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Fragen und Antworten: Das kann man gegen Mücken tun - und gegen ihre Stiche

Fragen und Antworten : Das kann man gegen Mücken tun - und gegen ihre Stiche

Spätestens mit den sommerlichen Temperaturen sind sie wieder überall unterwegs: Stechmücken. Ein Experte fürchtet: Bis sie auch hierzulande gefährliche Krankheiten übertragen, ist es nur eine Frage der Zeit.

Der Grillabend auf der Terrasse kann noch so entspannt sein - wenn die Stechmücken kommen, ist es mit der Gemütlichkeit meist vorbei. Die summenden Viecher nerven nicht nur, sie stechen auch zu - mit unangenehmen Folgen. Aber warum werden eigentlich manche Menschen viel öfter von Mückenstichen geplagt als andere? Wie kann man sich vor den Biestern schützen und was tun, wenn sie bereits zugebissen haben? Antworten auf diese und weitere Fragen gibt es hier.

Was sind Stechmücken und wofür sind sie eigentlich gut?

Die Stechmücken sind laut biologischer Definition Insekten innerhalb der Ordnung der Zweiflügler. Die weiblichen Tiere müssen, nachdem sie befruchtet wurden, Blut saugen, um mit Hilfe des darin enthaltenen Proteins Eier bilden zu können. Dazu benutzen sie ihren Stechrüssel, der die Haut des Wirts durchdringen und gleichzeitig Blut aussaugen und Speichel injizieren kann. Ansonsten ernähren sich Weibchen wie Männchen vorrangig von Nektar. Manche Stechmücken können Krankheiten, beispielsweise Malaria oder Denguefieber, übertragen. Wohl fühlen sie sich überall dort, wo es warm und feucht ist.

Im Ökosystem dienen Mücken laut Ximo Mengual, der sich am Bonner Museum Koenig mit Zweiflüglern beschäftigt, vor allem als Nahrung für andere Tiere und als Bestäuber. Mücken trügen auch dazu bei, organische Zerfallsprodukte zu filtern und somit für eine blühende Pflanzenlandschaft zu sorgen. "In letzter Zeit beschäftigen sich Wissenschaftler sogar damit, ob Mücken für medizinische Behandlungen genutzt werden könnten", sagt der Experte. Für Mengual steht fest: "Eine Welt ohne Mücken ist unvorstellbar."

Martin Geier sagt: "Ich persönlich könnte auf sie verzichten, aber da streiten sich die Experten." Geier ist promovierter Biologe. Er erforscht das Verhalten von Stechmücken und entwickelt mit seiner Firma Biogents in Regensburg hocheffiziente Mückenfallen. Grundsätzlich erfülle jeder Organismus seine Aufgabe auf der Welt, so Geier. "Das gilt aber auch für ein Tuberkulose-Bakterium, und trotzdem wollen wir es ausrotten, während wir den Pandabären schützen." Vom Menschen aus betrachtet sei es darum logisch, Mücken möglichst umweltfreundlich zu bekämpfen.

Wie suchen sich die Mücken ihre Opfer?

Stechmücken spüren eine potenzielle Nahrungsquelle vor allem durch ausgeatmetes Kohlendioxid auf, außerdem durch Kombinationen verschiedener Körperausdünstungen wie Milchsäure, Fettsäuren und Ammoniak. Bei den Mücken, die auf Menschen spezialisiert sind, ist die Milchsäure der entscheidende Faktor: "Sie unterscheidet uns von den meisten anderen Lebewesen", erklärt Experte Martin Geier. Die menschlichen Schweißdrüsen sind einzigartig und sondern viel Milchsäure ab.</p><p></p><p>Doch auch wenn es uns so vorkommen mag: Nicht alle Mücken stechen Menschen. "Mücke ist nicht gleich Mücke", sagt Martin Geier. Insgesamt gebe es rund 3000 verschiedene Mückenarten, so der Experte, und die haben es durchaus nicht nur auf den Menschen abgesehen. "Das ist wie beim kalten Buffet: Wenn es nur Wurstsemmeln gibt, muss ich die eben essen - wenn es auch welche mit Käse gibt, nehme ich lieber die", erklärt Geier. Nach diesem Motto verfährt auch die Mücke und nimmt, wenn gerade kein Mensch in Bissweite ist, auch mit einem Kaninchen oder Huhn Vorlieb.</p><p>Es gibt jedoch auch Mückenarten, die ausschließlich Vögel stechen und solche, die tatsächlich nur Menschen ins Visier nehmen. "Das sind die besonders gefährlichen Arten, etwa die Anopheles, die Malaria übertragen", so Geier. Denn wenn kein Tier als möglicher Wirt dazwischen steht, wächst die Gefahr, dass sich viele Menschen anstecken. Die Malariamücke ist zwar in allen Teilen der Erde weit verbreitet, überträgt aber hauptsächlich in Süd- und Mittelamerika, Asien und Afrika die Erreger der Krankheit.</p><h2>Wieso werden manche Menschen mehr und öfter von Mücken gestochen als andere?</h2><p>Wer etwa viel Sport treibt und dadurch eine höhere Körpertemperatur hat und mehr ausdünstet, läuft eher Gefahr, gestochen zu werden. Vor allem aber hat die Anziehungskraft genetische Ursachen, sagt Martin Geier. Dass der eine mehr unter Mücken leidet als der andere, hat laut dem Mückenexperten vor allem mit menschlichen Geruchsmustern zu tun: "Ein spezifischer Cocktail aus Milchsäure, Fettsäure und Ammoniak lockt die Mücken an." Dieser Cocktail unterscheidet sich von Mensch zu Mensch, was auch erklärt, warum Suchhunde in der Lage sind, einen bestimmten Menschen aufzuspüren.</p><p>Ändern lässt sich diese Attraktivität für Stechmücken leider weder durch Waschen noch durch die Ernährung. Aber: Wer etwa hierzulande ständig gestochen wird, kann in einem anderen Gebiet verschont bleiben: "Die Geruchsmuster, auf die Mücken anspringen, sind von Land zu Land und von Art zu Art unterschiedlich."</p><h2>Wie kann man sich vor Stichen schützen und Mücken vertreiben?</h2><p>Grundsätzlich gilt: Wer möglichst nicht gestochen werden will, sollte helle, lange Kleidung bevorzugen. "Anders als oft behauptet, werden Mücken nicht von Gelb oder anderen grellen Farben angezogen", so Martin Geier. Vielmehr bevorzugten sie dunkle Farben. Wer sich temporär im Wald und/oder in der Nähe von Gewässern aufhält, sollte sich zusätzlich mit einem Mückenschutz in Form von Lotion oder Spray einreiben - und zwar nicht nur punktuell, warnt Geier: "Die Mücken finden auch die kleinste Stelle ganz gezielt, man sollte sich also großflächig und gründlich eincremen." Anhaltspunkt zum Kauf eines Mückenschutzes könne die jeweils aktuelle Bewertung der <a href="https://www.test.de/presse/pressemitteilungen/Mittel-gegen-Zecken-und-Muecken-Von-Gut-bis-Mangelhaft-5173394-0/" target="_blank">Stiftung Warentest sein.

Im Haus können die Fenster mit Netzen ausgestattet werden, um Mücken draußen zu halten. Im Garten helfen spezielle Stechmückenfallen, die mit Kohlenstoffdioxid (CO2) als Lockstoff arbeiten sollten. "Man sollte Regionen schaffen, in denen sich die Mücken unwohl fühlen", empfiehlt Martin Geier. So sollten Pflanzen, in denen Fallen platziert werden können, sich in einiger Entfernung etwa vom Sitzplatz auf der Terrasse befinden: "Mücken fliegen nicht gern über weitere freie Flächen - wenn sie aber in einem Gebüsch nur zwei Meter vom Menschen entfernt sitzen, sind sie ganz schnell da." Helfen könne auch ein Ventilator auf der Terrasse, da Mücken keinen Wind mögen.

Nicht sinnvoll seien hingegen Lichtfallen - zum einen, weil Mücken anders als angenommen nicht von Licht angezogen werden, zum anderen, weil dadurch viel mehr nützliche Insekten getötet werden können als diejenigen, für die die Falle eigentlich gedacht ist. Um kein Mückenbiotop zu schaffen, sollte die Regentonne regelmäßig geleert und Wasserpfützen entfernt werden, denn sie bieten perfekte Brutstätten für die Larven der Stechmücke. Das Sprühen des Stoffes Bti, eines Eiweißkristalls aus dem Bacillus thuringiensis israelensis, kann lokal, etwa in der Regentonne, helfen, wird aber unter anderem vom BUND kritisch gesehen. Eine natürliche Alternative könnte etwas Öl sein, mit dem die Oberflächenspannung des Wassers verändert wird, so dass sich die Mückenlarven nicht einnisten können.

Ein Gartenteich ist übrigens laut Martin Geier, anders als man annehmen könnte, keine Einladung an Mücken, sich in großer Zahl anzusiedeln - jedenfalls nicht nach etwa ein bis zwei Jahren: "Dann gibt es dort so viele natürliche Feinde der Mücke, dass sie sich nicht wirklich wohlfühlt." Trotzdem gilt aber, dass sich Mücken gerne in Wassernähe aufhalten.

Und wenn es schon zu spät ist – was kann man gegen Mückenstiche tun?

Der wichtigste und zugleich am schwierigsten umzusetzende Tipp: Bloß nicht kratzen! "Dadurch können im schlimmsten Fall üble Infektionen entstehen", warnt Mückenexperte Geier. Um also möglichst keinen Juckreiz aufkommen zu lassen, sollte möglichst schnell mit entsprechenden Mitteln gegengesteuert werden. Auch Kühlen tut gut, etwa mit einem Kühlakku oder aber mit Quark, der direkt auf den Stich gegeben wird und auch entzündungshemmend wirken kann. Scheinbar paradox: Auch Hitze kann helfen. "Die Stelle kurz lokal zu erwärmen macht die Eiweißstoffe im Mückengift unschädlich", erklärt Martin Geier. Sofort nach dem Stich muss dazu zum Beispiel ein auf 50 Grad erwärmter Löffel auf den Stich gepresst werden, es gibt aber auch spezielle Stifte in der Apotheke.

Wenn sich der Stich entzündet, stark anschwillt und schmerzt, sollte ein Arzt aufgesucht werden.

Sind die Stiche in den vergangenen Jahren wirklich schlimmer geworden?

Das gehört für Martin Geier "eher in den Bereich der Anekdoten": Er kenne keine Untersuchung, die diese Annahme belege. "Jedoch haben in den vergangenen Jahren Allergien tatsächlich zugenommen", räumt er ein, "es könnte also sein, dass der Mensch an sich empfindlicher geworden ist und sich auch Mückenstiche, die ja eine Art allergischer Reaktion auslösen können, dadurch "schlimmer" sind. Grundsätzlich nehme die Reaktion auf die Stiche aber im Laufe der Jahre bei jedem Menschen eher ab, da sich der Körper an die Gifte gewöhne.

Trotzdem blickt der Mückenforscher nicht entspannt in die Zukunft: "Dass Mücken bald auch hierzulande Krankheiten übertragen werden, ist kaum noch zu verhindern", sagt er. Aus Italien und Frankreich sei die gefährliche Tigermücke durch Warentransporte oder mit Reisenden bereits nach Deutschland gekommen und habe Populationen in Heidelberg und Freiburg gebildet. Die Tigermücke kann Krankheitserreger wie den Chikungunya- oder den Dengue-Virus übertragen. "Diese Mückenart hat das Potenzial, sich an kühlere Verhältnisse anzupassen und bevorzugt urbane Gebiete und die Nähe von Menschen", erklärt Martin Geier. "Es ist also nur eine Frage der Zeit, bis wir sie im Vorgarten haben."