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Tanzcorps der Ziepches Jecke wird 20 Jahre

Tanzcorps der Ziepches Jecke wird 20 Jahre

Manuela Müller ist Mutter der Kompanie - Auftritt sieht man hartes Training im Vorfeld nicht an

Rhöndorf. "Und", "und?" Aufgefädelt wie eine Perlenkette stehen die Mädchen vor Manuela Müller. Und wie Karajan dirigiert die zierliche, blonde Frau die jungen Damen immer wieder in neue Positionen.

Bei jedem "und" scheren nun zwei aus der Reihe aus und marschieren nach vorn. "Noch einmal." Manuela Müller ist unzufrieden. Das war einfach nicht hundertprozentig synchron. Nur keine Fehltritte bei der Wiederholung: Die Tänzerinnen in ihren Übungsklamotten geben sich Mühe, auch wenn die Vorabendauftritte noch in den Knochen stecken. Klappt doch.

So wie immer, wenn es ernst wird in der Karnevalszeit. Dann brettern Müllers Schützlinge in ihren schmucken Kostümen anmutig über die Bühne, setzen ihr strahlendes Lächeln auf, und das Publikum ahnt nichts vom Schweiß, der im Training floss. "Hier kommt das Beste, was die Ziepches Jecke zu bieten haben", kündigt Udo Krahe, der Präsident der Rhöndorfer Karnevalsgesellschaft, das vereinseigene Corps gern an. Seit 20 Jahren ist die Truppe eine sichere Bank der KG. Zum Jubiläum wurde ihr der aktuelle Sessionsorden gewidmet. Das verpflichtet.

"Jetzt mit Musik." Manuela Müller schaltet den Kassettenrekorder ein. Ein Potpourri aus Melodien zur fünften Jahreszeit von den Bläck Fööss und Brings hat sich das Corps für diese Saison zusammengeschneidert. Die Aktiven suchen immer gemeinsam mit ihrer Trainerin die Musik aus. Die hat dann das letzte Wort. Manuela Müller ist eben die Mutter der Kompanie, ist für alles zuständig, sorgt sich zur Not um die Betreuung der Kinder ihrer Tänzerinnen während der Tournee durch die Säle weit über Bad Honnef hinaus bis hin zur Choreographie.

Das Stück "Ruut un wiess" erinnert an die Farbenlehre der Ziepches Jecken. Und das Lied "Man müsste noch mal 20 sein" weckt auch bei Manuela Müller Erinnerungen. Mit sechs hatte sie ihre ersten Schritte bei der Selhofer Rasselbande erlernt, war später Solomariechen und bei Meisterschaften dabei. Der "Bazillus Tanzovalis" war nicht mehr totzukriegen.

Mit 19 gründete sie bei den Ziepches Jecke das Corps mit. In Elferratsmitglied Peter Breutigam hatten die Damen einen starken Fürsprecher für eine eigene Garde der KG. Manuela Müller lenkte die Geschicke von Anfang an. Bis vor zwei Jahren war sie das, was im Fußball "Spielertrainer" genannt wird. "Das war natürlich sehr anstrengend", sagt die immer fröhlich wirkende Frau, die selbst also 3 mal 11 Jahre Bühnenkarriere hinter sich hat. "Da stand ich gemeinsam mit den anderen oben. Nun beobachte ich die Auftritte von unten, sehe jeden kleinen Fehler."

Manuela Müller schaut genau hin. Danach gibt es die Manöverkritik, wenn nötig ein Donnerwetter. Und wenn es ganz besonders schön war, dann kommen ihr auch mal die Tränen, wissen ihre Tänzerinnen, die gerade den "Valencia-Schritt" üben, also die Beine hoch werfen und dabei wie mit dem Lineal gezogen eine Linie zeichnen. Es folgt der "Knoten", bei dem Beine und Füße für einen Moment wie ein unentwirrbarer Knäuel wirken. "Hacke-Spitze", kommandiert Manuela Müller.

Es sieht so leicht aus, wie die Damen in flottem Tempo die Hacken nach vorn, die Spitze nach hinten setzen und immer im Takt bleiben. Aber so einfach ist es nicht. Auch neue Kombinationen kommen hinzu. Manuela Müller besucht schon mal Messen und Workshops, wo frisch kreierte Schritte gezeigt werden. Die Tänzerinnen staunen immer wieder über ihre Chefin. "Die macht die Musik an und schon tanzt sie los. Sie hat das im Blut", wundern sich vor allem die jüngeren Garde-Mädchen.

Katharina Schult (19) ist eine davon. Der angehenden Bürokauffrau bereitet das Training Spaß. "Die Gemeinschaft ist schön", schwärmt sie. "Aber generell", so klagt Müller, "wird das nicht mehr so ernst genommen. Die jungen Leute sind nicht mehr so leicht zu begeistern. Wir früher traten auch mit 39 Grad Fieber an. Denn fehlt eine, muss alles umgestellt werden." Auch Anna Schollmeyer gehört zur "alten Garde".

Mit 38 kam sie nach einer Babypause zurück, jetzt ist sie 42. Und wer im Zuschauerraum ahnt das, wenn er die schlanke Frau sieht, die von Tanzoffizier Daniel Grewe gerade nach oben gestemmt wird? Aber sie ist ja eine Königin, eine Weinkönigin wie auch Manuela Müller und Verena Ruppert. Das Rhöndorfer Winzercorps hat längst das Tanzcorps als Quelle für ihre Weinköniginnen entdeckt. In der Garde wachsen eben die hübschen Mädchen wie Trauben an den Reben der Drachenfelshänge.

Vielleicht folgt Katharina ihrer Mutter Ilona Gottsauner (32) nach? Der zweijährige Wirbelwind saust gerade durch die Trainingshalle, während die Mutter fleißig übt. "Das Tanzen ist ein toller Ausgleich. Danach geht es mir so richtig gut", lacht Ilona Gottsauner, deren ältere Kinder Jessica und Janine bereits in der Nachwuchsgarde der KG Löstige Geselle mitmischen. Dort war auch Müller-Tochter Jasemin (16), bevor sie zur Rhöndorfer Truppe wechselte.

Sie kennt Karneval von ganz klein an. Wenige Wochen nach ihrer Geburt nahm ihre Mama sie in der Tragetasche zu allen Auftritten mit. Nun ist diese ihre beste Lehrmeisterin. Manuela Müller erteilt Instruktionen. Anträge für die Schule müssen ausgefüllt werden - wegen der Sonderbefreiung für den Weiberfastnachtstag. Etliche Auftritte stehen an. Und weiter: "Hacke-Spitze."