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Das Experiment der Rhöndorfer glückt

Das Experiment der Rhöndorfer glückt

Party statt Prunksitzung erweist sich als Volltreffer - Im "Kurhaus" Kaiser lassen die Großen Selhofer ihre Eigengewächse hochleben - Das Tambour Corps "Frei Weg" feiert seine Wiedergeburt

Selhof. (hoh) Außer Rand und Band waren die Jecken bei der Sitzung der Großen Selhofer Karnevalsgesellschaft im Saal Kaiser, bei der die weiß-blauen Karnevalisten ihre Gäste wieder mit einem ausgewogenen Mix aus Spitzenkräften des rheinischen Karnevals und Eigengewächsen verwöhnten.

Zwei herausragende Ereignisse prägten die Sitzung jedoch in besonderer Weise: eine Wiedergeburt und ein Abschied. Wie Phönix aus der Asche auferstanden ist das Tambourcorps "Frei Weg", das einige Jahre von der Bildfläche verschwunden war, sich im vergangenen Jahr neu formiert hat und nun den närrischen Reigen im Selhofer Narrentempel mit seinem Einzug eröffnete.

In Clowns-Kostümen stimmte der inzwischen wieder erstarkte Musikverein die Jecken im Saal mit ihrer Musik auf die folgenden Highlights ein. Tosender Applaus und donnernde Alaaf-Rufe zeigten, wie sehr die Selhofer ihr Tambourcorps vermisst haben und wie groß die Freude ist, nun wieder eine "eigene Musik" zu haben.

13 Jahre lang hatte Sven Champion die Tänzerinnen der Selhofer Garde am gestreckten Arm in die Höhe gestemmt, hatte sie durch die Luft gewirbelt und mit ihnen getanzt. Am Aschermittwoch wird er die närrischen Bühnenbretter für immer verlassen und seinen Nachfolgern diese Aufgabe überlassen.

Die Tänzerinnen nutzten an diesem Abend die Gelegenheit, ihm vor großem heimischem Publikum zu danken: mit einer Urkunde und einer in Versform verfassten Rede. Als versierter Büttenredner überraschte Karl-Josef Schmitz aus Blankenberg, der im Alter von 17 Jahren schon zu den besten Rednern der Region zählt.

Mit seiner in kölscher Mundart erzählten Geschichte von den Renovierungsversuchen brachte er den Saal zum Kochen. Nach ihm hatte es selbst Altmeister Marc Metzger schwer, noch einen drauf zu setzen. Ulla Efferoth hatte jedoch keine Probleme damit, denn ihrer mit viel Lokalkolorit gespickten Büttenrede, bei der sie sich so manchen Selhofer zur Brust nahm, hatten die Profis natürlich nichts entgegen zu setzen.

Eines globalen Themas nahmen sich hingegen Reinhard (Müller) und Wolfgang (Krebs) an, die sich im WM-Jahr mit dem runden Leder befassten. Für Riesenjubel sorgten auch zwei weitere blau-weiße Tanzcorps, die Rasselbande, aus der in den vergangenen Jahrzehnten viele Tänzerinnen und Tänzer der Selhofer Garde gekommen sind, und die Oldstars, ehemalige Gardetänzerinnen, die einmal mehr zeigten, dass sie noch nichts verlernt haben.

Ein weiteres Tanzcorps, das der Löstige Geselle, hatte das Siebengebirgsprinzenpaar Dieter I. und Marion I. mitgebracht, dazu die Bad Honnefer Stadtsoldaten, die mit zackigen Märschen und Schunkelliedern für Stimmung sorgten. Auch das glanzvolle Finale war von Musik geprägt. 35 große Karnevalshits hatten die Regimentstrompeter aus Eschweiler in ihr Potpourri gepackt.

Rhöndorf. (cla) Der Kursaal bebte, die Jecken standen tanzend auf den konfettiübersäten Stühlen und Udo Krahe, Präsident der Rhöndorfer Ziepches Jecke, war "einfach nur glücklich": Das neue Konzept der Rhöndorfer Karnevalisten war voll aufgegangen.

Ihre Idee, vom Sitzungskarneval abzurücken und "Ramba Zamba, Bütt & Danz" als Narrenparty "mit Showeinlagen" zu feiern, sorgte am Samstagabend für einen ausverkauften Kursaal und Riesenstimmung unter den Gästen. "Eine tolle Idee, da werden sich die anderen KGs etwas einfallen lassen müssen", resümierte ein Clown vom Circus Comicus, der mit vielen "Kollegen" gekommen war.

Zu brodeln begann es im nur noch wenig bestuhlten Saal schon beim Auftritt von "Moped-Manni", dem Sieger der WDR-Sendung "Närrische Hitparade", der aus seinem Leben verzällte und die Lacher mit Geschichten über das "Mopped" und damit verbundene Unbill auf seiner Seite hatte.

Bei den Liedern der Musikgruppe "Köbes" sangen die Cowboys und Piraten dann schon kräftig mit und Präsident Udo Krahe ließ es sich nicht nehmen, gemeinsam mit den sieben "Köbessen" auf der Bühne das eine oder andere Lied mitzuschmettern. Vorher hatte die Tanzgarde der Ziepches Jecke gezeigt, mit wieviel Schwung und Elan die Rhöndorfer die fünfte Jahreszeit feiern können.

Bruce Kapusta, den Clown mit der Trompete, wollten die rund 450 Narren überhaupt nicht mehr gehen lassen: "Alle nehmen die Hände hoch, denn jetzt geht's los!" Diese Aufforderung hätte der bekannte Trompeter den Bad Honnefern gar nicht mehr zu geben brauchen, denn die feierten bereits ausgelassen und tanzten "über Tisch und Bänke".

Gegen Mitternacht war ein Ende der Karnevalsparty der Rhöndorfer noch lange nicht in Sicht: Nun zog das Siebengebirgspaar unter Jubel in den vollen Saal ein, treu begleitet vom Spielmannzugs des Turnverein Eiche (TVE), der wieder ordentlich für Stimmung sorgte. Dieter I. war verblüfft: "Ich bin überwältigt von soviel ausgelassenen Jecken. Eine super Idee, Kompliment meine Herren!"

So ganz von der Tradition ab rückten die Rhöndorfer aber nicht: Der Elferrat war schon "irgendwie" vertreten: Übergroße Porträts der Ratsmitglieder prangten auf der Bühnen und blickten wohlwollend auf die ausgelassen feiernde Gesellschaft.