1. Narren-News
  2. Bonn

Ein türkischer Prinz? In Bonn wär's möglich

Ein türkischer Prinz? In Bonn wär's möglich

Multikulti bei den Zügen und in manchem Verein: Der Karneval in der Bundesstadt ist nicht nur den Deutschen vorbehalten

Bonn. Der Name rollt förmlich über die Zunge: Luigi I. Mit Nachnamen heißt er Mormina, kommt aus Sizilien und regiert die Buschdorfer Narren. In den 1980er Jahren jubelten die Bad Godesberger Hope zu. Sie kam aus Jamaika und herrschte als Godesia. War auch jüngst die Ankündigung, in Köln werde sich der erste türkische Karnevalsverein gründen, eine Ente: In Bonn feiern Jecken aus aller Herren Länder mit.

Der Festausschuss Bonner Karneval ist derzeit fest in deutscher Hand, würde sich Ausländern aber nicht verschließen. Auch einen türkischen Prinzen kann sich Präsident Horst Bachmann vorstellen. Er müsste bloß Deutsch können und dürfte natürlich nicht auf den Mund gefallen sein. "Die Nation spielt beim Prinzenpaar keine Rolle", sagt er. Bei den Völkern des Ost-Mittelmeerraumes hat er mal nachgeforscht. Denn die hätten vor Christi Geburt etwas Ähnliches wie Karneval gefeiert, eine Art Frühjahrsfest - allerdings der makabren Art.

Dafür hat sich das Volk den sogenannten Zakanes ausgewählt, einen verurteilten Verbrecher oder Geisteskranken. Den setzte man auf einen Esel und ließ ihn Flöte spielen. Letztlich tanzte das ganze Volk nach der Pfeife des Zakanes, um ihn eigentlich aber zu verspotten. Sein Lohn: Am Ende des Festes wurde er hingerichtet, wie Alexander Orloff in seinem Buch "Karneval (Mythos und Kult)" schreibt.

In Bonn feiert jede Nation mit, vor allem bei den Festen und Umzügen an den tollen Tagen. "An Rosenmontag ist eigentlich die ganze Kölnstraße in türkischer Hand", sagt Bachmann. Und im Zug selbst winken sie dann etwa den Bolivianern zu, die auch diesmal wieder ihre Folkloretänze vorführen. So mischen viele Kulturvereine im bönnschen Fastelovend mit, ohne dabei aber selbst einen jecken Verein zu gründen.

Für ein zweites ehrenamtliches Engagement fehle es vielen an Zeit und auch Geld, sagt der Vorsitzende des Bonner Integrationsrates, Antonio Morreale. "Karneval ist ein Integrationselement, bei dem jeder mitmachen kann." Vor ein paar Jahren hatte der Italiener schon einmal versucht, per Antrag sein Gremium für die Teilnahme am Rosenmontagszug zu begeistern. "Da gab es aber leider keine Mehrheit für." Morreale hat nun aber Lust bekommen, es für 2010 noch einmal zu versuchen.

Doch auch die Bonner Gesellschaften sind längst nicht nur den Deutschen vorbehalten. Von den 25 Mädchen der Tanzgarde der ein Jahr alten Tannebüscher Jecke haben neun ausländische Wurzeln, wie Präsident Helmut Schmitz sagt. Mittlerweile machten sogar schon die Eltern im Verein mit. "Bezüglich multikulti gibt es in Tannenbusch schon längst keine Berührungsängste mehr." Einige Mädchen hätten gar schon einen bönnschen Zungenschlag. Auch bei der ältesten Bonner KG, den Sternschnuppen von 1890, tanzen Jugendliche aus Polen und Afrika mit. "Wir sind für alle offen", sagt Präsident Klaus Caspari.

In Bad Godesberg sind nur wenige Ausländer für den Karneval zu begeistern, wie Festausschusspräsident Christian Hüffel sagt. Ihm ist es vor allem wichtig, dass es Nachwuchs gibt - egal welcher Nation. Dafür steige am Karnevalswochenende so manche Party in der Stadthalle. In Beuel lassen sich die Ausländer in den Vereinen wohl auch eher abzählen. Das liegt laut Obermöhn Evi Zwiebler daran, dass die meisten Damenkomitees aus den katholischen Frauengemeinschaften entstanden sind. "So kommt dann der religiöse Aspekt hinzu." Doch hat Beuel schon zweimal eine Wäscherprinzessin aus der französischen Partnerstadt Mirecourt gehabt: Françoise (1968) und Lucy (1994).