1. Narren-News
  2. Königswinter

Ausnahmezustand: Alles handgemacht oder Weiberfastnacht in Königswinter

Ausnahmezustand : Alles handgemacht oder Weiberfastnacht in Königswinter

Die Zunftfrauen "Pleeser Wind" feierten 40. Geburtstag. Und auch in anderen Sälen ging es mehr als jeck zu.

"Wie, so gänzlich unverkleidet? Und Sie arbeiten heute? Wirklich?" Ja, so ist das: Wer weiblichen Geschlechts und an diesem Tag aller Tage dennoch, zumindest dem äußeren Anschein nach, nicht knatschverdötscht, sondern total normal unterwegs ist, der muss sich schon mal Fragen wie die genannten gefallen lassen. Weiberfastnacht, da herrscht halt Ausnahmezustand im Rheinland.

Davon nicht ausgenommen ist das Siebengebirge, dessen Straßen am Donnerstag spätestens ab mittags wie leer gefegt schienen. Wer dennoch ran musste und Dienst hatte, tat dies gerne mit zumindest einem närrischen Accessoire. Oder erfreute sich frohgemut im Alltags-Dress als Beobachter(in) daran, dass die anderen ausgelassen feierten. "Mer muss och jünne könne", sagt schließlich richtigerweise das Rheinische Grundgesetz.

In den Sälen in Bad Honnef und Königswinter, ob nun auf dem Berg oder im Tal, war jedenfalls die Hölle los. Weiberfastnacht, das ist zwar klassisch auch der Beginn des Straßenkarnevals. Davon war am Donnerstag, im Gegensatz zur Hochburg Beuel, im Siebengebirge aber noch nicht so viel zu spüren. Verkleidete Närrinnen hier und da, die den Sälen zustrebten, brachten sich lieber vor dem Regen in Sicherheit. In den Sälen herrschten dann im Gegensatz zur rheinischen Nieselkälte draußen schnell tropische Temperaturen.

Auch in Oberpleis wurde es den über 500 jecken Wievern kochend heiß. "The same procedure as every year!" Zum Schlapplachen schön. Ein "Dinner for One" wurde am Donnerstag auf der Weiberfastnachtssitzung der Zunftfrauen "Pleeser Wind" in der Aula serviert. Natürlich war es ein "Dinner for Aschermittwoch". Und statt Miss Sophie wollte ein Funkemariechen (Barbara Wagner) mit alten Freundinnen anstoßen, in der Kneipe "Post Mattes Eck", wo die Zunftfrauen einst ihre ersten Sitzungen durchführten.

Und statt Butler James gab's in der Pleeser jecken Version dieses alljährlichen Silvesterkrachers den Wirt Mattes (Birgit Landsberg-Starke), der statt über einen Tigerteppich laufend über einen Lappenclown stolperte. Prost auf die alten Freundinnen. Mit echt Kölsch, und auf einen Zug. Die närrischen Damen im Saal kreischten anerkennend. Mattes: "Mariechen, wie jedes Joahr?" Mariechen: "Ja, Maattes, wie jedes Joahr!" Einfach köstlich. Und wirklich passend zum 40-jährigen Bestehen der Zunftfrauen. Diese gelungene Geburtstagsnummer ließ Lachtränen kullern.

Den "Urahninnen" des Oberpleiser Wieverfasteler hätte es gefallen. Die Gründerin kam sogar mit Engelsflügeln vom Himmel herabgeschwebt. 1972 hatte zwei Wochen vor dem höchsten Tag der Frauen im Karneval Anneliese Bellinghausen couragiert die Zunftfrauen gegründet und eine erste Sitzung aus dem Boden gestampft. Am Donnerstag kam in Gedenken an die "Urmutter" Funny Pannenbecker-Frings mit rosa Hütchen auf die Bühne, zurechtgemacht wie "et Anneliese". Sie besuchte mit anderen Zunftfrauen, in Bademäntel gehüllt, eine Wellnessoase Yacuzzi im Stück "Prima Prümmchen". Und Anneliese Bellinghausen überprüfte, ob Yacuzzi besser ist als ihr Schwimmbad im Auel. Einfach köstlich.

Überhaupt, die Damen hatten nicht nur den Saal wieder fantastisch hergerichtet, Kaffee und Kuchen herbeigezaubert, sondern viele Sketche und Tänze einstudiert. Alles handgemacht. Aus dem dicken Ordner, in dem alle Aufführungen, die je bei Weiberfastnacht von den Zunftfrauen bei Pleeser Wind gezeigt wurden, hatten sie ebenfalls einige Stücke in die Sitzung eingebaut.

Noch ein wunderbarer Augenblick: Prinzessin Britta (Friedrich) eroberte zusammen mit den Zunftsternen die Bühne. Sie ist selbst eine Zunftfrau und die Enkelin der Gründerin, erinnerte Sitzungspräsidentin Sylvia Krey. Noch mehr Jubiläum: Erstmals gab es einen Orden der Zunftfrauen, erstmals trat ein Mann auf, Mister Feinripp. Und erstmals brachte abends, als die Pantoffelhelden längst Zutritt hatten, eine Live-Band die Jeckenschar in Fahrt: "De Coy".

Auf vollen Touren lief es bei den Sitzungen überall im Siebengebirge. In den Narrentempeln in Vinxel, Thomasberg, Oelinghoven, Eudenbach und Stieldorf waren die Wiever knatschverdötscht. Und überall war es wie in Oberpleis: "Dieselbe Prozedur wie jedes Jahr."