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Jecker Kunsthistoriker hat sich kölschem Brauchtum verschrieben

Jecker Kunsthistoriker hat sich kölschem Brauchtum verschrieben

Matthias von der Bank, der Leiter des Kölner Karnevelsmuseums, kommt aus Beuel

Beuel/Köln. Der Beueler Matthias von der Bank hat sich beruflich dem Karneval verschrieben: Der Kunsthistoriker kümmert sich als wissenschaftlicher Leiter des Kölner Karnevalsmuseums um die Dokumentation dieser ganz speziellen Form des kölschen Brauchtums.

Auf 1 400 Quadratmetern präsentiert das vom Kölner Festkomitee getragene Museum - das größte seiner Art im deutschsprachigen Raum - historische und ganz aktuelle Exponate vom Karnevalsorden bis zum Festwagen in Originalgröße. Mit Matthias von der Bank sprach Ann-Kathrin Akalin.

General-Anzeiger: Muss man besonders karnevalsbegeistert sein, um ein Karnevalsmuseum zu leiten?

Matthias von der Bank: Die tägliche Arbeit im Museum ist zwar nicht anders als in jedem anderen normalen Museum, aber in der Session ist man vielfältig in das Karnevalsgeschehen eingebunden. Und da sollte man schon Lust haben, dabei zu sein.

GA: Wie kamen Sie als Kunsthistoriker zu diesem Amt?

von der Bank: Im Jahr 2000 suchte man einen jüngeren Wissenschaftler, der schon etwas Museumserfahrung hatte, um ein Museum aufzubauen. Da habe ich mich ganz normal beworben und wurde dann nach einem Vorstellungsgespräch genommen.

GA: Was erwartet die Besucher im Museum?

von der Bank: Wir präsentieren eine Geschichte des Kölner Karnevals von den Anfängen bis zur Gegenwart. Das Museum hat ein modernes Konzept mit einer besonderen Ausstellungsarchitektur und vielen Extras. Man kann über Kopfhörer selbst in Karnevalslieder reinhören, auf Monitoren spezielle Filme zu verschiedenen Themen anschauen und an Computerstationen interaktiv sich selbst Elemente aus der Karnevalsgeschichte erschließen.

GA: Welches ist das ungewöhnlichste, das älteste und wertvollste Ausstellungsstück? Gibt es auch Exponate aus der Region Bonn?

von der Bank: Die ältesten Stücke im Museum sind einige Maskendarstellungen aus römischer Zeit. Sie gehören nicht uns, sondern sind Leihgaben des Römisch-Germanischen Museums Köln. Das wertvollste Stück ist das "Goldene Buch" des Festkomitees des Kölner Karnevals, wo sich die Ehrengäste des Karnevals eintragen. Es ist eine eigens angefertigte Goldschmiedearbeit, die aus elf Kilo vergoldetem Silber besteht und mit 700 Edelsteinen verziert ist. Der goldene Einband zeigt Motive aus der Kölner Karnevalsgeschichte.

GA: Wie kommen Sie zu den historischen Dokumenten?

von der Bank: Jüngere Dokumente der letzten hundert Jahre bekommen wir aus Nachlässen von Karnevalisten, aus Schenkungen und aus Ankäufen von Antiquariaten. Ältere Stücke bekommt man fast ausschließlich über den Kunsthandel und auf Auktionen.

GA: Seit wann gibt es in Köln Karneval, und was hat sich in dieser Zeit vor allem verändert?

von der Bank: Historisch belegt ist der Kölner Karneval seit dem Jahr 1341. Allerdings feierte man damals noch recht einfach und derbe mit Festgelagen und Tanzvergnügen. Rosenmontagszüge, Sitzungen und einen Prinz Karneval gab es noch nicht. Erst durch die bürgerliche Reform des Karnevals im 19. Jahrhundert entstand der moderne Vereins- beziehungsweise Gesellschaftskarneval.

1823 wurde in Köln das Festkomitee gegründet und der erste zentral organisierte Rosenmontagszug veranstaltet. Diese "Kölner Karnevalsreform" hatte durchschlagenden Erfolg und wurde für das ganze Rheinland vorbildlich, auch für Düsseldorf und Bonn, die dem Kölner Beispiel wenige Jahre später folgten.

1823 war Köln eine Stadt von gut 40 000 Einwohnern. Da reichte eine Karnevalsgesellschaft. Durch das rasante Bevölkerungswachstum gründeten sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts viele neue Karnevalsgesellschaften, und der moderne Großstadtkarneval entstand. Zurzeit sind 107 Gesellschaften Mitglied im Festkomitee des Kölner Karnevals.

In den letzten Jahrzehnten hat besonders die moderne Medientechnik die Form der Sitzungen beeinflusst. Die Erfindung von Mikrofonen und Lautsprechern sowie die Verbreitung über Schallplatten veränderte die Karnevalsmusik.

In jüngster Zeit wirkt sich insbesondere die Fernsehunterhaltung auf den Karneval aus. Comedyelemente aus dem Fernsehen haben die klassische Büttenrede etwas zurückgedrängt. Seit etwa 1970 gewann auch die moderne Popmusik Einfluss, in Köln natürlich besonders durch die Bläck Fööss und die Höhner, denen viele Bands folgten.

GA: Was ist das besondere an dieser Form des Brauchtums?

von der Bank: Karneval in Köln umfasst alle Gesellschaftsschichten sowie alle Alters- und Berufsgruppen. Es ist damit eines der wenigen wirklichen Volksfeste, das sich nicht nur an ein bestimmtes Milieu oder eine bestimmte Zielgruppe richtet. Dadurch hat der Karneval etwas Verbindendes, das gesellschaftlichen Zusammenhalt stiftet.

GA: Gibt es große regionale Unterschiede im Karneval?

von der Bank: Jede Stadt hat besondere Elemente. So gibt es in Köln zu Weiberfastnacht keinen Rathaussturm, ganz im Gegensatz zu Beuel, wo die Weiberfastnacht eine viel größere Bedeutung hat. Insgesamt ist der Rheinische Karneval doch relativ homogen. Erst wenn man weiter nach Süden geht, etwa nach Mainz oder in den süddeutschen Raum, werden die Unterschiede wirklich gravierend.

Diese Unterschiede sind übrigens nicht immer schon so stark gewesen, sondern hauptsächlich eine Entwicklung der letzten 120 Jahre. Seit Ende des 19. Jahrhunderts besann man sich verstärkt auf einheimische, regionale Formen und betonte sie gegenüber den überregionalen Formen.

GA: Haben Sie in diesen Tagen mehr Besucher als übers Jahr?

von der Bank: Ja, im Winterhalbjahr ist das Interesse an Karneval natürlich größer als im Sommer.

GA: Was gefällt Ihnen persönlich am besten an Karneval? Feiern Sie selbst auch?

von der Bank: Da ich hauptberuflich für den Karneval arbeitete, bin ich auf Sitzungen abends in meiner Freizeit zu Gast. Mitglied in einer Karnevalsgesellschaft bin ich nicht. Pro Session besuche ich etwa drei bis fünf Sitzungen. Daneben betreue ich als Museumsleiter noch einige kleinere Ausstellungsprojekte, die an verschiedenen Orten in der Stadt Köln gezeigt werden. Die Ausstellungseröffnungen sind dann selbst kleinere Karnevalsveranstaltungen.

Kölner Karnevalsmuseum; Maarweg 134-136, 50825 Köln. Öffnungszeiten: Donnerstag 10 - 20 Uhr, Freitag 10 - 17 Uhr, Samstag und Sonntag 11 - 17 Uhr, montags geschlossen. Geschlossen vom 28. Januar bis 8. Februar.