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Karneval in Bonn nach dem Bund-Länder-Beschluss

Karneval in Bonn nach dem Bund-Länder-Beschluss : Vereine wünschen sich mehr Klarheit für den Sitzungskarneval

Der Beschluss von Bund und Ländern bezüglich der Pandemielage sorgt bei Karnevalsvereinen und Veranstaltern nicht für die nötige Klarheit. Viele Vertreter hätten sich eine deutliche Absage gewünscht. Jetzt bleibt ihnen der mühselige Weg, Entschädigungen zu beantragen.

Der Bund-Länder-Beschluss von Mittwoch zu den ab 28. Dezember geltenden Corona-Verhaltensregeln hat bei Vereinen und Veranstaltern auch nicht für mehr Klarheit und Zuversicht gesorgt. Die erhoffte bundesweite Absage des Karnevals blieb aus, weshalb nun die Anbieter von kostenpflichtigen Karnevalsveranstaltungen den mühseligen Gang für die Beantragung von finanziellen Entschädigungen antreten müssen.

Eine gute Nachricht gab es für Vereine und Veranstalter aber doch: Die Antragsfrist für die Registrierung und Absage von Karnevalsveranstaltungen wurde vom 23. Dezember auf den 31. Januar 2022 verlängert. Das bedeutet, dass der zeitliche Druck von den Antragsstellern erst einmal genommen ist.

Ehrenamtliche kämpfen mit den Formularen

Trotzdem kämpfen sich aktuell viele Vereine aus Bonn und der Region durch die Antragsformulare. „Für die Karnevalsvereine erledigen das ausschließlich Menschen im Ehrenamt“, erklärt Marlies Stockhorst, Präsidentin des Festausschusses Bonner Karneval. Die Dachorganisation von mehr als 100 Mitgliedsvereinen hat sowohl die Proklamation des Bonner Prinzenpaares als auch das Ordensfest und die Verleihung des Mäuseordens abgesagt.

Ob Prinz Marco I. (Wiese) und Bonna Nadine I. (Klein) noch in dieser Session in Amt und Würde gehoben werden oder ob sie erst in der Session 2023 im dritten Anlauf proklamiert werden, dazu möchte sich Stockhorst aktuell noch nicht äußern. „Wir warten die weitere Entwicklung der Inzidenzlage ab und entscheiden diese Frage erst im Januar. Ob Rathaussturm und Rosenmontagszug stattfinden werden, soll laut Stockhorst nach dem 15. Januar geklärt werden. Klar ist indes für alle bönnschen Karnevalisten: Wird das Prinzenpaar nicht proklamiert, fallen Sturm und Zug aus. Eine digitale Proklamation wie in Beuel für Wäscherprinzessin Lena I. (Obliers) geplant, kommt für Stockhorst nicht infrage.

Absage der Gala-Prunksitzung

Die Bonner Stadtsoldaten bereiten die Absage ihrer Gala-Prunksitzung vor. „Nach meinem Kenntnisstand muss man sich zuerst registrieren und dann die Veranstaltung absagen“, sagt Kommandant Wolfgang Orth. Indoor-Veranstaltungen wird das Traditionscorps in dieser Session keine anbieten. Und draußen? „Stadtsoldaten, Ehrengarde und Festausschuss werden im Januar beraten, ob wir gemeinsam für Karnevalssonntag, 27. Februar, ein alternatives Angebot für die Bonner Narren organisieren“, so Orth. Gefragt, ob er wegen der zweiten Sessionsabsage in Folge Konsequenzen für das Brauchtum befürchtet, antwortet Orth: „Ja. Es wird schwierig werden, Mitglieder und Besucher der Sitzung bei der Stange zu halten.“

Die Ehrengarde hat bereits ihre Bürgersitzung abgesagt und brütet derzeit über den Antragsformularen. „Die Sitzung kostet uns mehr als 70.000 Euro. Der Sonderfonds des Bundes für Kulturveranstaltung lässt uns auf eine Kostenerstattung in Höhe von 90 Prozent hoffen“, sagt Kommandant Thomas Janicke. Die Ehrengarde wird alle Gäste anschreiben und eine Kostenerstattung der Eintrittskarten anbieten. Alternativ kann dem Verein das Geld auch gespendet werden. „Die Tatsache, dass in diesem Jahr die Vereine ihre Veranstaltungen selbst absagen müssen, bedeutet viel mehr Aufwand und einen Restbetrag, auf dem wir sitzen bleiben. Da war die Lösung im Vorjahr, als der Bund pauschal Karneval abgesagt hatte, für Vereine besser“, so Janicke.

Willi Baukhage: „Wir feiern keinen Karneval“

Willi Baukhage, Präsident der Großen Dransdorfer Karnevalsgesellschaft (GDKG), sagt klipp und klar: „Wir feiern keinen Karneval. Proklamation, Sitzung und Zug sind aktuell nicht möglich. Mit der offiziellen Absage warten wir aber noch bis zum nächsten Bund-Länder-Treffen am 7. Januar. Wir hoffen, dass der Bund dann von sich aus den Karneval absagt. Dann hätten wir viel Arbeit und Geld gespart.“ Die GDKG beziffert den Schaden auf 70.000 Euro und benötigt dringend finanzielle Unterstützung.

Das Wort Absage nennt Rico Fenoglio (47), Geschäftsführer der Wanted GmbH mit Sitz in Bad Neuenahr, die in Bonn als Veranstalterin beispielsweise zur „After Job Party“ oder „Pützchens Markt“-Montag einlädt, nicht. Noch hofft er darauf, dass Karnevalspartys im Februar möglich sind. „Seit Beginn der Pandemie muss man auf Sicht fahren. Theoretisch gehen die Dinge zum jetzigen Zeitpunkt“, sagt Fenoglio. Er kritisiert, dass das Land NRW lediglich eine Vereinbarung mit den großen Karnevalsgesellschaften über den Verzicht von Veranstaltungen in Innenräumen wie Sitzungen getroffen habe. Und die Karnevalsvereine würden nun die Möglichkeit nutzen, auch aufgrund geringer Kartenverkäufe Hilfszahlungen zu beantragen. Dagegen würden Veranstalter wie Fenoglio, die auf die Durchführung solcher Events angewiesen sind, ein unternehmerisches Risiko tragen.

Noch vergangene Woche habe Fenoglios Firma Tickets für eine Silvesterveranstaltung angeboten – nach einem Kontakt mit dem Land NRW. Mit der neuen Verordnung zur Umsetzung der Beschlüsse der Ministerpräsidentenkonferenz sei die Durchführung hinfällig. Das Land handele aus Fenoglios Sicht inkonsequent. „Menschen zu schützen, ist Aufgabe der Landesregierung. Und wenn sie ein Risiko sieht, dann muss sie Karneval absagen“, sagt Fenoglio.

Noch keine Entscheidung zur Aktion „Jecke Pappnas“

Lutz Persch (54) von Lupe-Events ist ebenso als Veranstalter in der Karnevalsszene bekannt, zudem ist er Präsident der Duisdorfer Funken. Auch sein Programm ist eingeschrumpft. „Für mich ist im Januar und Februar alles abgesagt“, sagt er. Abwarten will er dagegen bei der Aktion „Jecke Pappnas – Bonner wählen ihre Lieblingsband“. An dem Wettbewerb sind auch der GA sowie das Brauhaus Sion-Carré und MedienBonn beteiligt. „Wir haben noch keine Entscheidung getroffen und werden beobachten, wie es weitergeht“, sagt Persch. Es mache aus seiner Sicht keinen Sinn, die beste Band, den besten Künstler und Redner oder die beste Tanzgruppe zu prämieren, wenn sie sich nicht vor Publikum präsentieren könnten. „Das wäre dann eine reine Online-Veranstaltung“, fügt Persch hinzu.

Jürgen Harder ist Geschäftsführer des Brückenforums.
Jürgen Harder ist Geschäftsführer des Brückenforums. Foto: Benjamin Westhoff

Mit einem hohen finanziellen Verlust muss unterdessen Jürgen Harder (60), geschäftsführender Gesellschafter der Brückenforum GmbH, rechnen. „Bis Ende Februar ist alles weggebrochen“, sagt er. Bereits seit dem 11. November gebe es laufend Absagen. Dabei seien die Monate Dezember, Januar und Februar eine wichtige Phase für das Jahresgeschäft. Etwa 700.000 Euro Umsatz mache er in dieser Zeit. „Das ist das Polster, mit dem wir normalerweise auch durch ruhige Monate wie Juli und August kommen“, sagt Harder.

Der Umsatz generiere sich zu 80 Prozent aus dem Bewirtungsgeschäft. Dazu gibt es die Vermietung des Veranstaltungsortes. Als Konsequenz sind Harders Angestellte ab 1. Januar in Kurzarbeit. Nun rechnet Harder mit der „Überbrückungshilfe III plus“. Dies ersetzte allerdings nur die Kosten, nicht den entgangenen Umsatz. Im GA-Gespräch zeigt sich Harder dennoch ruhig und ohne Groll. „Wissen Sie, ich bin jetzt einmal durch alle Gefühlslagen durch. Die Frage, die mir aber stelle, ist: Wie hält der Staat das durch?“, sagt Harder.