1. Narren-News
  2. Beuel

Interview mit Stephan Födisch: „Top-Sitzung kostet 30.000 Euro“

Interview mit Stephan Födisch : „Top-Sitzung kostet 30.000 Euro“

Mit dem Literaten der Beueler Frackgesellschaft, Stephan Födisch, sprach Holger Willcke im Interview.

In den vergangenen Jahren haben sich die Karnevalssitzungen der Schwarz-Gelbe-Jonge von einem Geheimtipp zu einer festen Größe in der bönnschen Fastelovendszene entwickelt. Marc Metzger, Höhner und Bläck Fööss zählen fast alljährlich zu den Akteuren auf der Bühne des Brückenforums. Für diesen Erfolg zeichnet vor allem Stephan Födisch verantwortlich. Mit dem Literaten der Beueler Frackgesellschaft sprach Holger Willcke.

An diesem Sonntag steigt die 63. Gala-Sitzung ihres Vereins. Steht das Programm?

Stephan Födisch: Ja, die Gäste können sich auf ein absolutes Spitzenprogramm freuen. Kurzfristig musste ich Jupp Menth ersetzen, der seine Karriere als Redner überraschend beendet hat. Dafür wird Fred van Halen auftreten.

Mit wie viel zeitlichem Vorlauf planen Sie eine Sitzung?

Födisch: Zwei Jahre im Voraus steht das Programm. Das ist erforderlich, wenn man die Großen aus Köln nach Bonn locken will.

Wie muss man sich die Arbeit eines Literaten vorstellen? Rufen Sie jeden Akteur selbst an?

Födisch: Nein, ich arbeite mit der Künstleragentur „Alaaaf de.“ zusammen, die mir ein Programm für eine feste Geldsumme anbietet. Allerdings besitze ich ein eigenes Besetzungsrecht für meine Sitzungsprogramme. Das bedeutet, dass ich Wünsche durchsetzen kann. Wer mir nicht zusagt, tritt nicht auf.

Heißt das, dass der karnevalistische Nachwuchs bei Ihnen keine Chance hat?

Födisch: Nein, im Gegenteil. Da ich acht ganz unterschiedliche Sitzungsprogramme benötige, buche ich den Bühnennachwuchs für die kleineren Sitzungen. Die Vertreter des kölschen Kleeblatts, also Höhner, Bläck Fööss, Paveier, Räuber und Brings, treten dann bei den drei Sitzungen der Schwarz-Gelbe-Jonge auf.

Wie viel Geld benötigen Sie für ein Top-Sitzungsprogramm?

Födisch: Circa 30 000 Euro. Davon gehen 25 000 Euro an Gruppen und Redner und 5000 Euro an Gema, Feuerwehr und Saalkapelle. Für die Sitzungen der Schwarz-Gelbe-Jonge benötige ich im Schnitt alle 25 Minuten 2500 Euro.

Wie viel zahlt man für wen?

Födisch: Namen und Summen möchte ich in der Öffentlichkeit nicht so gerne zusammenbringen. Aber grundsätzlich gilt: Für bekannte Redner zahlt man 1000 Euro aufwärts, für eine Kleeblatt-Band etwa 3500 bis 3900 Euro.

Bleibt am Ende des Abends ein Gewinn in der Kasse?

Födisch: Für uns als Frackgesellschaft auf jeden Fall eine ganz kleine Summe, mit der wir zufrieden sind, weil wir im Gegensatz zu den Traditionscorps keine Jugendabteilungen mit Uniformen, Musikzüge und ähnliches finanzieren müssen. Aber auch Stadtsoldaten und Ehrengarde werden keine Verluste einfahren, wenn die Sitzungen annähernd ausverkauft sind.

Wie wichtig ist die Position des Literaten im Gesamtgefüge eines Karnevalsvereins?

Födisch: Sehr wichtig, weil seine Arbeit über Wohl und Wehe des Vereins entscheidet. Stimmt die Qualität seines eingekauften Sitzungsprogramms nicht, dann bleiben im nächsten Jahr die Gäste weg – und dadurch kann eine folgenschwere Abwärtsspirale einsetzen.

Was gehört noch zu Ihren Aufgaben?

Födisch: Ich muss die Presse verfolgen, andere Sitzungen und Vorstellabende besuchen, um die Szene im Blick zu haben. Außerdem benötige ich ein gutes Netzwerk und muss meine Kontakte pflegen. Top-Akteure des kölschen Karnevals verlassen die Domstadt am Wochenende nicht so gerne, weil der Zeitaufwand für die Fahrerei zu einem Termin nach Bonn groß ist. Da spielt dann der persönliche Kontakt eine entscheidende Rolle.

Für jeden Sitzungspräsidenten ist ein Loch im Programm die Höchststrafe. Wie gehen Sie mit dieser Situation um?

Födisch: Mein Sitzungspräsident Wolfgang Klos verlebt diesbezüglich ruhige Abende. Für den Notfall habe ich immer eine Stand-by-Nummer verpflichtet – und zwar das Tanzcorps der Prinzengarde Vilich-Müldorf e.V. Müssen die Mädchen nicht auftreten, begleiten sie die Künstler auf und von der Bühne. Und dafür bekommen sie auch Geld.

Die Gala-Sitzung der Schwarz-Gelbe-Jonge findet am gleichen Tag wie die Gala-Prunksitzung der Bonner Stadtsoldaten statt. Schafft man sich damit nicht unnötige Konkurrenz?

Födisch: Im Gegenteil. Seit mehr als zehn Jahren spreche ich mich mit dem Literaten der Stadtsoldaten ab. Wir verpflichten oftmals dieselben Akteure, das steigert für die Künstler den Reiz, nach Bonn zu fahren.