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Party im Telekom Dome: Hinter den Kulissen bei "Bonn steht Kopp"

Party im Telekom Dome : Hinter den Kulissen bei "Bonn steht Kopp"

Insgesamt 12.000 Jecken feierten am Samstag und Sonntag im jeweils ausverkauften Telekom Dome. Während die Menge vor der Bühne und auf der Tribüne sang und tanzte, folgte hinter den Kulissen alles einem eng getakteten Ablaufplan.

Konfettiregen, ein brummender Bass - auf der Bühne eine Gruppe Musiker, deren orangefarbene Accessoires schon Kultcharakter haben. In der stickigen Luft liegt der Geruch von schalem Bier und kaltem Schweiß. Schneemann, Krümelmonster und Raubkatze absolvieren den Parcours aus Pfützen und leeren Getränkebechern, als wären sie Slalomläufer auf einer Skipiste. Der Telekome Dome kocht, als Jojo Berger am Samstagabend um 21.23 Uhr das Publikum fragt: „Watt is dä Plan? Die Antwort liefert der Frontmann der Bonner Brassband Querbeat genau zwei Songs später, als er beim Klassiker „Nie mehr Fastelovend“ singt: „Mir han jede Kneip op der Kopp gestallt“ und damit genau das Motto der Veranstaltung trifft: De Kneip? Nein, Bonn steht Kopp.

Zum dritten Mal findet an zwei Tagen die große Karnevalsparty im Wohnzimmer der Telekom Baskets statt, jeweils mit 6000 Jecken und mit dem Who is Who des Kölschen Karnevals. Von Brings bis Höhner, von Querbeat bis Köbesse – alle kommen gerne. "So viele Leute im Heimatkaff auf einem Fleck hat man ja selten auf Partys. Das ist schon etwas Besonderes", sagt Berger. "Für uns ist es ein Bonus nach Hause zu kommen." Davon, dass „Bonn steht Kopp“ vereinzelt noch als die kleine Schwester der lachenden Kölnarena bezeichnet wird, ist an diesem Wochenende nichts zu spüren. Und wenn, dann ist es eine ganz schön aufmüpfige. „Sind wir das?“, fragt Veranstalter Wolfgang Pütz verwundert, um dann seinen ganzen Stolz sprechen zu lassen. „Im selben Atemzug mit der lachenden Kölnarena genannt zu werden, ist eine Ehre für uns. Das Format gibt es schon so viel länger als uns, daran möchten wir uns gar nicht messen“, sagt Pütz.

Das kann er aber. Die Veranstaltung ist nicht nur die größte Bonner Karnevalsparty, sie ist auch eine der beliebtesten. Alleine der Vorverkauf für die Samstagsveranstaltung 2020 hat nur wenige Minuten gedauert. Dann waren alle 6000 Tickets verkauft. Und: "Bonn steht Kopp" blickt auf eine mehr als zehnjährige Geschichte zurück. Dass die Veranstaltung nun im dritten Jahr in Folge den Telekom Dome füllt, war allerdings nicht von Beginn an abzusehen. War sie zunächst nur als Event für Kunden der Pütz-Gruppe, die unter anderem Spielhallen betreibt, gedacht, mauserte sie sich über die Jahre zu der Party im bönnschen Karneval – und auch weit darüber hinaus. „Die Besucher schätzen bei uns vor allem die offene Halle. Sie haben von überall eine gute Sicht auf die Bühne“, sagt Mitveranstalterin Heike Waldmann.

Der Blick auf die Bühne ist tatsächlich von fast jedem Platz gut, der Blick hinter die Bühne bleibt den meisten verborgen. Doch auch dort herrscht reges Treiben. Allerdings hat der Trubel wenig mit ausgelassener Freizeitaktivität zu tun. Im Gegenteil. Querbeat hat den letzten Ton noch nicht gespielt, da karren die Roadies schon die nächsten Instrumente an. Mixer, Schlagzeug und ein seltsam geformter Bass stehen in dem ohnehin schon engen Bühnenaufgang. Dazwischen junge Männer mit schwarzen Pullovern, auf denen der Schriftzug "Brings" zu lesen ist. Noch während die Brassband die Bühne verlässt, wird schon für den nächsten Act aufgebaut. Jeder Handgriff muss sitzen, selbst die Reihenfolge des Intrumentenaufbaus ist geplant.

Peter Brings lässt sich trotz all dem Stress nicht aus der Ruhe bringen. Unmittelbar vor dem Auftritt begrüßt er noch ein bekanntes Gesicht, hält einen kleinen Plausch. Routine. Der Frontmann der Kölschrocker ist diese Art von Gigs gewohnt. Die Gruppe ist längst in der Spitze des Kölschen Karnevals angekommen. Doch der Frontmann findet auch mahnende Worte: "Man darf bei den ganzen schönen Großveranstaltungen die kleinen Karnevalsvereine nicht vergessen. Denn da ist das Ehrenamt", sagt der 54-Jährige. Aber: "Wir haben ja auch zwei Bonner in unserer Band. Insofern fühlen wir uns hier im Dome auch zu Hause. Und das Event ist einfach Spitze" Für Veranstalter Wolfgang Pütz ist der Auftritt der Rockband ein weiteres Highlight an diesem Abend. Und eins, das er mittlerweile genießen kann. Zu später Stunde mischt er sich mit einer Fassbrause unter das Publikum. Der erste Abend neigt sich dem Ende zu.

Alles muss perfekt getimed sein

Einige Stunden später ist dem Veranstalter die Anspannung wieder deutlicher anzumerken. Mit dem Brauchtumsumzug beginnt auch am Sonntag die Party. Pütz und Waldmann stehen am Bühnenaufgang und blicken gebannt auf das Programm, das sie sich auf ein kleines Stück Papier haben drucken lassen, nicht größer als eine Autogrammkarte. Bei so einer Großveranstaltung muss alles perfekt getimed sein. Die Großkaliber des Kölner Karnevals eilen an solchen Tagen von Auftritt zu Auftritt, die Zeitfenster sind eng getacktet. Es gibt eine Karenzzeit, die von beiden Seiten einzuhalten ist. GPS-Tracker in den Fahrzeugen, über die der Standort der Band abzurufen ist, schaffen für ein wenig Gelassenheit. "Die Anspannung fällt eigentlich erst ab, wenn die erste Band auf der Bühne steht", sagt Waldmann.

Am Sonntag sind das de Köbesse. Während der Umzug noch in vollem Gange ist, scharrt sich hinter der Bühne der Karnevals-Nachwuchs um den Sänger der Köbesse, Roger Moore. Es werden Autogramme geschrieben, Fotos gemacht. Für die Band aus Bonn und der Region ist der Auftritt etwas ganz Besonderes. "Bonn steht Kopp ist eine extrem große Veranstaltung. Da geht dir schon die Muffe, wenn du den Korridor reinkommst", sagt Moore. "Es gibt so viele bekannte Gesichter. Dann mit dem neuen Song, das ist schon krass." Der neue Song gehört eigentlich nicht zur Karnevals-Setliste der Band, ist aber dennoch von großer Bedeutung. Er wurde extra für die Veranstaltung geschrieben. An diesem Wochenende wird er das erste Mal live gespielt. "Wir können von der Bühne ja nie so genau sagen, wie ein Song ankommt", sagt Schlagzeuger Frank Brack. Doch das Publikum liefert die Anwort. Er kommt gut an.

Bonn steht Kopp im Telekom Dome (3)

An diesem Sonntag feiern im Dome Bonner mit Siegburgern, Troisdorfern, aber auch mit Menschen weit über die rheinischen Grenzen hinaus zusammen. „Das ist schon der Hammer“, sagt Yannis, der extra aus Kerpen gekommen ist, um im Telekom Dome zu feiern. "Im Grunde sind ja die meisten großen Bands dabei." Das stimmt. Cat Ballou, Kasalla und die Bläck Fööss stehen ebenfalls auf dem Programm. Selbst für die ganz Großen ist der Dome mehr als nur eine kleine Zwischenstation. "Die Atmosphäre in solchen Hallen, wie hier im Dome, die ist schon sehr besonders", sagt Henning Krautmacher von den Höhnern. Dabei hat die Liaison zwischen „Bonn steht Kopp“ und der vor allem als Heimspielstätte der Telekom Baskets Bonn bekannten Halle den Veranstaltern vor der ersten Party auf dem Bonner Hardtberg schlaflose Nächte bereitet.

Schließlich erforderte der Umzug vom kleineren Brückenforum neben hohen Investitionen viel Mut. Rückblickend haben sich die schlaflosen Nächte von damals für Pütz und sein Team gelohnt. Schon nach der ersten Ausgabe im Dome im Jahr 2017 war die Nachfrage so groß, dass die Veranstaltung seit 2018 an zwei Tagen angeboten wird. Ob die Veranstaltung weiter ausgedehnt wird? „Das sind wir natürlich schon oft gefragt worden“, sagt Waldmann. Aufgrund der großen Nachfrage wird über einen dritten Tag nachgedacht. Veranstalter, Künstler-Agentur und die Verantwortlichen des Telekom Dome überlegen, ob und wie sie einen dritten Tag stemmen können. Aber: „Wir haben lieber ausverkaufte Veranstaltungen und dafür eine tolle Stimmung“, sagt Waldmann. Eine halbleere Halle helfe schließlich weder Fans noch Künstler oder Veranstalter.

Um 7 Uhr am Freitag geht alles los

Leer ist der Dome dagegen noch zwei Tage zuvor. Am Freitagmorgen herrscht hier noch die Ruhe vor dem Sturm. Dort, wo sich an den Folgetagen lange Schlangen bilden werden, liegt nun unberührter Schnee. Eine Schneefräse befreit die Gehwege von Eis, zwei junge Frauen in Sportoutfit begeben sich in die Wärme des dortigen Fitnessstudios. Es ist kurz nach sieben Uhr als die Veranstaltungstechniker rund 40 Tonnen Equipment aus zwei Lkws laden. "Die größte Herausforderung ist die 360-Grad-Bespielung, so dass, jeder Zuschauer von jeder Seite eine perfekte Sicht auf die offene Bühne hat und die Beleuchtung und der Ton perfekt sind", sagt Andreas Feld, der technische Projektmanager der Firma Gahrens und Battermann. Die Tontechniker sind Teil eines über 200 Personen starken Teams, das die Mega-Party erst möglich macht.

Einen bedeutsamen Part nimmt in diesem das Sicherheitspersonal ein. 6000 feiernde Jecke, Alkohol, viel Gewusel – da ist nicht auszuschließen, dass mal etwas passiert. Sie halten sich angenehm zurück, haben aber dauerhaft beide Augen auf das Treiben im Telekom Dome gerichtet. "Bei uns ist noch nie etwas passiert", sagt Pütz. "Das soll auch so bleiben." Darüber hinaus wird schon am Einlass kontrolliert, dass keine verbotenen Gegenstände in die Halle gelangen. Die Sicherheit hat aber auch ihren Preis. An beiden Tagen sorgen lange Warteschlangen beim Einlass für Kritik. "Man sollte einfach einen anderen Eingang öffnen", sagt eine als Hutmacher verkleidete Frau. "Das Problem ist uns natürlich nicht verborgen geblieben", sagt Waldmann. "Wir arbeiten auch schon an einer Lösung." Ein Problem: Trotz frühem Einlass kommen die meisten Jecken erst unmittelbar vor Veranstaltungsbeginn. So verpassen auch am Sonntag einige Jecke den Auftakt der Feier.

Doch der Frust ist mit Eintritt in die Halle vergessen. Die Stimmung im Dome ist atemberaubend. Während des Auftritts der Höhner zücken die Zuschauer ihre Smartphones und verwandeln die Halle in ein Lichtermeer. Frontmann Henning Krautmacher spielt mit dem Publikum. Dieses lässt mit sich spielen. Auch deswegen sagen die großen Bands gerne zu. "Die Künstler freuen sich, vor so einer Kulisse und 6000 Zuschauern im Telekom Dome auftreten zu können. Da ist auch schon das Wort Hexenkessel gefallen", sagt Pütz. "Natürlich zahlt man bei einer Großveranstaltung aber auch eine höhere Gage." Über die Höhe wird nicht gesprochen. Je nach Bekanntheitsgrad bewegt sie sich aber im vierstelligen Bereich.

Wenngleich die Veranstalter glaubhaft versichern, dass es ihnen in erster Linie darum geht, den Karnevalsfans in Bonn und darüber hinaus eine Party der Extraklasse zu bieten, so schauen auch sie zwangsläufig auf das Geld. Bei all dem Spaß geht es natürlich auch darum, Gewinn zu erwirtschaften. Bei Selbstverpflegung, Kartenpreise im moderaten Preisrahmen und Bezahlung von Personal und Künstlern - keine leichte Aufgabe. „Das ist jedes Jahr aufs Neue die Kunst“, sagt Pütz und ergänzt: „Der Grad, zwischen Programmkosten, Hallenmiete, Security, Reinigung der Halle, Gema, steigendem Personal und vor allem Nebenkosten noch einen Gewinn zu erwirtschaften, ist sehr schmal.“ Ob sich die Veranstaltung aus finanzieller Sicht in diesem Jahr gelohnt hat, werden wohl erst die kommenden Tage zeigen, wenn alles abgerechnet ist.

Bläck Fööss beenden das diesjährige Programm

Für die Jecken lohnt sich die Veranstaltung allemal. Getränke und Speisen dürfen selbst mitgebracht werden. Dazu Musik und Unterhaltung. Für die Sport-Fans gibt es am Sonntag noch einen zusätzlichen Bonus. Sechs Spieler der Telekom Baskets lassen es sich nicht nehmen, die Bühne zu betreten. "Wir haben ein wenig trainiert", sagt der stellvertretende Baskets-Spielführer TJ DiLeo. "Gerade für die neuen Spieler ist das jetzt spannend. Karneval ist doch die beste Zeit." Das vermitteln auch die Acts. Hinter der Bühne werden da schon mal ernsthaftere Themen auf den Tisch gebracht. Micky Nauber, Sänger der Domstürmer, sitzt im Cateringraum mit seiner Crew und philosophiert über die mediale Entwicklung. Im Bühnenaufgang bereiten sich derweil die Jungs von Kasalla auf ihren Auftritt vor.

Dehnen, ein paar Kicks und dann noch einmal durchatmen. "Kurz bevor man auf die Bühne geht, ist das immer ein Adrenalinkick", sagt Jojo Berger. "Sobald du oben stehst, ist das ein Selbstläufer. Weil wir einfach Spaß haben, an dem was wir machen." Das merkt man auch Wolfgang Pütz und Heike Waldmann an. Beide genießen den Abend je länger er dauert. Die Anfangsnervosität ist längst verschwunden. Fast schon andächtig lauschen sie den Klängen der 6000 Kehlen, die die Zugaben der Bands natürlich auswendig kennen.

Gegen 21.30 Uhr beenden die Bläck Fööss am Sonntagabend das diesjährige Programm. Wenig später leert sich auch der Dome allmählich – auch Feiern macht müde. Während sich die Halle nun bis zum Heimspiel der Baskets am kommenden Sonntag gegen Alba Berlin erholen kann, zum Karnevalsspiel der Basketballer aber wieder voll in jecker Hand sein wird, können sich die Veranstalter, die die vergangenen vier bis acht Wochen vor der Veranstaltung kaum Luft für anderes hatten, höchstens ein kurzes Päuschen gönnen. Der Vorverkauf für die nächsten Partys im kommenden Jahr läuft bereits und auch das Programm steht schon. Heißt für Waldmann und Pütz: Höchste Zeit, die Planungen für „Bonn steht Kopp 2021" voranzutreiben. Datt is dä Plan.

Letzte Karten für "Bonn steht Kopp 2020" gibt es auf www.ga.de/tickets.