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Frauen-Power: So waren die Rathauserstürmungen an der Ahr

Frauen-Power : So waren die Rathauserstürmungen an der Ahr

Das angeblich schwache Geschlecht zeigt sich von seiner starken jecken Seite. Die Rathäuser in Bad Neuenahr, Bad Breisig, Grafschaft, Remagen und Sinzig haben die Möhnen erfolgreich eingenommen.

Die jecken Wiever haben die Macht in den Rathäusern an Rhein und Ahr und auf der Grafschaft übernommen. Die Möhnen feierten an Weiberdonnerstag ihren Hochtag.

Bad Neuenahr

„Mir schenken däm Ahl e paar Blömcher“: Selten passte der Karnevalsklassiker besser als beim Rathaussturm der Kreisstadt-Möhnen im Bad Neuenahrer Rathaus. Denn die Landesgartenschau 2022 und die Wiederwahl ihres „alten“ Bürgermeisters Guido Orthen bewegten die jecken Wiever derart, dass sie den Stadtchef mit Grünzeug und Blümchen überhäuften.

Die Gimmiger Backeslämpchen toppten die Pflanzaktionen gar noch und sprachen den Wunsch aus, dass aus der sanierungsbedürftigen Kurgartenstraße der Neuenahrer „Walk of Fame“ à la Hollywood wird. „Da du alles neu machst, nennen wir ihn dann den Guido-Boulevard“, so Obermöhn Margret Küster, die einen großen Goldstern überreichte. Orthen, der wusste, dass er mit den Beigeordneten und Abteilungsleitern ausschließlich zum Gefallen der Weiber da war, konterte charmant: „Ihr Möhnen seid doch die Sterne dieser Stadt.“

Zuvor hatte die Rathaus-Mannschaft nebst Ortsvorstehern im Brings-Look, aber überhaupt nicht kleinkariert, eine Mega-Performance hingelegt. Die erste Rakete des Morgens und die Polka-Zugabe war nach „Denn mir sin all all all nur Minsche, et Hätz om rechte Fleck“ fällig. „Wir sind für die Männer oft Fabelwesen“, stellte Dorothe Beu-Rudat für die „Walbeze“ Möhnen fest. Doch schaue sie in die Runde, sehe sie Hunderte von Laga-Maskottchen, „denn wir sind das blühende Leben“.

Nachdem die Hippies aus Ramersbach Orthen einen beruhigenden Joint und die Heppinger Käslöffele andere stärkende Substanzen überreicht hatten, erfreuten die Heimersheimer Mädche neben „Dirty Dancing“ mit Beamten-Expandern: Büroklammern und Gummiband für Fingerübungen.

Bad Breisig

Die Bad Breisiger Möhnen sind Frühaufsteher. Der Halbmond stand noch am Himmel, als die jecke Schar um Obermöhn Gisela Monien das Bad Breisiger Rathaus enterte. Girlanden und Ballons im Ratssaal zeigten an, dass die Macht von Verbandsbürgermeister Bernd Weidenbach dem vorläufigen Ende nahte. Denn während Bürgermeisterin Gabriele Hermann Lersch einen Exkurs in die Möhnengeschichte wagte, von einstigem Aufgebären gegen die übermächtigen Männer sprach, ohne deren Erlaubnis eine Frau nicht arbeiten und kein Konto eröffnen durfte, wetzten die Möhnen schon mal die Schere. Schnipp, und Weidenbachs Zierde war weg. Aber der Schlips wäre sowieso in der Kleidersammlung gelandet. Und eine Punktlandung setzten die Möhnen dann am Nachmittag bei ihrer Sitzung in der Jahnhalle.

Grafschaft

Schwarze Polo-Shirts, goldene Schrift – die Grafschaft-Spitze um Bürgermeister Achim Juchem machte beim Rathaussturm auf ein jeckes Jubiläum aufmerksam: Die Gemeinde Grafschaft besteht seit 44 Jahren. So war es kein Wunder, dass vom Plenum der Narren von Gels- bis Nierendorf der Rathausschlüssel diesmal an die Leimersdorfer Möhnen um Andrea Hamacher ging. Denn der Verein der jecken Wiever besteht ebenfalls seit 44 Jahren. Für Kurzweil bei Suppe und Brötchen trugen die Escher Funken, die Red Hot Marys aus Birresdorf, die Dorfgarde aus Nierendorf sowie die Wendböggele und das Männerballett aus Ringen bei.

Remagen

Volles Haus konnten die Möhnen in der Remagener Kulturwerkstatt melden. Ob Hoppemötzje oder Nachtjacken-Geschwader: Die von Christine Möcking angeführten närrischen Weiber hatten nicht nut den in Frack und Dreispitz erschienenen Bürgermeister Herbert Georgi bestens im Griff, sondern die ganze Männerschar, die nix mehr „zu kamelle“ hatten. Das traf auch auf Ortsvorsteher Walter Köbbing und Pfarrer Frank Klupsch zu, der als rot-weißer Harlekin verkleidet gekommen war.

Orden und Bützje wurden en masse ausgetauscht, nachdem die Möhnen, begleitet von den stattlichen Stadtsoldaten, in den Saal eingezogen waren. Nachdem man sich dort so richtig warm geschunkelt hatte, ging es in die Rheinhalle, in der die Möhnen zu ihrer Weiberfastnachtssitzung geladen hatten.

Sinzig

Das war aber eine kurze Amtszeit: Nach nur einem Monat ist der frisch gewählte Sinziger Bürgermeister Andreas Geron auch schon wieder entmachtet. Das Regiment musste der Stadtchef komplett den Sinziger Möhnen überlassen, nachdem sie das Rathaus im Sturmlauf erobert hatten. Gerons „Gegenwehr“: ein Frühstück mit den Frauen. Im Gegenzug überreichten sie einen neuen Besen, mit dem Geron nach dem Abzug der Karnevalisten durchs Rathaus fegen kann. Mal sehen, ob die neuen Besen wirklich so gut kehren.

Erkennbare Neuerungen gibt es im Sinziger Rathaus allerdings schon jetzt: Erstmals gab es so etwas wie einen „Gender-Tanz“: In die Reihen der Tanzmariechen hatten sich nämlich auch einige „Tänzerinnen“ hineingeschmuggelt, die zwar in ihren Strumpfhosen prima und fesch aussahen, jedoch in ihren Gesichtern recht markant-männliche Züge aufwiesen. Die Grazien bekamen natürlich viel

Applaus, wenn es auch keine Zugabe gab: Zu anstrengend scheint das grazile Getänzel gewesen zu sein. Der in weinroter Jacke gewandete Bürgermeister hatte jedenfalls seine helle Freude dran. Wie auch Stadtkämmerin Antje Thürmer: Sie war als Hexe gekommen und machte damit klar, dass der in wenigen Wochen vorgelegte Stadthaushalt wahres Hexenwerk sein wird.