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Wahlkampf in den USA: Donald Trumps Auftakt zur Angstkampagne beginnt

Wahlkampf in den USA : Donald Trumps Auftakt zur Angstkampagne beginnt

Der US-Präsident hat den Kampf für seine Wiederwahl eingeläutet. Vieles klingt bekannt, wenn er über seine Gegner Joe Biden oder Elizabeth Warren spricht. An Schärfe hat Donald Trump nichts verloren.

Diesmal ist alles um drei Nummern größer, alles akribisch organisiert, nicht das kleinste Detail dem Zufall überlassen. Im Juni 2015 fuhr Donald Trump auf einer Rolltreppe hinab ins Atrium seines New Yorker Wolkenkratzers, um seine Bewerbung fürs Weiße Haus zu verkünden und den Bau einer Mauer an der Grenze zu Mexiko zu versprechen.

Ein Teil des Publikums bestand aus Passanten, die man kurz zuvor gefragt hatte, ob sie nicht zuschauen wollten. Fast auf den Tag genau vier Jahre danach trat der Präsident in der Disneyland-Kapitale Orlando in einer Sportarena mit zwanzigtausend Sitzplätzen auf.

Dass er, wie damals, einmal mehr die illegale Einwanderung am Rio Grande zu einem zentralen Thema machen würde, hatte er bereits 24 Stunden zuvor erkennen lassen. Nächste Woche, schrieb er, werde die Migrationsbehörde beginnen, „Millionen“ illegal Eingewanderter zu deportieren. „Sie werden so schnell entfernt, wie sie hereinkommen“, fügte er hinzu, eine komplexe Realität auf einen typischen Trump-Satz reduzierend.

Vor vier Jahren war er der ruppige Außenseiter, anfangs belächelt, später verzweifelt bekämpft vom republikanischen Establishment. Diesmal, wo immer er auftritt, wird die lokale konservative Parteiprominenz herbeieilen, um Lobgesänge auf ihn anzustimmen. Damals wies er der überschaubaren Riege seiner bezahlten Helfer eine ungenutzte Ecke des Trump-Turms zu. Diesmal hat die Republikanische Partei für seinen Kampagnenstab eine ganze Etage in einem Hochhaus in Virginia gemietet.

In Biden sieht er einen Angstgegner

So viel zum äußeren Rahmen, der nicht mehr so recht passen will zu einem, der sich noch immer als Anführer eines Aufstands gegen die Elite versteht. Nur hält das Trump nicht davon ab, nach wie vor den Rebellen zu geben, als residierte er nicht schon seit fast zweieinhalb Jahren im Weißen Haus.

Dass ihn die Bürde des Amts mäßigen würde, diese Hoffnung ist längst passé. Nichts geändert hat sich an seiner Masche, Widersacher auf eine Art niederzumachen, die jeden anderen Kandidaten ins Schleudern bringen würde, ihm aber offenbar nichts anhaben kann. Zumindest nicht beim harten Kern seiner Anhänger, der unbeirrt zu ihm hält.

Diesmal hat er sich auf „Sleepy Joe“ eingeschossen, auf Barack Obamas Vizepräsidenten Joe Biden, dem er unterstellt, im Alter von 76 Jahren nur noch die Wirkung einer Schlaftablette zu entfalten. In Wahrheit sieht er in Biden einen Angstgegner, was seine aggressiven Attacken überhaupt erst erklärt. Da Obamas Stellvertreter trotz einer überaus langen Karriere in der Hauptstadt einen Draht zur weißen Arbeiterschaft findet, könnte er dort punkten, wo Trump 2016 das Rennen für sich entschied.

Trump könnte die "Sozialismuskeule" schwingen

Elizabeth Warren, auch sie eine Rivalin, mit der Trump rechnen muss, ist in seiner Cartoon-Sprache „Pocahontas“, nach der legendenumwobenen Häuptlingstochter des 17. Jahrhunderts, weil sie es eine Zeit lang so darstellte, als stamme sie direkt von Indianern ab, was den Fakten allenfalls ansatzweise entspricht. Ein Finalduell gegen Warren oder auch gegen Bernie Sanders, den linken Veteranen aus Vermont, sehne Trump förmlich herbei, glaubt John Zogby, einer der erfahrensten Meinungsforscher der USA.

In beiden Fällen könnte er die "Sozialismuskeule" schwingen. Er könnte die düstere Vision eines Landes entwerfen, das auf Zustände wie in Venezuela zusteuere. Den Startschuss für eine Angstkampagne hat Trump längst gegeben. Bereits im Februar, in seiner Rede zur Lage der Nation, sprach er von alarmierenden Tendenzen, den Sozialismus auch in den Vereinigten Staaten einführen zu wollen: „Heute erneuern wir unsere Entschlossenheit, dass Amerika niemals ein sozialistisches Land sein wird.“