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Karneval in Köln: Die Verjüngungskur der alten Kölner Bands

Karneval in Köln : Die Verjüngungskur der alten Kölner Bands

Am 1. Januar steigt Sven West als neuer Sänger bei den Räubern ein. Wie sich die Klassiker neu aufstellen. Die kölsche Mundart-Sangeszene ist im Umbruch.

Das Kölsche hat noch ein paar Knübbelchen, aber sonst ist der Mann perfekt für den Job. Er hat eine tolle Stimme, er sieht blendend aus und verfügt über kiloweise Charme. Kann reichlich Bühnenerfahrung vorweisen, reißt die Leute von der ersten Sekunde an mit – und er ist witzig. „Was wären Sie denn lieber? Ein Räuber oder ein Huhn?“, fragte Sven West bei seiner Vorstellung als neuer Sänger der kölschen Band Räuber. Eine rein rhetorische Frage. Bei der Konkurrenz-Combo Höhner hat zwar Schlagzeuger Wolf Simon (56) den Dienst zum Jahresende quittiert, aber der Posten von Frontmann Henning Krautmacher (61) ist nicht vakant. Noch nicht.

Die kölsche Mundart-Sangeszene ist im Umbruch. Um konkurrenzfähig zu bleiben, muss sie moderner, jünger und offener für andere musikalische Stile werden. Bands wie Brings, Kasalla oder Cat Ballou haben gezeigt, dass Kölschrock oder -pop ein Publikum anzieht, das deutlich jünger ist, als das in den Sitzungssälen. Die Rechnung Kölsch gleich Karneval ist ohnehin nur was für Milchmädchen. Denn sie zahlt sich nicht aus. Wer zwölf Monate im Jahr auftreten kann, hat mehr davon.

Ohnehin sind die Grenzen fließender geworden. Beim Kölner Oktoberfest am Südstadion treten Brings neben bayrischen Blaskapellen, Schlager-Blondinen und Ballermann-Idolen auf. Auf der kölschen Après-Ski-Party oder zur Kölner Hüttengaudi trifft man auf ganz ähnliche Künstler, und neuerdings sind die Kölner sogar „Jeck im Sunnesching“, beim gleichnamigen Open-Air-Karnevals-Festival Anfang September. Alles was man als Entree braucht: partytaugliche, hymnenhafte Lieder mit eingängigen Refrains, die man leicht mitsingen kann.

Auch Sven West, der mit seiner Showband „The Westbunch Live“ bereits im Vorprogramm von Nena, Sarah Connor oder Bryan Ferry auftrat, ist der Trend zur Modernisierung keineswegs verborgen geblieben. „Gerade ist vieles im Aufschwung und die meisten Kölner Kultbands sorgen für junges Blut in ihren eigenen Reihen“, sagt der Sonnyboy aus Grevenbroich, „da werden frische Impulse gegeben und neue Ideen können umgesetzt werden, ohne dabei die alten Hits zu vergessen.“

Anheuern frischer Kräfte sei eine bewusste Entscheidung

Bestes Beispiel: der Deutschrocker Mirko Bäumer, der seit Anfang 2017 bei den Bläck Fööss an vorderster Front steht. Mit seiner Band „Queen Kings“ coverte er zuvor erfolgreich Songs von Freddy Mercury & Co. Nachdem West mit Hits wie „He am Rhing“, „Dat es Heimat“ und „Für die Ewigkeit“ gezeigt hat, was er alles drauf hat, hat Kurt Feller (58) das Wort. Nach dem Ausscheiden von „Papa Trömmelche Charly“ alias Karl-Heinz Brand ist er das letzte noch amtierende Gründungsmitglied der Räuber und der Käpt’n der Truppe. „Ja, das hat System“, sagt Feller, auf die Frage, ob das Anheuern frischer Kräfte für seine Band eine bewusste Entscheidung sei. „Wir müssen uns verjüngen, wir brauchen einen anderen Like und einen anderen Look, einen anderen Stil. Wir waren sehr konservativ, wir wollen etwas poppiger werden.“ Tatsächlich hat das rotschwarze Räuber-Outfit eine leicht punkige Anmutung. „Etwas zerrissen“, nennt das Feller.

Der neue Dresscode schließt auch Hoodies, Hüte und großkarierte Hemden nicht aus, auch Lederjacken und modische, voluminöse Schals sind erlaubt. „Wäre doch auch schade um das Vermächtnis“, „sagt der 58-Jährige, „das die alten Lieder weiter bestehen, ist wichtig.“ Jetzt jemand neu aufzubauen, sei genau die richtige Entscheidung.

Mit Bassist Jürgen „Geppie“ Gebhard und Gitarrist Andreas „Schrader“ Dorn hat das vor drei Jahren auch geklappt. Und schon damit war der Räuber-Look ein bisschen hipper geworden: Gebhard mit seiner schulterlangen blonden Mähne könnte als Musketier durchgehen, Dorn sieht aus und gebärdet sich so, als wäre er Mitglied bei einer britischen Spaßband.

Mehr Infos zur Band: www.raeuber-band.de