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Rathäuser im Kreis Ahrweiler gestürmt: Bob der Baumeister und zwei Hippies am Rhein

Rathäuser im Kreis Ahrweiler gestürmt : Bob der Baumeister und zwei Hippies am Rhein

Die Möhnen übernehmen das Regiment in den Rathäusern von Remagen, Sinzig, Bad Breisig, der Grafschaft und der Kreisstadt. Auch Bob der Baumeister musste der weiblichen Übermacht weichen

Die jecken Wiever haben das Regiment in den Rathäusern an Rhein und Ahr übernommen. Am Donnerstagmorgen haben die Möhnen von Remagen, Sinzig, Bad Breisig, der Grafschaft und Bad Neuenahr-Ahrweiler zum Sturm auf die Verwaltungsbastionen angesetzt. Gegenwehr war zwecklos.

Hier Umleitung, da Halteverbot, dort Sperrung – die halbe Kreisstadt ist eine Baustelle. Und auch das Rathaus. Durch einen wahren Schilderwald kämpften sich am Donnerstagmorgen die Möhnen der Kreisstadt zu ihrem traditionellen Empfang im Ratssaal, um gleich an Tischen Platz zu nehmen, auf denen es von kleinen Bauschildern nur so wimmelte. Selbst Frikadellchen und Käsewürfel waren mit Baufähnchen gespickt. Bad Neuenahr-Ahrweiler hat mit der Landesgartenschau 2020 eben viel Bau vor der Brust – und keine chinesischen Baubrigaden, die binnen drei Wochen eine Konzerthalle hochziehen.

Dafür aber Bob den Baumeister und sein Team, alias Bürgermeister Guido Orthen nebst der Stadtspitze, Ortsvorstehern und Abteilungsleitern. Die ganze Truppe kam mit Helmen und in Blaumännern, denn die Losung hieß frei nach Angela Merkel: „Jo, mir schaffen dat.“ Da ist Tempo angesagt, und Baumeister Guido Orthen fand vor den Möhnen aus Walporzheim, Gimmigen, Heppingen, Heimersheim, Ahrweiler und Ramersbach: „Wir buddeln und baggern, sägen und feilen, müssen uns jetzt nur ein bisschen beeilen. Nötig hätten wir noch etwas Schwein, denn im April 22 muss alles fertig sein.“

■Als „Achimus der Wahrsager“ fungierte Bürgermeister Achim Juchem im Grafschafter Rathaus beim dortigen Möhnensturm und konterte damit den Ringener Wendböggele, die in dieser Session den Durchblick für sich gepachtet haben wollen. Juchems Vorhersagen erfüllten sich nach dem Blick in die Glaskugel prompt: Denn erstmals gab’s gleich zwei Rathausschlüssel als Zeichen der Kapitulation: Der Hauptschlüssel ging an die Gelsdorfer Möhnen um Kerstin Christmann, der Zweitschlüssel an die Swistbachmöhnen um Monika Röhn. Denn beide Vereine bestehen seit 70 Jahren. Von Holzweiler bis Nierendorf waren die jecken Wiever gekommen, aus Esch die Garde Grün-Weiß und aus Ringen die Wendböggele und das Männerballett „Ringener Perlen“, die allesamt beim bunten Programm mitmischten. Dies alles unter Aufsicht der Ortsvorsteher, die einmal mehr in die Rolle der „Rathausschützer“ geschlüpft waren.

■ Make Peace, not War, hieß es im und am Remagener Rathaus. Dort hatte Ober-Hippie Björn Ingendahl vom Balkon des Verwaltungshauses flott „Let the sunshine in“ intoniert und die wenig brave Wiever-Schar angesichts der Übermacht freiwillig ins Haus gelassen. Den Stadtschlüssel zur Peace-Kommune hatte er ohnehin bereits vor einer Woche ohne den Hauch einer Gegenwehr abgeliefert. Für die jecken Remagener Hoppemötzje oder Stippeföttche lief es also wie geschmiert, zumal der Stadtchef als langhaariger, weiß gekleideter Friedensapostel mit reichlich vernebelter Stimme im Blitztempo vermittelte, dass Love, rheinischer Karneval und Peace für ihn keine leeren Worthülsen sind.

Geschniegelt und gestriegelt waren sie ins Bad Breisiger Rathaus gekommen: Verbandsbürgermeister Bernd Weidenbach, Stadtbürgermeister Udo Heuser oder auch Kämmerer Marcel Caspers – zerrupft, zersaust und ohne Krawatte kamen sie wieder heraus. Das Verwaltungsgebäude der Verbandsgemeinde ist fest in Weiber-Hand. „Die Stadt soll heute ruhen und rasten, und uns die Kasse überlassen“, forderten die in den Sitzungssaal geströmten närrischen Wiever. Da nutzte es auch nichts, dass Heuser die Stadtkasse mit zittriger Hand übergeben wollte: Jeder weiß, dass sich darin nur gähnende Leere befindet. „Ich hoffe auf ein schnelles Ende der Belagerung hier im Haus“, so der verängstigte Heuser. „Keine Bange: In sechs Tagen ist hier alles wieder aus“, beruhigte ihn der sturmerprobte Weidenbach. Bis zum Aschermittwoch dürfen die beiden getrost zu Hause bleiben.

Das trifft auch auf den Sinziger Stadtchef Andreas Geron zu, der einmal mehr mit List und Tücke bemüht war, die herangeeilten Wiever mit lustigen Reimen zu umgarnen. Er hatte die Damen gar zuvor zum Frühstück eingeladen. Sein Fehler war ein kleiner Nebensatz: „Ich wusste gar nicht, dass die so viel verzehren können.“ Das hörten die ranken und schlanken Sinziger Möhnen gar nicht gerne, spricht doch der anmutige Einmarsch der grazilen Schönheiten eine ganz andere Sprache. „Wir haben das Rathaus ganz ohne Gegenwehr übernommen“, freuten sich dennoch die Möhnen, während sich die Sinziger fuul Kääls eher über die mangelnde Verteidigungsbereitschaft ihres Bürgermeisters gewundert haben dürften. In Gegenwart von Sentiaca Dagmar I. säuselte Geron schließlich in Richtung Narrenschar: „Wer diesen Trupp zum Freunde hat, der läuft nur strahlend durch diese Stadt.“ Den Rathausschlüssel ist er trotzdem los.