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Bonn/Köln: Karneval und jüdische Traditionen

Austausch zwischen Bonner Ehrengarde und jüdischer Gemeinde : Mit Kippa und Narrenkappe in der Synagoge

Die Bonner Ehrengarde hat als erstes Karnevalscorps die Bonner Synagogengemeinde besucht. In Köln halten die Kippa Köpp die Tradition jüdischer Karnevalisten und Büttenredner lebendig.

Säbel und Holzgewehre mussten im Bus bleiben. Der Sicherheitsdienst der Bonner Synagoge hatte schon im Vorfeld Bedenken gegen die Waffenattrappen angemeldet. Ansonsten brachte die Bonner Ehrengarde am Sonntag zum kulturellen Austausch mit der Synagogengemeinde alles mit, was traditionell zum Karneval gehört: Uniformen und Fahnen, Tänze und Musik.

Es war eine Premiere. Noch nie vorher ist ein Corps zu Gast in der Synagoge gewesen. „Das Judentum und der rheinische Karneval liegen gar nicht so weit auseinander“, sagte die stellvertretende Vorsitzende der Synagogengemeinde, Ricky Kaminski, zur Begrüßung. Das fange bei den Süßigkeiten an: „Berliner essen wir schon zu Chanukka.“ Ebenso beim Freudenfest Purim, das an die Rettung der persischen Juden erinnert.

„Der Besuch ist auch eine Solidaritätsveranstaltung mit der Bonner jüdischen Gemeinde und ihren Mitgliedern“, sagte Ehrengardist Stefan Schevardo, der das Treffen initiiert hatte. Er würde sich über den Beginn einer Freundschaft und die Etablierung der Synagogengemeinde im Bonner Karneval freuen.

Ein jüdischer Kölner als Venetia

In Köln sorgt dafür bereits der Verein Kölsche Kippa Köpp. Volker Scholz-Goldenberg aus dem Vorstand berichtete, dass die Geschichte der Juden im Karneval so alt sei wie der organisierte Karneval selbst. „1823 wurde die Prinzessin Venetia von einem jüdischen Kölner dargestellt“, sagte er. Es traten bis 1933 auch jüdische Büttenredner und Musiker auf.

Die 1959 eröffnete Bonner Synagoge hat ebenfalls eine Verbindung zum Kölner Karneval. Vater des Architekten Helmut Goldschmidt war Moritz Goldschmidt, Kölner Rechtsanwalt und Mitglied der Roten Funken. Er hatte das Naziregime versteckt in der Eifel überlebt und kehrte schon 1945 nach Köln zurück. Dort setze er sich nicht nur für die Neugründung der Synagogen-Gemeinde ein, sondern versteckte auch die Standarten der Karnevalsgesellschaften im Jüdischen Gemeindezentrum an der Ottostraße vor den englischen Besatzungstruppen, bis diese wieder genutzt werden durften. Der Kölner Karnevalist Max Salomon, der nach Los Angeles emigrierte, nahm die Tradition mit und feierte dort mit Elferrat und Büttenreden.

Solche Geschichten halten die Kippa Köpp lebendig, seit Festausschusspräsident Christoph Kuckelkorn sie ermutigt hatte, „den jüdischen Mosaikstein wieder in den Kölner Karneval einzufügen“. „Uns unterscheidet von anderen Gesellschaften nur, dass wir uns in der Tradition jüdischer Karnevalisten sehen, ohne dass alle unsere Mitglieder jüdisch sind“, berichtete Scholz-Goldenberg.

Ungewohntes Bild und zurückhaltendes Alaaf

Uniformierte in einer Synagoge: Das war zu Beginn ein ungewohntes Bild, auch wenn es keine Rolle spielt, welche Kopfbedeckung die Männer dort tragen. Das Alaaf fiel schüchterner aus als sonst, die Armbewegung vorsichtiger. Laut Kaminski gibt es Gemeindemitglieder, die nicht Karneval feiern. Andere tauschten sich gerne beim koscheren Buffet mit den Gästen aus.

Bei der Ehrengarde war die Aufregung größer als vor anderen Auftritten. „Ich hatte schon Angst, etwas falsch zu machen“, sagte ein Infanterist. Spätestens bei den Tänzen im Veranstaltungssaal war das Eis gebrochen. Thomas Janicke, Kommandant der Ehrengarde, sagte: „Unsere Botschaft lautet, den Menschen Freude zu bringen.“ Diese Botschaft kam an.