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Von Kölsch-Büllesbach ins pralle kölsche Leben

Von Kölsch-Büllesbach ins pralle kölsche Leben

Pascal Solscheid aus Buchholzer ist Tanzoffizier der "Kölsche Funke rut-wieß vun 1823"

Buchholz. "Das Schlimmste war: Wir mussten uns einen neuen Torwart suchen." Wenn Herbert Solscheid das sagt, dann tut er es mit einem Augenzwinkern. Denn dass sein Zweitgeborener Pascal im Moment so gar keine Zeit hat, beim TuS Asbach den Kasten sauber zu halten, erfüllt die Familie auch mit Stolz.

Im Tor stehen wird Pascal frühestens wieder nach Aschermittwoch - schon wegen der Verletzungsgefahr auf dem grünen Rasen. Pascal hat sein Fußball-Trikot eingetauscht gegen eine schmucke, rot-weiße Uniform: Er ist Tanzoffizier der "Kölsche Funke rut-wieß vun 1823".

Ein Junge aus Buchholz Funkendoktor, so die korrekte "rut-wieße" Lesart, bei der einst aus Kölns Stadtwache hervorgegangenen Traditionsgesellschaft, dem ältesten Corps, das der kölsche Karneval zu bieten hat? "Zufall", sagt Pascal.

Zufall - so bescheiden müsste der sympathische 26-Jährige nicht sein. Immerhin überzeugte er in anspruchsvollen Castings den Vorstand der 400 Funken davon, dass er der Richtige ist, das Corps in Gürzenich, Sartory & Co. zu vertreten. Von Kölsch-Büllesbach ins pralle "kölsche" Jecken-Geschehen - für Pascal erfüllt sich mit dem Part, den er mit Funkenmariechen Vanessa Schoenen als Partnerin im Solo-Tanzpaar übernimmt, ein Traum: "Tanzoffizier bei den Roten Funken, da geht nichts drüber."

Pascal drückt auf die Fernbedienung des DVD-Players, sucht eine Sequenz, verzieht leicht das Gesicht. "Herrje, wenn ich Aufnahmen der ersten Auftritte sehe... Jetzt klappt das viel flüssiger, lockerer." Eine Profi-Beurteilung. Was der Laie sieht: Gekonnt zeigen Pascal und Vanessa den Traditionstanz der Funken "rut-wieß", um beim zweiten Tanz mit einem Hingucker zu starten, einem sychronen Spagat. "Kein anderes Paar macht das."

Pascal greift zu seinen Stiefeln, denen durchtanzte Stunden anzusehen sind. "Damit der Spagat klappt, ist hier ein Lederstreifen eingearbeitet." Tanzen, tanzen und nochmals tanzen - dabei hätte 2006 "nur" unter einem beruflichen Stern stehen sollen. Das dritte "T" in Pascals Leben: die Tischler-Meisterprüfung, die er im Oktober abgelegt hat, stand für den jetzt Selbstständigen oben an.

Das Hobby sollte ein "T" hinzufügen. Pascal, seit seinem 15. Lebensjahr bei den "Grün-Weißen Funken vom Zippchen" Kölsch-Büllesbach aktiv, meldete bei einem Nachbarn - selbst Funke - Interesse an, sich das Training des Corps anzusehen.

Ehe er sich versah, stand er selbst auf der Bühne und präsentierte sich dem Corps um Präsident und Kommandant Heinz-Günther Hunold, dessen Ex-Tanzoffizier Peter Pick für Pascal "ein Vorbild ist. So tanzen wie der, habe ich immer gedacht, das wäre schon `was." Prompt wurde Pascal gebeten, seine Bewerbung mitzubringen, "mit Lebenslauf und allem Drum und Dran".

Die Tanz-Karriere beim Corps, das aktuell auch das Kölner Dreigestirn stellt, nahm Fahrt auf. Auch in Runde zwei überzeugte der Buchholzer, verwies 20 Mitbewerber auf die Plätze. Selbst sein Bruder Patrick, Vorsitzender der heimischen Funken, "konnte es nicht fassen": "Direkt nach Casting und Bewerbungsgespräch wurde mir gesagt, dass ich es geschafft habe."

Das war im März 2006. Sofort startete für den Funkendoktor, der im Gegensatz zu "regulären" Mitgliedern qua Amt den Offiziersrang erhält, das Training. Erst zweimal die Woche, später häufiger, begab er sich in die bewährten Hände von Biggi Depenheuer-Fahnenschreiber, einer Koryphäe. Pascal: "Sie ist einfach toll." Das Training hat es in sich.

"Ballett, Konditionstraining, das Einstudieren der Tänze", die Reihe ließe sich fortsetzen. Also hieß es büffeln für den Meister am Morgen, tanzen am Abend. "Da war es ganz praktisch, dass die Meisterschule auch in Köln ist."

Nebenbei ging`s zur Schneiderin. Dann das! Als Pascal nach monatelangem Training in den maßgeschneiderten, roten Rock schlüpfte, hatte der junge Mann derart Muskeln zugelegt, dass die Uniform zum Tanzen zu spack saß. "Ich kriegte die Arme gerade noch so hoch", sagt er und deutet an, dass er das Mariechen kaum über Schulterhöhe hätte heben können. Eine neue Uniform musste her.

Das ist Vergangenheit, längst hat das Solo-Tanzpaar die Bühnen fest im Griff. Freundschaften zwischen den Mitgliedern, gleich welchen Alters, entstehen bei der Tournee von Saal zu Saal. "Das hat mir sofort imponiert: Egal, was jemand macht, wie jung oder alt er ist - alle helfen sich, halten zusammen. Es ist eine tolle Truppe, ich möchte keine Minute missen."

Auftritte - an die 90 in der Session -, aber auch Fototermine für das Corps gehören dazu. Unvergesslich: Beim "Shooting" am Dom-Portal stand urplötzlich Joachim Kardinal Meisner neben dem Paar. "Jung, und als nächstes hebst Du mich", zitiert Pascal den Oberhirten im Erzbistum Köln. Und sympahischer, als auf dem so entstandenen Funken-Schnappschuss, kann ein Sessions-Motto kaum rüberkommen: "Mir all sin Kölle".

Das Bild hat einen Ehrenplatz im Haus der Familie Solscheid. Pascal fährt sich durchs Haar. Es war wieder spät in der Nacht wie oft in diesen Tagen, die die ganze Familie auf Trab halten. Schließlich, nach dem Auftritt ist vor dem Auftritt: Da kommt es vor, dass Mutter Gertrud, früher aktive Möhne, morgens um eins die Waschmaschine anwirft, um alles parat zu machen. "Ohne die Familie ginge nichts", sagt Pascal.

Wie geht`s weiter? "Ein Höhepunkt wird der Rosenmontagszug, ich freue mich riesig." Und danach: Weiter tanzen, natürlich! Bei den Roten Funken.