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Defizit in Odendorf: So steht es um die Finanzen der Kirchengemeinde

Defizit in Odendorf : So steht es um die Finanzen der Kirchengemeinde

Kämmerer Ludwig Schulze Pröbsting will nicht nur sparen, sondern kritisiert auch die innerkirchliche Kommunikation. Als Hauptgrund für das Defizit nennt Schulze Pröbsting das Wegbrechen der Zinseinnahmen nach der Bankenkrise 2008.

In Odendorf leben rund 2000 Katholiken. Etwa 300 von ihnen nehmen am Gemeindeleben teil, besuchen mehr oder weniger regelmäßig die Gottesdienste, schätzt Ludwig Schulze Pröbsting. Der 53-jährige Diplom-Agrar-Ingenieur und Inhaber zweier Firmen ist im Kirchenvorstand der Gemeinde Sankt Petrus und Paulus als Kämmerer für die Finanzen zuständig. Kein leichter Job für ihn in diesen Tagen und Wochen. Muss er doch schauen, dass er Wege aus der Finanzmisere findet. Diese Wege will er beschreiten, ohne dass das Angebot der Gemeinde in größerem Maße reduziert wird.

Wie der GA berichtete, hatte die Gemeinde in den vergangenen zehn Jahren etwa 100 000 Euro mehr ausgegeben, als sie eigentlich wollte. Aktuell beläuft sich das Minus auf 6000 Euro. Dieses Defizit häufte sich laut Schulze Pröbsting an, weil die 2008 flächendeckend im Erzbistum Köln eingeführte Software „Mach“ in den ersten Jahren keine Jahresbilanzen, sondern nur zahlreiche Einzelposten – vom Pfarrheim bis zur Kerze – aufführte. „So war ein Überblick über die tatsächliche Kassenlage nicht möglich“, sagt der Kämmerer, der als Unternehmer durchaus in der Lage ist, Bilanzen zu lesen.

Es seien Einnahmen auf der Habenseite verbucht worden, die aber nicht in den laufenden Haushalt zur Kostendeckung, sondern ins Vermögen geflossen seien. Erst 2013 sei aufgefallen, „dass etwas mit den Zahlen nicht stimmt“. Darauf habe er parallel zu den Zahlen der Rendantur in Rheinbach eine eigene Buchführung aufgebaut.

Ausfall der Zinseinnahmen sorgen für Defizit

Als Hauptgrund für das Defizit nennt Schulze Pröbsting das Wegbrechen der Zinseinnahmen nach der Bankenkrise 2008. Bis dahin habe die Gemeinde aus ihrem festgelegten Kapitalvermögen von 1,17 Millionen Euro jährlich bei einem Zinssatz von drei bis sechs Prozent 35 000 bis 70 000 Euro erlöst.

Dass dies nicht aufgefallen sei, begründet der Kämmerer mit der mangelnden Kommunikation zwischen der Gemeinde Odendorf auf der einen sowie der Rendantur in Rheinbach und dem Erzbistum Köln auf der anderen Seite. „Wir sind ja nur ehrenamtlich tätig und keine EDV-Experten“, sagt Schulze Pröbsting. Den Experten in der Rendantur hätte die Fehlentwicklung jedoch auffallen können, meint er. Trotz mehrmaliger Anfragen über Jahre hinweg sei es aber nicht zu einem Gespräch mit der Leiterin der Rendantur, Kathrin Boos, gekommen. Der Gesprächswunsch sei stets abgelehnt worden. Eine Anfrage des General-Anzeigers zu diesem Kritikpunkt beantwortete die Rendantur nicht. Eine Mitarbeiterin verwies auf das Generalvikariat in Köln.

Den Vorwurf aus Köln, eine „unangepasste Ausgabenpolitik mit nicht refinanzierbaren Personalkosten“ betrieben zu haben, weist Schulze Pröbsting zurück. Die Gemeinde beschäftige lediglich einen Hausmeister und zwei Reinigungskräfte. Da bleibe kein Sparpotenzial, wenn man beispielsweise das Pfarrheim für Vermietungen in Schuss halten wolle. Man wolle kein Personal abbauen, sondern dessen Einsatzstunden optimieren. Für Strom, Gas, Wasser und Abfallentsorgung sind für dieses Jahr 12 580 Euro eingeplant. Auch da sei eine Grenze erreicht, denn die Kirche brauche für die Orgel eine Mindesttemperatur von 14 Grad. Sparlampen habe man schon eingebaut und die Außenbeleuchtung reduziert. Blumenschmuck solle nur noch über die Kollekte bezahlt werden. Notenblätter für die Chöre (bisher 300 Euro) würden nicht mehr bezuschusst. Die kirchlichen Gruppen (Chöre, Messdiener, Frauengemeinschaft, Pfarrcafé) finanzierten sich selbst.

Es wird überall gespart

Sich von einem Gebäude zu trennen, etwa vom alten Pfarrhaus, sei zwar diskutiert, aber wieder verworfen worden. Dort seien das Pfarrbüro, das Büro von Pater Stanislaus Friede, das der Verwaltungsleiterin Simone Rath, Räume für die katholische Frauengemeinschaft, die Messdiener und den Kirchenvorstand sowie das Archiv für drei Pfarrgemeinden untergebracht. Eine Untervermietung komme nicht in Betracht, weil ein separater Eingang fehle. Die Reparatur des Sicherungskastens und der Stromleitungen in der alten Kirche (4500 Euro) laufe, sodass sie bald wieder öffnen könne. Auch die kleine Kirche trage zum Sparen bei, denn sie benötige weniger Energiekosten als die große.

„Wir sind schon stark von den Kosten runter“, sagt Schulze Pröbsting. Weiteres großes Sparpotenzial sieht er nicht, stattdessen verfolgt er den Ansatz, mehr Einnahmen zu generieren. Er schlägt vor, das Geld aus der Vermietung für die Mobilfunkanlage (16 600 im Jahr) in den Verwaltungshaushalt einzusetzen, anstatt es ins Kapitalvermögen fließen zu lassen. Und der Kämmerer wartet seit einem Jahr auf 60 000 Euro vom Erzbistum aus der Endabrechnung der Baumaßnahme Pfarrzentrum, die an die Kirchengemeinde bezahlt werden müsse. „Diese Summe würde unsere Liquidität erheblich verbessern. Warum das Erzbistum die Zahlung verzögert, ist für uns nicht nachvollziehbar, insbesondere da das Erzbistum unsere finanzielle Lage kennt“, sagt Schulze Pröbsting. Er schlägt vor, die Kirchensteuerzuweisung von jährlich 45 500 Euro zu erhöhen, wenn man schon nicht ans Kapitalvermögen von 1,17 Millionen Euro herankomme. „Denn diese Zuweisungen haben sich nicht in dem Maße erhöht, wie es eigentlich für die Kostenentwicklung bei Löhnen und Energiekosten erforderlich gewesen wäre.“

Der Kämmerer sucht keinen Schuldigen an der Misere, die Haftungsfrage im juristischen Sinne stellt er nicht. Es liege nicht an einer Person, es spielten zu viele Faktoren eine Rolle. Mittelfristig sieht er Licht am Ende des Tunnels: Wenn die Sparmaßnahmen griffen und sich die Einnahmen erhöhten, seien im Jahr 2020 die Voraussetzungen für einen ausgeglichenen Haushalt gegeben.