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Der Schuldirektor als Edelmann

Der Schuldirektor als Edelmann

Jürgen Nimptsch steht zurzeit fast täglich auf Bühne der Kölner Oper und mimt Aegidius Keldenich in Divertissementchen - einer Adaption eines Molière-Stücks

Beuel. Dunkler Anzug, weißes Hemd - wenn Schuldirektor Jürgen Nimptsch am großen Tisch in seinem Büro sitzt und vor dem nächsten Termin noch schnell und konzentriert Auskunft gibt, kann man sich kaum vorstellen, dass der Leiter der Beueler Gesamtschule noch ein zweites Gesicht hat.

Aber Nimptsch kann auch anders: Wenn er zurzeit jeden Abend auf der Bühne der Kölner Oper zu sehen ist, hat das mit nüchternen Nadelstreifen nicht mehr viel zu tun, mehr schon mit barockem Glanz. Gepuderte Perücke, Schönheitsfleck, Rüschenhemd und Schnallenschuhe - so verwandelt Nimptsch sich nach Schulschluss in Aegidius Keldenich, einen reichen und leider etwas einfältigen Bürger im barocken Köln, der um jeden Preis den Aufstieg in die Adelskreise schaffen will .... was natürlich nicht klappt - wie erwartet, dafür aber reichlich Spektakel und Verwicklungen mit sich bringt.

Wie jedes Jahr in der Karnevalszeit führt Jürgen Nimptsch mit der traditionsreichen Bühnenspielgemeinschaft "Cäcilia Wolkenburg", die zum Kölner Männer Gesang-Verein gehört, ein sogenanntes Divertissementchen in der Kölner Oper auf. Divertissementchen? "Das ist so eine Art kölsches Musical", bringt Nimptsch es auf den Punkt, oder, etwas korrekter: ein komisch-parodistisches Theater- oder Singspiel im kölschen Dialekt.

Dabei wechselt die Truppe die Genres immer wieder, mal gibt es eine Revue, mal ein historisches Kostümstück. "So ist dann für jeden Geschmack etwas dabei", findet Nimptsch. Diesmal hat die Gruppe sich einen Klassiker vorgenommen: Molières "Der Bürger als Edelmann" - und das Stück kurzerhand an den Rhein verlegt. "Ne Kölsche als Edelmann" heißt das dann, und der Zuschauer kann beobachten, wie Jürgen Nimptsch als Aegidius Keldenich alles tut, um den sozialen Aufstieg zu schaffen.

Dass das nicht ohne Bildung geht, hat er immerhin begriffen, also holt er sich allerlei Künstler und Lehrer ins Haus, die ihm natürlich nur das Geld aus der Tasche ziehen. Erst nach einem furchtbaren Traum wacht er geläutert auf...Für Nimptsch ist das ein ganz aktuelles Stück: "Heute will man zwar nicht mehr in den Adel, aber auf den roten Teppich." Neben der Moral gibt´s vor allem was für Auge und Ohr: Um die 90 Akteure wirken mit, die Ausstattung ist üppig und die Handlung eingebettet in über 20 Musiknummern.

Vor mehr als zehn Jahren sah der 53-Jährige, der schon als Kind Musik gemacht hat, selbst das erste Divertissementchen in der Oper und entdeckte seine Liebe zu dieser urkölschen Kunstform. "Da ging mir richtig das Herz auf", erinnert er sich. Zwar sei er noch gewarnt worden - "Passen Sie auf, das ist wie eine Droge" -, aber zu spät, er hatte Blut geleckt.

Inzwischen ist Nimptsch Vorsitzender der Cäcilianer, denn er findet: "Man kann nicht nur den Beifall absahnen, man muss auch mit anpacken". Die Truppe spielt das Stück bis zum Veilchendienstag noch jeden Abend, sonntags sogar zweimal - nur vier Tage Pause gönnen sich die Akteure. Nach Karneval kann Nimptsch dann erst einmal durchatmen. Bis er im Herbst in eine weitere Rolle schlüpft: Seit zwölf Jahren ist er der Beueler Sankt Martin.