Dat Höhnerhänsche

Der Herrgott hat Hans Remig nicht nur mit dem perfekten Büttenmaß ausgestattet

Siebengebirge. Der berühmte Kapellmeister Hardy von den Driesch von den Roten Funken verzog keine Miene. Und er hob schon gar nicht den Taktstock. Für den "Scholljung" aus Veußel gab es keinen Tusch, als er im "Sartory" beim Festausschuss Kölner Karneval vorsprach. Damals zählten dort nur Karnevalisten, die us dem Kunerbätspötz jehollt un met kölnisch Wasser jedäuf waren.

Aber doch nicht so ein Büttenredner aus dem Sibbejebirch. Der zeigte es ihnen. "Wer mich nimmt, der kann de Musik sparen", stichelte Hans Remig plötzlich mit staubtrockenem Humor. Dieser Satz saß und hat ihn berühmt gemacht, damals, als er nach Erfolgen im Bonner Raum auch in der Domstadt die Bütt erobern wollte. Gesellschaften aus dem ganzen Rheinland informierten sich dort, was "auf dem Markt ist" als Possenreißer, Musiker oder Tänzer. Und sie kugelten sich über die kess vorgetragene Kritik, die sich zur glänzenden Werbung in eigener Sache mauserte.

Nein, Hans Remig brauchte sich nicht zu verstecken vor namhaften Vertretern der Zunft jener Zeit. Es gab johlenden Beifall, und die Musik, die spielte nun auch nach jeder Remig-Pointe. Angebote aus dem ganzen Rheinland flatterten nach diesem Geistesblitz herein. Den ersten Zeitungsausschnitt mit seinem Namen hat Hans Remig verwahrt. Über den Prüfungsabend des Bonner Festausschusses 1951 heißt es: "Den größten Lacherfolg erzielte der “Gelegenheitsdieb„ Hans Remig, ein junger Bonner, der erstmals in die Bütt gestiegen ist."

Er wurde zitiert: "Wenn ich irjendwo jewäß bin un hann nix mitjenomme, hann ich dat Jeföhl, als hätt ich wat verjesse." Seither steht Hans Remig in der Bütt. Er ist der dienstälteste Redner im Bonner und im Siebengebirgsraum und kann noch jeden Saal mitreißen. Dabei vollendet er kurz nach Karneval sein 81. Lebensjahr. Er ist eine Marke. Und weil er von Beruf Geflügelzuchtmeister auf dem Versuchsgut Frankenforst in Vinxel war und der Herrjott ihn mit perfektem Büttenmaß ausgestattet hat, war er schon bald weit und breit als "dat Höhnerhänsche" bekannt.

"Eine gewisse Nervosität verspüre ich vor jedem Auftritt schon, aber ich bin gelassen", sagt er. "Am Anfang war ich aufgeregt. Ich wollte gut sein und war übermotiviert." Hans Remig erinnert sich an "kaugummiweiche Knie" bei seiner Tour durch die Säle als Jazz-Trompeter Biba-Bobi. Er war der närrische Philosoph mit Bart, war Möbelpacker, Kaminfeger, Metzgergeselle, Bäcker, aber auch der glückliche oder der erziehende Vater, und das nicht nur in der Bütt, sondern auch im echten Leben. Als Feuerwehrmann entfachte er närrische Brände.

Wenn Hans Remig den Helm aufsetzte und mit der Spritze in den Saal zielte, dann sprühten die Funken. Das schönste Erlebnis seiner Laufbahn? "Es war in den sechziger Jahren. Ich kam geschminkt in einer Kölner Südstadt-Kneipe an. Die fragten: “Hänschen, was willst Du denn hier? Die Sitzung ist erst am Donnerstagabend. Aber wenn Du schon hier bist, dann leg doch gleich los.„" Hans Remig stellte sich auf einen Stuhl und gestaltete ein zweistündiges Programm.

Oder: Die 3 Colonias mimten das Kölner Dreigestirn mit Hans Remig als Standartenführer. Ein anderes unvergessliches Ereignis. Nachmittags amüsierte Remig noch in der Beethovenhalle. Abends musste er bereits im Kursaal von Baden-Baden sein. Rein ins Auto. Abgezischt. Die Garde der Mainzer Spitzenredner promenierte hinter der Bühne. Remig: "Ich war für die nicht anwesend." Und dann kam er, als ne Scholljung, mit dem Ranzen auf dem Rücken. "Wieviel ist einmal eins?" fragte der Lehrer. Hänschen rieb sich den Kopf: "Dat muss vill sin, sons wüss ich es."

Und: "Im Zeugnis hatte ich die höchste Quote, alles 5 und 6 mit Zusatzzahl." Gegen diese Schule waren die Mainzer unerwartet zweite Reihe. Was ihn bis heute auf Trab hält? "Es macht Spaß." Unzählige Male erfreute er bei Altensitzungen. Einen Teil seiner Gagen spendet er für soziale Zwecke. Für die Bütt krabbelt Hans Remig auch mitten in der Nacht aus dem Bett.