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Bonn: Festakt "150 Jahre Prinz Karneval"

Festakt „150 Jahre Prinz Karneval“ in Bonn : Der sichere Halt im jecken Trubel

„150 Jahre Prinz Karneval“ in Bonn - das muss gefeiert werden. Die Jecken kamen daher am Freitag zum Festakt ins Alte Rathaus.

Gescheite Lyrik über den rheinischen Fastelovend jenseits mundartlicher Holzhammerreime? Die gibt es, bei Johann Wolfgang Goethe, wo sonst? Viele kluge Aussagen enthält sein Gedicht „Der Kölner Mummenschanz“, und auf einer davon baute Wolfgang Oelsner eine geistreiche Festrede auf, die er am Freitag beim Festakt zum 150-jährigen Bestehen der Bonner Figur Prinz Karneval hielt. Er befasste sich darin mit einer Frage, die nicht zu stellen eine Grundhaltung der Karnevalstradition ist: „Welchen Sinn hat das?“

Genauer gesagt hatte er sich aufgemacht, den Vers „Löblich wird ein tolles Streben, wenn es kurz ist und mit Sinn“ auszulegen. Das tolle, also aus damaliger Sicht verrückte Streben sei mit damals drei, heute sechs Tagen in der Tag kurz, sagte der Pädagoge, Kinder- und Jugendtherapeut und „Karnevalsphilosoph“, wie Marlies Stockhorst, Präsidentin des Festausschusses Bonner Karneval, Oelsner nannte. Aber der Sinn? Um die Dinge in Balance zu halten, „brauchen wir ein gutes Zusammenspiel der Flieh- und Haltekräfte“, war er überzeugt. Das gelte für alle Bereiche des Lebens, und im Karneval nähmen diese Aufgabe die Tollitäten ein.

Der Prinz löst den Hanswurst ab

Er sprach von „verlässlichen äußeren Strukturen“ im ausschweifenden Treiben. „Die närrischen Repräsentanten wahren auch zu später Stunde noch Haltung.“ Das komme beim Volk an, wenn auch nur unterbewusst – die Tollität als Anker der Vernunft im beschwingten Jeckenverstand. Dabei gelte es auch immer zu zeigen, dass Prinz und Bonna nah beim Volk bleiben, da sie aus diesem kommen. Die Tollität „macht sich aber nicht zur Klamaukfigur.“

Das war 1873 wohl der maßgebliche Unterschied zum Hanswurst, der vorher 1828 zusammen mit der Laetitia in der närrischen Zeit das Sagen hatte. Daran erkannte man auch, „dass Bonn in Preußen angekommen“ war. So formulierte es beim Festakt im Gobelinsaal des Alten Rathauses Marcus Leifeld, der mit Karl-Heinz Erdmann das Buch zum Anlass geschrieben hatte: „Vom Hanswurst zum Prinzen Karneval – einer der begehrtesten Bonner wird 150 Jahre alt“ heißt die Broschüre, deren erstes Exemplar sie am Ende der Veranstaltung an Oberbürgermeisterin Katja Dörner überreichten.

Leifeld schlüsselte auf, dass der Hanswurst als Darstellung der Gefräßigkeit schon in einer 1519 erschienen Ausgabe von Sebastian Brants „Das Narrenschiff“ erwähnt wurde. 1828 machten ihn die Bonner zur Leitfigur, die 1845 symbolisch mit der Bonna verlobt und 1873 vom Prinzen Karneval abgelöst wurde. Der erste hieß Josef I. (Lövenich), er war die erste namentlich bekannte Tollität in Bonn überhaupt.

Die Broschüre folgt der Historie vom militärischen Charakter vor dem Ersten Weltkrieg über den touristischen danach, die Zeit im Nationalsozialismus und nach dem Zweiten Weltkrieg ab 1950. Daneben haben die Verfasser Interviews mit Ex-Prinzen geführt. Der älteste, Tom I. Jakobi, Prinz 1961, verstarb vier Wochen danach mit 94 Jahren. Alle Prinzen hätten eins gleichermaßen betont, sagte Erdmann: Sie hätten nicht die Auftritte bei großen Prunksitzungen, sondern die kleinen intimen Termine als die Bemerkenswertesten empfunden.