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Jecke verwandeln das Kurhaus in einen Narrentempel: Spitze Zungen und Spitzenhöschen im Bad Neuenahrer Kurhaus

Jecke verwandeln das Kurhaus in einen Narrentempel : Spitze Zungen und Spitzenhöschen im Bad Neuenahrer Kurhaus

Genau 823 begeisterte Jecke bevölkerten den Bad Neuenahrer Kurhaussaal und die Empore: Die rührige „Elferrat Kurhaus Bad Neuenahr GbR“ konnte sich über sehr guten Zulauf zu ihrer Sitzung mit Stars des Kölner Karnevals freuen.

Profis des Kölner Karnevals zieht es längst auf närrische Saalveranstaltungen im Ahrkreis, aber nicht in der Fülle und Masse, wie dies alljährlich zwei Wochen vor Veilchendienstag im Bad Neuenahrer Kurhaus geschieht. Dorthin lud vor nunmehr 50 Jahren erstmals der gebürtige Kölner Oskar Hauger die närrischen Stars aus der Domstadt ein. Seither reisen sie Jahr für Jahr an.

Genau 823 begeisterte Jecke bevölkerten beim diesjährigen Termin Kurhaussaal und Empore. Die rührige „Elferrat Kurhaus Bad Neuenahr GbR“ konnte sich ebenso freuen wie die Vertreter der Ahrweiler Tafel. Denn ihnen kommt der Erlös der Veranstaltung zugute. Erstmals konnte der Elferrat einen Schirmherrn für die Veranstaltung gewinnen: Kreisstadt-Bürgermeister Guido Orthen. „Der Karneval überschreitet alle Grenzen und denkt auch an Menschen, die vor der Türe stehen“, so das Stadtoberhaupt.

Derweil warteten die kostümierten Besucher im Kurhaus gespannt auf das, was diesmal aus Köln kommen sollte. Und es kam gewaltig: Rund 100 Gardisten, Musikanten und ein Mariechen marschierten ein. Fanfarenbläser kündigten die Prinzengarde, eines von neun Kölner Traditionscorps, an. Sie füllten die große Bühne gänzlich aus, bestachen mit ihrer Musik und ihren Tänzen. Mittendrin an der Standarte stand mit Jürgen Münster ein „Ahrweiler Jung“. „Nur deshalb klappt das mit denen auch so gut“, befand Sitzungspräsident Udo Groß, der souverän einen jecken Star nach dem anderen ankündigte. Viele Jahre, nachdem er schriftlich verkündet hatte, in Bad Neuenahr nicht mehr aufzutreten, stand Marc Metzger wieder auf der Kurhausbühne. Im Alter von 14 Jahren war der in der Kurstadt geborene und in Unkelbach aufgewachsene „Blötschkopp“ erstmals in die närrische Bütt gestiegen, dieses Jahr feiert er das 30-jährige Rednerjubiläum. Sein Auftritt erinnerte dabei mehr an Stand-up-Comedy als an einen Karnevalsredner. Witze gab es in erster Linie auf Kosten von Publikum und Elferrat, wohl auch, weil er bemerkte, dass man seine Pointen ganz genau unter die Lupe nimmt: „Büttenredner müssen politisch korrekt sein, Politiker aber können die Sau machen“, hatte er festgestellt.

Mit weniger spitzer Zunge kam Guido Cantz im gewohnt roten Anzug daher und stellte fest, Karnevalisten seien die einzig normalen Menschen auf der Welt. Cantz meinte, „Jamaika“ sollte eher „Langeoog“ heißen, Adventskalender sollten keine Glastürchen haben und Lothar Matthäus wäre besser Philosoph geworden. Ähnlich wie Cantz hatte auch Martin Schopps, im normalen Leben ein Lehrer, festgestellt: „Nur die Rheinländer kommen mit der internationalen Idiotie der Menschen klar.“ Welche Menschen explizit gemeint waren, war klar: Trump, Erdogan und Jong-un. Die drei werden derzeit durch alle jecken Säle getrieben. Schopps hatte jede Menge Themen parat: den Kölner Dauerstau, die Kommunikation der heutigen Jugend und politisch unkorrekte Lieder. Es heißt nicht mehr „schwarzer Zigeuner“, sondern „bei Dunkelheit schwer zu erkennender Rotationseuropäer“.

Neben den drei Spitzenrednern waren es aber vor allem die Bands, die vom ersten Takt an für Stimmung sorgten. Gleich vorweg die Höhner, die mit „Jetzt geht‘s los“ die Marschrichtung vorgaben. „Wir sind für die Liebe gemacht“, oder „Kumm los mer fiere“ – das Kurhaus erlebte einen 800-stimmigen Dauerchor. Ganz bestimmt, als die Paveier ihr „Leev Marie“ anstimmten, mit dem sie auch in diesem Jahr wieder ganz oben in der närrischen Hitparade platziert sind. Längst etabliert sind auch Cat Ballou. „Hück steht die Welt still“ – aber nicht im närrischen Kurhaus.

Leicht international kamen die Klüngelköpp daher, „Bella Ciao“ statt Alaaf. Zeit zum Verschnaufen blieb da kaum mehr, denn auch bei den Tänzen der Fidelen Sandhasen aus Oberlahr hielt das Publikum den Atem an. Da flogen die Mariechen bis unter die Kurhausdecke, eine Mischung aus Karneval, Spitzensport und Akrobatik.

Mittendrin im Publikum erfreute sich ein zufriedener Oskar Hauger und meinte nach der Sitzung: „Ein besseres Programm hätte ich auch nicht buchen können.“