Veilchendienstag in Aegidienberg : Orgelpfeifen tanzen im Wind
AEGIDIENBERG Die Aegidienberger Jecken trotzen bei ihrem Zoch dem drohenden Aschermittwochblues und der Regen-Dusche. Norbert I. und Aegidia Pia I. genießen den fröhlichen Endspurt der Session.
So schnell wollten sich die Aegidienberger dem drohenden Aschermittwoch nicht geschlagen geben. Und auch eine Kapitulation angesichts des eher wackeligen Wetters inklusive tüchtiger Dusche von oben kam überhaupt nicht infrage. Stattdessen stellten die Ausrichter von der Karnevalsgesellschaft Klääv Botz und ihre Mitstreiter einen bunten und abwechslungsreichen Veilchendienstagszug auf die Beine.
Bei ihrem Weg von Rottbitze nach Aegidienberg mussten die jecken Straßenkarnevalisten einmal ein wenig auf die Seite rücken: Sie machten Platz für die Feuerwehr. Sie wurde wegen eines internistischen Notfalls auf der A 3 im Siebengebirge zur Hilfe gerufen. Dort hatten die Kameraden ein Auto auf dem Standstreifen abzusichern.
Das Prinzenpaar Norbert I. und Aegidia Pia I. (Schramm) ließ die närrische Spaßgesellschaft an sich vorüberziehen, bevor es selbst mit dem großen Wagen den Schlusspunkt des Zuges setzte. Und was die beiden sowie die Zuschauer am Straßenrand zu sehen bekamen, das war nicht ohne: Fast 1000 Zochteilnehmer, 40 Zugmaschinen und Fahrzeuge, 29 Wagen und Anhänger, 28 Fußgruppen und vier Musikkapellen.
„Nur eine Gulaschkanone mussten wir vorher schon aus dem Verkehr ziehen“, sagte Zugleiter Beppo Miebach. Der Grund: kein Tüv. „Ansonsten war alles perfekt, wir sind zufrieden“, resümierte der 57-Jährige, der seit Anfang der 2000er Jahre – mit kurzer Unterbrechung – das Sagen beim Aegidienberger Zug hat.
Malteser-Helfer aus Syrien und dem Irak sind dabei
Mit 40 Frauen und Männern waren Deutsches Rotes Kreuz und Malteser im Einsatz. Für Letztere hatten sich unter anderem auch drei Flüchtlinge aus Syrien und dem Irak zu Ersthelfern ausbilden lassen, um am reibungslosen Ablauf des Zuges mitzuarbeiten. „Wir wurden zu zwei kleinen Hilfeleistungen gerufen. Alles in allem war es ein ruhiger Zugverlauf“, bilanzierte Andreas Archut, Stadtbeauftragter der Bad Honnefer Malteser.
Für viele Farbtupfer und gute Laune sorgte unter anderem der Circus Comicus mit seinen verschiedenen Gruppen. Etwas weniger bunt, aber auch echte Hingucker, waren die 20 Sängerinnen und Sänger des Kirchenchores Cäcilia. Die stimmgewaltigen Frauen und Männer gingen als grau-silberne Orgelpfeifen. Dazu trugen sie etwa anderthalb Meter hohe Aufbauten aus Schaumstoff und Bambusstöcken auf ihren Schultern. Bei dem Wind war dazu voller Körpereinsatz gefordert. In diesem Jahr feiert der Chor runden Geburtstag und hatte sich ein passendes Motto ausgedacht: „60 Jahre heiter, wir pfeifen fröhlich weiter“.
Würstchen satt vom Kürassierregiment
Das Kürassierregiment Vettelschoß wusste ganz genau, womit es die jecken Zuschauer fröhlich stimmen konnte. Die Truppe mit der Feldküche um Renate Buchmüller verteilte 650 Würstchen und Brötchen an die Cowboys, Clowns, Tiger und Co. – und das kostenlos. Beim Hamburger-Fritten-Club 1993 ist Karneval Familiensache. Das gilt auch für Michaela Rölle (43), Guido Schmeichel (48) und ihre Kinder Ben (10) und Mia (5) aus Ittenbach. Klar, dass das Quartett als gut gelaunte Indianersippe wieder mit von der Zoch-Partie war.
Vor allem der Nachwuchs genießt das Getümmel. „Es macht einfach Spaß, die Kamelle vom Wagen runterzuwerfen“, sagte Mia. Die Gruppe verdankt ihren Namen übrigens ihrem ersten gemeinsamen Kostüm beim Zoch: Vor 23 Jahren ging der Freundeskreis als Hamburger und Fritten auf die Straße. Ganz in der Nähe des Kinderprinzenpaares, Florian I. und Laura I., amüsierte sich eine weitere junge Zugteilnehmerin: Melissa Opel lief nicht nur bei der Prinzengarde mit, sondern feierte gestern auch ihren 20. Geburtstag.
„Ein super Tag“, sagte die junge Frau – er hatte für sie schon am Vorabend beim Reinfeiern im Aegidienberger Bürgerhaus begonnen. Und nun ging die Party weiter, mit vielen Freunden vom Spielmannszug und anderen Feierlustigen von der KG Klääv Botz.
