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Damit bloß keiner unter die Räder kommt

Damit bloß keiner unter die Räder kommt

Einsatz an Rosenmontag: Die Bonner Altstadt ist das Revier der Polizeihauptkommissare Georg Reimann und Michael Henze.

Bonn. Da haben sie mal keine Schule und trotzdem ist vor der Marienschule am Rosenmontag gegen 12 Uhr der Bär los: Tausende von Jugendlichen, kaum einer über 20, säumen die Straßen rund um die Grundschule an der Heerstraße. "In den letzten Jahren wird das an Rosenmontag hier mehr und mehr zum Treffpunkt der jungen Leute", sagt Georg Reimann (59), "die verabreden sich übers Handy." Der Polizeihauptkommissar und sein Kollege Michael Henze (51) schieben an dem Tag Dienst in der Altstadt.

Um zehn Uhr war Lagebesprechung in der City-Wache an der Bornheimer Straße. Seitdem warten die beiden Polizeibeamten mit den anderen Jecken auf den Zoch. Ihre Mission: Die Jugendlichen im Zaum zu halten und dafür zu sorgen, dass keiner unter die Räder kommt, wenn die Wagen rollen. Kein leichter Job. Bei dem schönen Wetter sind deutlich mehr Jecken unterwegs. Der Alkohol fließt früh und reichlich.

Mit dem Ordnungsdienst der Stadt haben Reimann und Henze bereits einigen Minderjährigen Alkoholflaschen weggenommen. Jetzt überlassen die Polizisten das in erster Linie den Kollegen von der Stadt. Sie müssen sich nun auf die Fußgängerströme konzentrieren und haben auch schon den einen oder anderen jugendlichen Randalierer im Blick, der auf der Mauer des Schulhofs steht, mit Bierflasche in der Hand.

Sobald die ersten Zochwagen zu sehen sind, müssen die Zuschauer aus Sicherheitsgründen hinter die Drängelgitter. Die Straßen in der Altstadt sind eng. "Seid vernünftig, geht nach hinten." Reimann wiederholt den Satz immer wieder. Er breitet die Arme aus, als wenn er die Menschenmasse zurückschieben wollte.

Er und Henze sind schon viele Jahre hier zu Karneval im Einsatz. Sie sind erfahrene Polizisten, beide haben mehr als 30 Jahre Dienst auf dem Buckel. Und haben sehr viel Geduld, wie man sieht. Deshalb werden sie wohl von ihren Vorgesetzten gern an der an Rosenmontag neuralgischen Stelle postiert. "Geduld und Durchsetzungskraft braucht man hier , vor allem, wenn der Alkoholpegel steigt", sagt Henze.

Dabei hat er die Kandidaten auf der Schulhofmauer nicht aus dem Blick gelassen. Die Lage wird ernster. Er greift zum Funkgerät. Zwei junge Männer sind offensichtlich in Streit geraten, die ersten Flaschen klirren auf den Asphalt. Wie aus dem Nichts tauchen plötzlich Männer der Einsatzhundertschaft im Gedränge auf. Henze und Reimann haben sie alarmiert. Es wirkt. Die Streithähne verziehen sich.

Der Prunkwagen der Funkentöter rückt an. Eine ältere Frau geht trotzdem über die Straße. Henze zieht sie schnell auf den Bürgersteig. Unterdessen sammelt Reimann einige Glasflaschen auf und wirft sie in eine Abfalltonne. Vor ihm zeigen zwei Fahnenschwenker ihre Kunststücke. Dabei müssen sie sich mit den Händen auf den Boden stützen. "Dass sie sich mal nicht in die Finger schneiden", sagt Reimann. Dann kommt eine junge Frau als Polizistin verkleidet auf ihn zu. "Ein Foto, bitte, bitte", bettelt sie lächelnd. Reimann sagt nicht nein. Dann muss er wieder Leute von der Straße schicken. "Wenn die Lücken im Zug zu groß werden, wird es immer schwieriger, die Massen in Schach zu halten", klagt Henze. Ihm haben soeben zwei Frauen die Schulterklappen stibitzt. "Das kenne ich schon", schmunzelt er.

"Nee, das möchte ich auch mal. Frei haben und trotzdem den Zoch gucken", sagt einer und lacht Reimann und Henze freundlich an. Die Stimmung ist gut. Die Leute sind entspannt. Hin und wieder werden die Polizisten sogar gebützt. Strüssje kriegen sie sowieso. In rauen Mengen. Die Sonne verschwindet langsam hinter den Häusern. Reimann reibt sich die kalten Finger. Es ist nach 16 Uhr. Der 59-Jährige freut sich auf den heißen Kaffee und ein Brötchen gleich in der Wache.

Endlich ist der Wagen von Prinz und Bonna in Sicht. Bis jetzt ist alles gut gegangen. Reimann und Henze wissen: Für die Polizei ist noch lange nicht Schluss. "Einen Acht-Stunden-Tag kennen wir heute nicht", sagt Henze. Schnell hebt er noch eine Tüte Gummibärchen auf und steckt sie einem kleinen Jungen in den Beutel. Bevor die Wagen der Müllabfuhr alles zusammenfegen.