger der Fraktion der Karnevalsmuffel kommen angesichts der Kostümauswahl ins Staunen und kriegen vielleicht gar Lust auf Maskerade.

Wenn, dann schon richtig herausputzen: Gehrock und Zylinder für den Herren und ein geschnürtes Rokoko-Kleid für die Damen favorisiert Ferdinand Eßler von der Bonner Karnevalsgesellschaft Fidele Burggrafen.

Den Schwerpunkt auf historische Kostüme legt auch die Kölner Kostümwerkstatt, die seit einem Jahrzehnt ein kleines Verleihgeschäft betreibt. Neben Abendroben beherbergt sie einen Fundus von insgesamt etwa 300 Karnevalskleidern.

"Von Barock bis in die fünfziger Jahre reicht unsere Auswahl", so Tanja Svejnoha, die gemeinsam mit Georg Maier-Peveling - beide arbeiten bereits für Theaterbühnen - die Kostüme unterschiedlicher Epochen anfertigt. Für Detailtreue sorgen Accessoires, die im Einzelhandel nicht zu haben sind. Die hochwertige Kluft eigne sich jedoch nicht für den Straßenkarneval, sondern sei vor allem für Karnevalsbälle und -partys gedacht.

Im Trend: historische Kostüme aus dem Verleih. Foto: Friese

Gerade für Kinder, die schnell aus Sachen herauswachsen, macht ein Verleih durchaus Sinn. Einziger Nachteil aus Kindersicht: Das mit Stolz getragene Prinzessinnen-Kleid oder die coole Miniuniform - all das muss schweren Herzens zurückgegeben werden, kann also nach der Party nicht mehr zum Spielen dienen.

Nicht nur Kinder und Frauen mögen die Verkleidungs-Tour. Auch Männer schlüpfen gern mal in Kostüme, probieren ihre Wirkung in alltagsuntauglicher Hülle aus. Kostümverleiher sind sich hinsichtlich der Maskeraden-Vorliebe männlicher Kunden einig: Der Hang zum braven Priestergewand, farbenfrohen Clownskostüm, verwegenen Piraten oder frechen Musketier-Outfit wiederholt sich seit Jahren.

Wiederum gehört offenbar ein sexy Charleston-Outfit etwa mit Federboa, langen Handschuhen samt mondänem Zigartettenhalter oder die Kluft der legendären Madame Pompadour bei weiblicher Kundschaft immer wieder zu den Favoriten. Auch venezianische Masken gehen seit geraumer Zeit unverändert gut über die Verkaufs- und Verleih-Tische.

Opulente historische Hüllen wie Rokoko-Kleider mit schwingenden Reifröcken haben durchaus optisch ihren Reiz, doch offenbaren beim Tragen so manche Tücke. "Man muss sich darin auch bewegen können", warnt Jutta Graichen, die in zweiter Generation einen Kostümverleih betreibt. Das sei ungeübt nicht so leicht, wie es auf den ersten Blick erscheine.

Tierisch gut kam dieses Kostüm auf dem Bonner Rosenmontagszug nicht nur bei unserem Fotografen an. Foto: Dennis Brosda

Fein raus ist, wer beim Schneidern selbst mit ein paar pfiffigen Ideen und geschickten Händen die eigene Maskerade erledigt. Ruck, zuck wird ein altes T-Shirt mit ein paar Stichen, Textilfarbe, alten Knöpfen, Flicken, Bommeln, Federn oder funkelndem Glitzer karnevalstauglich. Accessoires wie Schlipse oder auch Tücher lassen sich als Details für die Verkleidung einsetzen. Künstliche Wimpern sorgen für Dramatik beim Augenaufschlag, und farbiges Haarspray verändert blitzschnell die natürliche Haarpracht. Nicht Perfektion, sondern Kreativität hat Hochsaison.

Verrückte Perücken sorgen ebenso wie flippige Hüte mit wenig Aufwand für wirkungsvolle Wandlungen. So richtig komplett ist ein Kostüm aber freilich erst mit dazu passender Schminke. Die Bemalung kann nach Vorlagen erfolgen, aber auch mit Fantasie improvisiert sein.

Für Kinder eignen sich generell wasserlösliche Schminkfarben, die mit einem feuchten Tuch leicht wieder entfernt werden können. Grundierungen lassen sich am besten per Schwämmchen auftragen. Große Flächen kann man gut mit dem Finger ausmalen. Pinsel - am besten in verschiedenen Größen - kommen für Striche und Glitter zum Einsatz. Dabei helle Farben zuerst einsetzen. Glitter wirkt besser, wenn darunter der entsprechende Farbton coloriert ist. Streifen, Schnurrbart oder Strahlen sollten immer von innen nach außen gemalt werden.

Vor dem Start der Schminkaktion sind die jeweiligen Farben natürlich immer auf Verträglichkeit zu prüfen. Dazu Farbtupfer in der Armbeuge auftragen und einwirken lassen. Reagiert die Haut nicht, darf die Farbe auch ins Gesicht.

Buchtipps:

Maria Eigl: Verkleiden & Schminken. Christophorus-Verlag, 32 S., 6,90

Reiche, Bloxsom, Hella: Funky Faces - Gesichtsbemalung ohne Grenzen. reiche + wilberg, 152 S., 15,29

Stephanie Göhr: Schnell geschminkt und witzig verkleidet. frechverlag, 32 S. mit Vorlagenbogen, 7,50