Würdigung : Peter Bogdanovich wird 80 Jahre alt
Bonn Der glühende Kinofan und Hollywood-Regisseur Peter Bogdanovich feiert am Dienstag seinen 80. Geburtstag. Vom Gipfel in die Sackgasse.
Mehr konnte man über das Kino nicht wissen. Knapp 5000 Filme hatte Peter Bogdanovich allein zwischen zwölf und dreißig Jahren gesehen, dazu Großmeister wie John Ford, Howard Hawks sowie sein geliebtes Idol Orson Welles ausführlich interviewt. Und als er dann vom Kritiker zum Regisseur wurde, glaubte Hollywood, dass auch in diesem Mann ein Meisterwerk wie „Citizen Kane“ stecke und nur ans Licht geholt werden müsse. Und anfangs sprühten die Geniefunken. Horror-Spezialist Roger Corman hatte bei „Frankenstein“-Monster Boris Karloff noch zwei Drehtage gut, die er an Bogdanovich abtrat. Und der kreuzte den Abgesang auf den alternden Gruselstar in „Bewegliche Ziele“ mit der Story eines gefühlskalten Amokschützen. Wie hier 1968 der verblassende Glanz der Traumfabrik und Amerikas aktuelle Paranoia zu einem verstörenden Thriller verschmolzen, ließ die Branche aufhorchen. Und der Sohn serbischer Einwanderer legte mit seinem zweifellos besten Film nach, dem melancholischen Meisterwerk „Die letzte Vorstellung“.
Eine Kleinstadt in Texas. Statt Cowboys und Indianern gibt es Ölbarone und deren frustrierte Frauen, zwei Freunde (Timothy Buttons und Jeff Bridges), die sich mit der Lehrerfrau Ruth (Cloris Leachman) oder der blonden Dorfschönheit Jacy (Cybill Shepherd) mehr schlecht als recht amüsieren. Der jugendliche Lebenshunger erlahmt in einem Kaff, das seine Zukunft spätestens seit dem Tod des Kinobetreibers Sam (Ben Johnson) hinter sich hat. In atmosphärischem Schwarzweiß drehte Bogdanovich dieses Requiem mit einem exquisiten Ensemble, wobei die überschaubar begabte, aber hinreißende Cybill Shepherd für Jahre seine Geliebte wurde.
Mit acht Oscar-Nominierungen (und gewonnenen Nebendarsteller-Trophäen für Johnson und Leachman) im Rücken stürmte der Regisseur stilistisch weiter in die Vergangenheit: „Is' was Doc?“ wurde mit Barbra Streisand und Ryan O'Neal eine ironisch prickelnde Reverenz an Howard Hawks' überdrehte Komödie „Leoparden küsst man nicht“, danach glänzte „Paper Moon“ als stimmungsvolles Road Movie vor der Kulisse der Großen Depression. Wieder Academy-Award-Chancen – und ein Oscar für die zehnjährige Tatum O'Neal.
Amouröse Eskapaden
Laut Selbstaussage hätte Bogdanovich danach alles drehen können: „Der Pate“, „Der Exorzist“, „Chinatown“. Er ließ solche Chancen aus und machte nach der Scheidung von seiner ersten Frau und klugen Ratgeberin Polly Platt vor allem mit amourösen Eskapaden von sich reden.
Bei den Dreharbeiten zur Komödie „Sie haben alle gelacht“ verliebte er sich in das ehemalige Playboy-Nacktmodell Dorothy Stratten, das daraufhin von seinem eifersüchtigen Noch-Ehemann ermordet wurde. Bogdavonichs Obsession starb nicht, er schrieb ein Buch über den Fall und heiratete wenige Jahre später Dorothys jüngere Schwester Louise.
Beruflich war er da längst auf seinem Boulevard der Dämmerung angekommen. Schon „Daisy Miller“ (mit Cybill Shepherd) floppte, „Die Maske“ (mit Cher) erinnerte nur in wenigen Szenen an die alte Klasse. Selbst als Bogdanovich mit „Broadway Therapy“ an „Is' was Doc?“ anknüpfte und mit „Texasville“ eine Fortsetzung der „Letzten Vorstellung“ drehte, wollten die alten Erfolgsrezepte nicht mehr so recht funktionieren.
Dafür hielt er sich vor der Kamera schadlos, etwa sechs Jahre lang für „Die Sopranos“. Und noch vor einem Jahr konnte er bei den Filmfestspielen von Venedig mit einem geglückten Nostalgieprojekt punkten. Denn auch Bogdanovich, der an diesem Dienstag 80 wird, arbeitete an der Fertigstellung des unvollendeten Orson-Welles-Films„The Other Side of the Wind“ mit – wieder als Mime.