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111 Jahre: Narrentum im Quadrat

111 Jahre: Narrentum im Quadrat

Godesberger Stadtsoldaten feiern jeckes Jubiläum - Ursprung liegt im Turnverein mit eigener "Kommission für Fastnachtsangelegenheiten" - Sonntag Empfang auf der Godesburg

Bad Godesberg. Ein wahrhaft stolzes Jubiläum feiern in diesem Jahr die Bad Godesberger Stadtsoldaten. Die närrische Streitmacht kann auf sage und schreibe 111 Jahre ihres Bestehens zurückblicken. Narrentum im Quadrat also gilt es zu feiern, schließlich liegt der Zahl im närrischen Einmalseins die Rechnung 11 mal 11 zugrunde.

Die Historie der jecken Streitkräfte, die Jahr für Jahr mit Erfolg das Godesberger Rathaus sturmreif schießen, um dem Frohsinn freie Fahrt zu verschaffen, geht bis ins Jahr 1893 zurück, wie in einer Festschrift zum 100-jährigen Bestehen der Stadtsoldaten zu lesen ist.

Die ersten verlässlichen Nachrichten über den organisierten Karneval in Godesberg lenken den Blick auf die "Carnevals-Gesellschaft ¯Uhzvüjel®". "Vüjel" heißt soviel wie "Vögel", "uhzen" bedeutet etwa "veräppeln, sticheln". Bei den "Uhzvüjeln" waren vor allem Turner Mitglied, die gleichzeitig dem 1888 gegründeten Turnverein angehörten. Die Existenz der "Uhzvüjel" wird belegt durch eine Annonce aus dem Jahr 1893, mit der sie für "Sonntag, den 12. Februar", zum großen "Gala-Masken-Ball" ins Lokal der Geschwister Schumacher einladen. Später wurden die Veranstaltungen unter dem Dach des Vereins abgehalten.

Dass sie dort bestens aufgehoben waren, legt das Motto des Turnvereins nahe, das bereits um Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert ausgegeben wurde: "Wir Turner dürfen zur rechten Zeit auch recht fröhlich und heiter sein." Schon bald nach 1900 wurden die Karnevalssitzungen des Turnvereins aufwändiger und anspruchsvoller, so dass eine eigene "Kommission für Fastnachtsangelegenheiten" eingerichtet wurde.

Gefeiert wurde zweimal, eine "Karnevalistische Sitzung" ging meist am Sonntag vor Maria Lichtmess über die Bühne, zum "Galaabend" wurde an einem der Karnevalstage eingeladen. Veranstaltungsorte waren das Sälchen der Lokals "Zur Trambahn", der Tanzsaal des "Kronprinzen" in der Burgstraße und schließlich der "Cursaal im Curpark". Beliebt waren sogenannte "komische Vorführungen", humoristisch-akrobatische Darbietungen, die natürlich von "gelernten" Turnern besonders einfallsreich gestaltet werden konnten.

Ein besonderer Clou waren die "Lebenden Bilder", die eine malerische, historische oder auch komische Szene nachstellten. Großer Wert wurde auf einfallsreiche Büttenreden gelegt, man wünschte "möglichst viel lokal-humoristische Sachen".

Die Wirren des Ersten Weltkriegs und die unsicheren Zeiten der Inflation überstand der Turnverein einigermaßen unbeschadet, fand vom "Galgenhumor" wieder zum "Galaabend", wie Albert Schulte in der Festschrift schreibt, doch in der Session 1936/37 geriet der Verein in eine politisch bedingte schwere Krise, aus der schließlich die Stadtsoldaten, wie sie heute zum Vereinsleben Godesbergs gehören, hervorgingen. Auslöser war die Absicht des Bürgermeisters Heinrich Alef, dem Turnverein karnevalistische Aktivitäten zu untersagen.

Alef wollte auf diese Weise der von ihm favorisierten "Großen Karnevalsgesellschaft" die Vorrangstellung sichern. Die Jecken des Turnvereins lösten das Problem, indem sie sich 1937 als "Stadtsoldaten" neu gründeten und die karnevalistische Tradition des Turnvereins selbstständig fortsetzten. 1972 wandte sich der Verein vom bisherigen "diktatorischen" Regiment durch einen Kommandanten ab und gab sich eine demokratische Verfassung. Seitdem lenken ein Ältestenrat, ein Vorstand und ein Senat die Geschicke des Vereins, der im Kern aus den närrischen Streitkräften mit den entsprechenden Unterabteilungen wie Infanterie, Kavallerie, Tanzcorps und Marketenderinnen besteht.

Vorsitzender der zirka 400 Mitglieder ist heute Horst Effelsberg. In den Waffengattungen nehmen die Stadtsoldaten den militärischen Drill gehörig auf die Schippe. Das wird schon bei der Vereidigung der neuen Rekruten klar. Die Eidesformel: "Ich schwöre, ke Mädche zu bütze, wenn se not do senn." Am morgigen Sonntag findet ein Empfang auf der Godesburg statt.