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Bürgermeister vernascht den Stadtschlüssel

Bürgermeister vernascht den Stadtschlüssel

Eroberung des Stadtschlüssels durch Prinz Guido I. in Remagen - Die Kripper Narren feiern im Wild-West-Salon - Nach juristischem Geplänkel können die Jecken in Westum ausgelassen feiern - Jubiläumsgefühle in Bad Bodendorf

Kreis Ahrweiler. Ausgelassene Stimmung, ansteckende Fröhlichkeit und jecke Programme vom Feinsten prägten den Sitzungskarneval am letzten Wochenende vor den tollen Tagen auch in Remagen, Kripp, Westum und Bad Bodendorf.

Remagen. (wtz) Lange musste Prinz Guido I. (Selbach) aus der Römerstadt auf das Zeichen der "weltlichen" Macht warten. Nachdem er bereits bei der Proklamation den Niff-Naff, das närrische Zepter, überreicht bekommen hatte, galt es an diesem Sonntag, den Stadtschlüssel von Bürgermeister Herbert Georgi zu erobern.

Kampflos wollte Herbert Georgi ihn jedoch nicht hergeben und sang den Hit von Marianne Rosenberg: "Er gehört zu mir." Mit Kenny Heydecke hatte Prinz Guido I. zwar einen engen Verbündeten, doch trotz Bündelung aller närrischen Kräfte konnte sich der Stadtchef zunächst erfolgreich des Angriffs der Narren erwehren, und suchte sein Heil in der "wilden" Flucht durch die jecke Rheinhöhnerhalle.

Von der Tribüne aus verkündete Georgi zu den Narren: "Lieber will ich mir den Magen verrenken, als dem Prinz was zu schenken", und aß kurzerhand das süßbackene Imitat des Stadtschlüssels auf.

Konfusion herrschte daraufhin nicht nur unter den Remagener Narren, auch Landrat Jürgen Pföhler befahl Georgi die Herausgabe des Schlüssels mit einem Lachen im Gesicht: "Wären wir jetzt in Ahrweiler, würde ich sagen: Klarer Fall für Ehrenwall." Letztendlich kam der Remagener Stadtchef dann aber doch zur Vernunft, ging vor dem närrischen Regenten auf die Knie und übergab ihm den Schlüssel.

Ganz leer ausgehen sollte Georgi für diese Geste nicht. Von Prinz Guido gab es eine Bürgermeisterkette, angeheftet die elf "schönsten" Stadtansichten, unter anderem das Becher-Gelände, die geschäftsleere Fußgängerzone und die an Karnevalssonntag geschlossene Rheinhalle.

Kripp. (wtz) Im Wild-West-Salon feierten die Kripper Narren am Samstagabend ihren Karneval. Die Kripper-Fente hatten den Saal der Gaststätte Rhein-Ahr in eine Hochburg der Narretei und des Frohsinns verwandelt, so dass Wilfried Brüssel, Vorsitzender der KG-Fente, sich über ein volles Haus freuen konnte.

Schon beim Einmarsch des Fanfarenzuges standen die Jecken Spalier und ließen ein donnerndes "Kripp-Alaaf" ertönen. Im Doppelpack nahmen Dieter Breuer und Hermann Josef Klapperich als Sitzungspräsidenten das organisatorische Zepter in die Hand.

Den Auftakt auf der Bühne absolvierten die "Magics", die jungen Nachwuchstänzer der "Magic Dancers" aus dem Fährort. Als flotte Matrosen kamen sie daher und begeisterten zu flotten Disco-Rhythmen, begleitet von den beiden Trainerinnen Silke Möhren und Elke Kohlhaas.

Den letzten Schrei der Mailänder Modewelt präsentierten die Sinziger Möhnen um Agnes Demmer: die vielseitig einsetzbare lange Unterhose, Marke Schiesser Doppelripp mit Eingriff. Nicht nur als wärmende Mütze oder Schal ist dieses Kleidungsstück zu tragen. Auch als Serviette, Bolerojacke oder Servierschürze mit praktischem Trinkgeldschlitz lässt sich dieser "Liebestöter" einsetzen.

Gertrud Herter, gerade noch in langen Unterhosen auf der Bühne, zeigte als Sinziger Urgestein des Karneval große Verwandlungskunst, betrat sie doch kurz nach ihrem Auftritt nochmals die Bühne. Diesmal allerdings in der Rolle des "Fussich Julchen" und sang von ihren amourösen Erlebnissen in Altenahr.

Mit stürmischem Applaus wurde zu später Stunde auch der Remagener Prinz Guido I. (Selbach) im wilden Salon empfangen. Dass er bei seinen Untertanen leichtes Spiel hat, versteht sich von selbst, müssen die Kripper Narren doch in diesem Jahr auf einen eigenen Prinzen verzichten und huldigen somit gerne dem Regenten aus der Kernstadt.

Am freundlichen Bürgertelefon der Stadt Remagen saß an diesem Abend Ursula Weißfels. Sie musste nicht nur als Feuermelder dienen, sondern auch noch wertvolle Tipps bei Wasserschäden geben oder über die Grünabfalltermine in der Römerstadt informieren.

Von einem Bürger auf die Arbeitsmoral der Verwaltung angesprochen, hatte sie auch gleich die passende Antwort: "Für die Beamten auf Lebenszeit ist das Paradies nach dem Tod nun wirklich keine Steigerung."

Während die Prinzengarde Kripp, die Tanzgruppe "Top 7" und die "Magic Dancers" auf der Bühne ihre aktuellen Show-Tänze vorführten, bewiesen die Blau-Weißen aus Unkelbach und die Remagener Stadtsoldaten viel Gefühl für den richtigen Ton und unterhaltsame Rhythmen.

Erst gegen Mitternacht kündigten die beiden Sitzungspräsidenten das große Finale an. Für die Narren war dies aber noch lange nicht das Signal zum Aufbruch, sondern vielmehr der Startschuss, um bis in den frühen Morgen zu feiern.

Westum. (lz) "Ich bin noch nie im Helle inmarschiert." Nicht nur Westums Sitzungspräsident Bernd Fuchs gab sich zu Beginn der großen Prunksitzung im Murrepalast leicht irritiert.

Denn dass eine große Prunk- und Kappensitzung um 17.11 Uhr startet, ist noch eine Besonderheit, und hat natürlich mit dem in Westum in den vergangenen Jahren geführten juristischen Geplänkeln zu tun. Wie KG-Chef Rudi Fuchs betonte, war der Standortwechsel des Festzeltes technisch und nicht politisch bedingt.

Beim Versuch, den Festplatz "In der Galters" aufzuschütten, war das aufgebrachte Erdreich nicht richtig verdichtet worden. Und so fand man dann Asyl auf dem Gelände der ehemaligen Spedition Heuser. Die kleinen Westumer Möhrchen - elf kleine Mädels im Alter von vier bis acht Jahren - sorgten für den richtigen Knalleffekt zum Auftakt der Sitzung.

Den verstärkte Eisbrecher Willi Pax als "Ne arme Düwel" in der Bütt bestens. Wo man hinsah: liebgewonnene Westumer Karnevalstraditionen. Da standen Pittermännchen auf den Tischen, fungierte Landrat Jürgen Pföhler mit einem Murreschirm als Schirmherr, und viel Prominenz aus Politik und Wirtschaft war gekommen, um den Westumer Jecken den Rücken zu stärken.

Marieche und Bielche (Bettina Kurz und Erika Holberg) bereiteten den Dorftratsch auf ihre Art als Gagfeuerwerk auf. Und auch Johann (Klaus Nonn) und Jösef (Rolf Hirsch) konnten das bestens. Alexander Kurp als "Vikar aus dem Westerwald" setzte noch einen drauf.

Die Bad Bodendorfer Showtanzgruppe "Blue Velvet" glänzte mit ihren absolut gelungenen Ahr-Piraten. Aber auch die Westumer KG verfügt mit den Tanzgruppen "Inspiration" und "Las Bailas" über reichlich tänzerisches Potenzial.

Das Ganze wurde dann noch ergänzt durch die Ahrweiler Stadtgarde und die Schwarz-Weiß-Gold Tänzerinnen aus Neuwied, die den Elferrat mit einem Bauchtanz animierten. Ein weiteres "Filetstück" des Westumer Karnevals sind die "Hellebacher Jonge", die beim Heimspiel Garanten für Stimmung pur sind.

Bad Bodendorf. (lz) Fast wäre es im Vorfeld nicht aufgefallen. Aber dann löste das Premierenjahr 1977 doch Jubiläumsgefühle aus. Zum 30. Mal gingen am Samstag im völlig ausverkauften Saal des Gasthauses "Goldenes Prag" die Bad Bodendorfer Originale in die Bütt.

Treibende Kraft hinter der Veranstaltung in Bad Bodendorf ist seit jeher der Spielmannszug Blau-Weiß. Und seit diesen drei Jahrzehnten ziehen Helmut Pauly und sein Arbeitskreis Karneval im Hintergrund die Fäden.

"Die doof Noss", alias Rolf Hirsch, ist eines der Originale, die seit drei Jahrzehnten in die Bütt gehen. Die Regie führte ganz ohne Elferrat Sitzungspräsident René Schmitt. Und der legt sich stets und gern mit Sinzigs Stadtsoldatenkommandant Schorsch Schmitt an.

Denn natürlich gab es jecken Besuch des Sinziger Prinzenpaares Dirk II. und Tanja I. (Ehepaar Sauer). Wie tief die Karnevalstraditionen bei den Spielleuten verwurzelt sind, zeigt eine Entwicklung, die vor Jahren im Kurort niemand für möglich gehalten hätte.

Denn gleich drei Tanzgruppen sind mittlerweile aus der "Abteilung Tanz" des Spielmannszuges hervorgegangen. Die jüngsten, die "Blue Berries", überzeugten mit ihrem Gardetanz und ihrem Show-Tanz "Mama-Mia". Die "Blue Stars" boten einen sehenswerten Tanz der Vampire.

Und dann ist da der Garde- und Schautanz der Gruppe "Blue Velvet". Sie sorgten mit ihrem neuen Showtanz als Ahr-Piraten und dem Motto "Klar zum Entern" auch auf anderen Bühnen im Stadtgebiet für Furore. Tanzend zu Gast waren auch die befreundeten "Magic Dancers" aus Kripp.

Den Vogel schossen aber einmal mehr die Bad Bodendorfer "Traumtänzer" ab. Die quälte in diesem Jahr als fahrende Ritter mit stolzen Steckenpferden die Minne. Die blonde holde Maid, eher etwas athletisch gebaut war, mimte Sinzigs Ex-Prinz Blacky Schwarz.

Dafür, dass in beindruckenden Kostümen getanzt, geritten und gekämpft wurde, hatten die Trainerinnen Michaele Becker und Michaela Schmitt gesorgt. Als weitere Originale enterten Peter Werner als "Bauer Hein aus Norddeutschland" sowie Jochen Moll und Attanasius Tannos als eigenwillige Feuerwehrmänner die Bütt.

Und dann stiegen noch Christoph Simons und Alexander Riemenschneider als "Einer von Hüben und einer von Drüben" in die Bütt. Professionell mit Gitarre, Musik und Hipp-Hopp-Einlagen, demonstrierten sie in einem furiosen Vortrag, wie man auch weit nach Mitternacht in einen Saal absolute Ruhe und Aufmerksamkeit zaubert.

Und sie nahmen die Befindlichkeiten im Dorf, Kurviertel und dem Niemandsland dazwischen aufs Korn: "Die Feuerwehr ist der Junggesellenverein für den Mann mit Frau am Bein." Das Duo hat in Bad Bodendorf das Zeug, zur Legende zu werden.