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Ahrweiler feiert drei Stunden lang: Karneval auf allen Kontinenten

Ahrweiler feiert drei Stunden lang : Karneval auf allen Kontinenten

Burkard Sondermeiers „Camarata Carnaval“ sorgte erneut für ausverkauftes Zunfthaus.

Mit ihrem „opus 14. Ex oriente Jux!“ hat die „Camarata Carnaval“ um das Kölsche Original Burkard Sondermeier erneut nicht nur die Sitze im Ahrweiler Forum „Altes Zunfthaus“ restlos gefüllt, sondern auch das zahlreiche Publikum bestens unterhalten. Der fast dreistündige Abend zwischen klassischen Stücken rund um den Karneval, Anekdoten in der Kölschen Sprache und Geschichten aus aller Welt ging wie im Fluge vorbei und hinterließ begeisterte Zuschauer.

Das Sprichwort, demnach alle Wege nach Rom führen, war für diesen Abend der Symbiose aus Klassik und Karneval völlig außer Kraft gesetzt. Karnevaleskes aus China, Persien oder Usbekistan mündete immer wieder in Lieder und Geschichten aus der Domstadt Köln.

Gerade noch bewunderten die Zuschauer mit Claude Debussys „Ariette oubliée“ Nr. 4 – Ekaterina Ryzova an der Solo-Flöte – und Paul Verlaines „Chevaux de bois“ die Karussellpferde auf einem Pariser Jahrmarkt, um dann mit dem altkölnischen „Carousellschesleed“ wieder in heimische Gefilde gelockt zu werden.

Fünf herausragende Musiker bildeten den musikalischen Boden, auf dem Sondermeier sich bewegte. Kristof Dömötör gab ein virtuoses Solo am Altsaxofon zu Louis Adolphe Mayeurs Arrangement des Klassikers „Le Carnaval de Venise“ von Niccolò Paganini. Igor Kirillov, eigentlich Pianist der Kammerensembles, riss mit seinem rasanten Xylofon-Spiel zu Gustav Peters „Erinnerung an Circus Renz“ das Publikum zu Begeisterungsstürmen hin.

Die nötige Jahrmarktsstimmung oder auch den ein oder anderen ironischen Unterton erzeugte Michael Peschko an der speziell angefertigten Dreh-Orgel. Um in Wilfried Hillers „Die zerstreute Brillenschlange“ nach einem Libretto von Michael Ende nicht nur tonmalerisch darzustellen, wie sich besagte Schlange bis auf die Zähne selbst verspeist, baute Klarinettist Johann Peter Taferner sein Instrument immer weiter auseinander, bis nur noch Luft herauskam.

Neben allerlei Ulk, der beim Publikum für gelöstes Lachen sorgte, stand auch Nachdenkliches und Kritisches auf dem Programm.

In einem Text von Luise Straus-Ernst prangerte Sondermeier die Menge der Komiker-Konzerne an, die den Karneval regenrecht unterwandert haben und das Frühwerk Willi Ostermanns „Wer hätt dat vun der Tant gedach“ stellte sehr pointiert die Frage nach Klatsch und Tratsch.

Das Höflingscouplet von Jacques Offenbach – offensichtlich der Lieblingskomponist der Camarata – brachte schließlich auch das Herz des verstocktesten Marxisten karnevalistisch in Wallung. Die lokalpatriotische Sehnsucht nach der kölnischen Heimat drückte eindrucksvoll das Stück „Köln wird immer am Rheine stehen“ der beiden Emigranten Fritz Klutsch und Bob Schütte aus, das 1945 in New York verlegt wurde.

Orientalische Ausflüge mit Parviz Mahmouts „Suite persane“ und André Grètrys „Marche égyptienne“ mündeten in den Klassiker „Besöke kumme“ und die auf Köln verballhornte Nationalhymne, bei denen das Publikum lauthals mitsang, bevor es danach in stehenden Ovationen von seinen Sitzen flog.