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Konflikt um Atomabkommen: Iran sorgt mit Tanker-Zwischenfall für Unmut

Konflikt um Atomabkommen : Iran sorgt mit Tanker-Zwischenfall für Unmut

Der Iran soll mit drei Schiffen einen britischen Öltanker bedrängt haben. Experten fürchten, dass nun die EU- und UN-Sanktionen zurückkehren.

Viele Freunde hat der Iran auf der internationalen Bühne ohnehin nicht – jetzt bringt Teheran auch noch die verbliebenen Partner in Europa gegen sich auf. Großbritannien, einer der europäischen Unterstützer des iranischen Atomabkommens, musste am Donnerstag nach eigenen Angaben mit dem Einsatz eines Kriegsschiffes den Versuch der Iraner verhindern, einen britischen Öltanker in der Straße von Hormus vom Kurs abzubringen. Die Provokation erschwert es der EU, einen Ausweg aus dem Konflikt zwischen dem Iran und den USA zu finden.

Auf der engen Wasserstraße am Eingang zum Persischen Golf, einem Nadelöhr für rund 20 Prozent des gesamten Welthandels mit Öl, wurde der Tanker „British Heritage“ nach britischen Regierungsangaben von drei iranischen Schiffen bedrängt. Das britische Kriegsschiff „Montrose“, das den Tanker begleitete, schob sich demnach zwischen den Öltanker und die iranischen Schiffe, die daraufhin abdrehten. Der iranischen Revolutionsgarden erklärten, es habe keine Konfrontation gegeben.

Der mutmaßliche Angriff auf den Öltanker könnte eine Retourkutsche der Iraner dafür gewesen sein, dass britische Soldaten vor einer Woche bei Gi-braltar einen iranischen Tanker aufbrachten. Das Schiff soll auf dem Weg nach Syrien gewesen sein, was einen Bruch von EU-Sanktionen dargestellt hätte. Der Iran drohte Großbritannien daraufhin mit Konsequenzen.

Absichtliche Verstöße gegen das Abkommen von 2015

Schon vor der Eskalation war die Lage am Persischen Golf gespannt. In den vergangenen Monaten waren mehrere Öltanker mit Haftminen angegriffen worden. Der Iran hatte vor einigen Wochen eine amerikanische Drohne abgeschossen. Zur Sicherung der Öltransporte wollen die USA jetzt eine internationale Allianz aus Marine-Verbänden befreundeter Staaten bilden.

Der Tanker-Streit mit Großbritannien könnte in Europa die Unterstützung für den Iran in der Auseinandersetzung mit den USA bröckeln lassen. Mit absichtlichen Verstößen gegen Vorschriften des internationalen Atomvertrages von 2015 zur Uran-Anreicherung versucht Teheran, die europäischen Vertragspartner – Deutschland, Frankreich, Großbritannien und die EU – zu wirksamen Maßnahmen gegen die US-Sanktionen zu bewegen. Die Europäer wollen das Abkommen trotz des US-Ausstiegs erhalten. Der Iran verlangt aber, dass Europa das Land für die Verluste „entschädigt“, die durch die Strafmaßnahmen der Amerikaner entstanden sind, wie es der iranische Botschafter bei der UNO, Majid Takht-Ravanchi, in der BBC sagte.

Washington will alle iranischen Ölexporte soweit es geht unterbinden, um den Iran zu neuen Verhandlungen über sein Atomprogramm zu zwingen. Deshalb drohen die USA allen Ländern mit Strafen, die Öl vom Iran kaufen. Bisher haben die Europäer keinen Weg gefunden, die US-Strafandrohungen zu umgehen.

Natürlich habe der Iran angesichts des amerikanischen Verhaltens allen Grund, frustriert zu sein, sagte Amanda Paul, Expertin für europäische Außenpolitik bei der Brüsseler Denkfabrik European Policy Centre, unserer Zeitung in Istanbul. Allerdings werde es für die Europäer bei weiteren Verstößen der Iraner gegen das Abkommen immer schwerer, an dem Vertrag festzuhalten. „Im schlimmsten Fall könnte dies zur Wiedereinführung aller Sanktionen – also auch jener von UNO und der EU – und einer schärferen Konfrontation zwischen dem Iran und der internationalen Gemeinschaft führen“, sagte Paul.

Nutznießer der Spannungen sind Hardliner in den USA und im Iran, die sich in ihrer kompromisslosen Ablehnung des jeweiligen Gegenübers bestätigt sehen. US-Präsident Donald Trump hat eine weitere Verschärfung der Iran-Sanktionen angekündigt. Im Iran bekommen radikale Kräfte wie die Revolutionsgarden immer mehr Oberwasser, weil die vergleichsweise gemäßigte Regierung von Präsident Hassan Ruhani der Bevölkerung keinen Ausweg aus der wirtschaftlichen Misere bieten kann.