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Straßenkarneval in Bonn : Ganz schön jeck auf Karneval

Straßenkarneval in Bonn : Ganz schön jeck auf Karneval

In einigen Stadtteilen ziehen die ersten Vierdelszöch durch die Straßen. Volles Haus bei der Kolpingssitzung in Poppelsdorf.

Ausgelassen und bei für diese Jahreszeit ungewöhnlich frühlingshaften Temperaturen haben viele bunt kostümierten Jecken bereits in einigen Bonner Stadtteilen auf der Straße und im Sitzungssaal gefeiert.

■ Kessenich. Dass es beim Kessenicher Karnevalszug voll wird, hat Tradition. In diesem Jahr schienen die Straßen aber noch voller zu sein – Sonnenschein und Sturmflaute sei Dank. Da mussten an der Kreuzung Pützstraße und Hausdorffstraße Drängelgitter aufgestellt werden, damit dort unter anderem für Rettungsfahrzeuge weiterhin ein Durchkommen war und auch die 41 Karnevalsgruppen, davon ein gutes Dutzend mit Prunkwagen, ungehindert vorbeiziehen konnten. Den Abschluss des Zuges bildete die Haribo-Lok, die an die Wurzeln des inzwischen in die Grafschaft umgezogenen Weltunternehmens erinnerte. Vor der Lok zogen Schul- und Kindergartenkinder durch die Straßen: Die Till-Eulenspiegel-Schule präsentierte sich als Harlekins, die Nikolausschule als süßes Naschzeug und Bonns Fünfte als Piratentrupp. Die Kita Zwergenwald ließ die roten Zipfelmützen los, die Kita Südstadt-Pänz machte deutlich, dass sie nach ihrem Umzug nach Kessenich nun Kesse-Pänz heißt. Die ortsansässigen Sportvereine machten auch mit: Der Bonner Tennis- und Hockeyverein (BTHV) ging in Violett und Weiß, Fortuna Bonn brachte ein Seeräuberschiff mit. Ein besonderes Anliegen trugen die „Oldies“ des Dottendorfer Fußballvereins FC Hertha auf ihrem Wagen vor: Der Club mit seinen rund 500 Mitgliedern und 24 Mannschaften aller Altersgruppen gehört zu den letzten, die noch auf einem Ascheplatz spielen. Als rasant wachsender Verein mit effektiver Jugendarbeit, so erklärte „Hertha Oldie“ Ulf Czellnik, sei die Zeit endlich reif für einen Kunstrasenplatz in Kessenich.

Auch sah man die KG Weiss-Blau Bonn mit Kessenixe Tina I., die dem Bonner Prinzenpaar zujubelte und beim Biwak der KG Dänemark auf andere Tollitäten traf.. Eine Gruppe freut sich offensichtlich sehr auf die Seilbahn und reservierte die Rosenburg-Gondel für Skifahrer. Den kreativsten Wagen präsentierte die „Kessenicher Steam Punk Gesellschaft“, die ihren Anhänger detailfreudig mit Rohren, Kesseln, Anzeigen, einem Propeller und Zahnrädern ausgestattet hatte. Die Gesellschaft gibt es nicht wirklich: Ein Freundeskreis rund um die Nikolausschule hatte den Wagen gebaut.

■ Tannenbusch. Am Samstagnachmittag schlängelte sich der Tannenbuscher Vierdelszoch durch die Straßen. Bereits fünf Tage vor der offiziellen Eröffnung des Straßenkarnevals kamen die Jecken zahlreich an die Zugstrecke, um die fünfte Jahreszeit zu feiern und Strüßjer und Kamelle zu fangen. Besonders am Paulusplatz hatten sich viele Menschen versammelt. Hier stand auch Helmut Schmitz, Präsident der KG Tannebüscher Jecke, der das ganze Spektakel von einer kleinen Bühne aus kommentierte. Zum zweiten Mal haben die Tannebüscher Jecke den Vierdelszoch organisiert. Seitdem die Karnevalsgesellschaft das Ruder in die Hand genommen hat, sind wieder deutlich mehr Teilnehmer am Start. Nachdem im vergangenen Jahr nach langer Zeit wieder über 30 Gruppen gezählt wurden, kam man in diesem Jahr sogar auf 40 Gruppen mit insgesamt 850 Teilnehmern, darunter vier Festwagen und fünf Kapellen, die für jecke Töne sorgten. Erstmals dabei war der Musikzug 1. Kölner Hofstaat. Ab dem kommenden Jahr könnte der Tannenbuscher Vierdelszoch möglicherweise eine andere Route als bisher einschlagen: „Wir wollen zukünftig engere Straßen gehen, dann ist die Stimmung entlang der gesamten Zugstrecke noch besser“, ist Schmitz überzeugt.

■ Poppelsdorf. „Älfmalacht – Kolping lacht“ lautete das Motto der Karnevalssitzungen der Närrischen Gesellen der Kolpingsfamilie Poppelsdorf. Zum 88. Jubiläum fuhr man im Pfarrsaal St. Sebastian am Freitag und Samstag ein umfangreiches Programm mit Büttenreden, musikalischen Einlagen und Ehrungen auf. Besonders am Freitag war der Saal mit kostümierten Poppelsdorfern restlos gefüllt, die Karten für diesen Termin waren bereits seit Tagen ausverkauft. Elf Prozent der Einnahmen werden zur Unterstützung des Projektes „Brunnenbau“ der Kolping International Cooperation e.V. in Uganda eingesetzt. Das gesellige Treiben im Saal war auch darauf zurückzuführen, dass ein Großteil der feiernden Jecken sich untereinander gut kennt. „Das ist auch so eine Eigenart der Sitzung“, stellte Martin Glade vom Pfarrausschuss St. Sebastian fest. „Die Hälfte hier kenn ich“, fuhr er lachend fort. Die Poppelsdorfer waren an diesem Freitagabend somit weitgehend unter sich. „Das ist Karneval in Reinkultur hier“, meinte auch Pfarrer Joachim Gerhardt. Der Pressesprecher des Evangelischen Kirchenkreises Bonn amüsierte sich köstlich, als Diakon Paul Kirschner auf der Bühne selbstironisch über das Älterwerden philosophierte. Viele weitere Höhepunkte folgten. Die Sitzung dauerte bis weit nach Mitternacht.

■ Graurheindorf. Schaurig-schöne, grausam-gruselige Gestalten versammelten sich auf dem Margaretenplatz am Freitagabend. Gespenster, eine kleine Hexe, aber auch ein Clown und Prinzessin Benita I. kamen in der Dunkelheit zum Geisterzug zusammen. Jeder war eingeladen mitzugehen. Vor gut 20 Jahren fand der Geisterzug in Graurheindorf zum ersten Mal statt. „Damals hatten wir Gäste aus Bayern eingeladen, die ausfielen, so mussten wir uns spontan etwas anderes einfallen lassen“, erinnerte sich Marcel Basten vom 1. Rheindorfer Karnevals-Club Rhingdorfer Junge un Mädche. Seitdem führt der einzige Geisterzug Bonns alljährlich am Freitag vor dem Straßenumzug in Graurheindorf durch die Straßen des Dorfs. „Wir machen Krach und vertreiben die bösen Geister, auch bitten wir um gutes Wetter morgen für unseren Zug“, so der Vorsitzende Jens Wellnitz. „In manchen Jahren hatten wir auch Trommeln oder eine Musikkapelle dabei.“ Drei Gespenster unterstützen den Zug seit dem allerersten Mal. Ihr Lärmen habe in all den Jahren meistens gewirkt, sagte Wellnitz. Auch dieses Mal hatte der Verein wieder Glück: Am Samstag zog der Vierdelzoch bei schönstem Wetter durch den Ort.

(vda, dja, fls, kpo)