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Zu Hause beim Bonner Prinzen Jürgen I.: Jede freie Minute gehört der Familie

Zu Hause beim Bonner Prinzen Jürgen I. : Jede freie Minute gehört der Familie

Ein großes Haus am Wald, der Film mit der Familie auf dem Sofa, Spaghetti Bolognese als Leibspeise: Zu Hause beim Bonner Prinzen Jürgen I. (Römer)

Wie lange dauert die Verwandlung in einen Prinzen? Genau vier Minuten, wenn die beiden Adjutanten helfen. Jürgen Römer weiß das, denn er ist in diesem Jahr Bonns oberste Tollität. Ein sensibler Mensch, der sich über seine Rolle im Karneval, Freud, aber auch Leid viele Gedanken macht.

In diesen Wochen bis Aschermittwoch macht sich der private Jürgen Römer rar. Ganz einfach, weil er ein paar hundert Termine im Ornat zu absolvieren hat und dies auch gerne tut. So genießt er die wenigen Stunden bei seiner Familie zu Hause in Röttgen. Natürlich freuen sich seine Frau Ingrun, die Zwillinge Frederike und Ludger (9) und Merit (11), wenn sich mal wieder der Schlüssel im Schloss dreht. Und vielleicht ist ja zwischendurch sogar mal ein bisschen Zeit, gemeinsam auf dem Sofa zu lümmeln und den Familienfilm auf Kika zu schauen. "Diese privaten Momente sind mir extrem wichtig", sagt Jürgen I. Und wenn es dann noch seine Leibspeise, Spaghetti Bolognese, samt einem Glas Rotwein gibt, ist das Prinzsein bis zum nächsten Termin vergessen.

Die Römers wohnen erst seit vergangenem Oktober in dem frisch renovierten Haus am Waldrand. Praktisch, da kommt auch Labrador Josi bei Spaziergängen nicht zu kurz. Auf Luxus kann Jürgen Römer dabei gut verzichten. "Ich weiß, wo ich herkomme. Ich bin der erste Studierte seit vielen Generationen", verweist er auf seine Handwerksfamilie, die ihren Ursprung in der Kuhl, also am Stiftsplatz hat. Das Einzige, was er dann doch für sich beansprucht, ist Platz - "viel Platz". Den gibt es im neuen Haus in Röttgen, vor dem in der Session jetzt ein Wachhäuschen der Bonner Stadtsoldaten steht, wirklich zur Genüge.

Bonns Prinz ist ein umtriebiger Mensch (siehe Lebenslauf). "Ich habe manchmal das Gefühl, zwei Leben gelebt zu haben." Dann wird er nachdenklich, auch weil ihm kurz vor der Proklamation am 9. Januar ein Trauerfall im engsten Freundeskreis das Bewusstsein geschärft habe. Nach dem Gottesdienst im Bonner Münster - die Ökumene liegt Römer am Herzen - habe Stadtdechant und Stadtsoldaten-Regimentspfarrer Wilfried Schumacher ihn in einem langen Gespräch wieder aufgebaut. "Der Prinz ist die Symbolfigur für den heiteren Blick aufs Leben", sagt Römer. "Ich mache das für die Bonnerinnen und Bonner. Und da zieht es ihn besonders in die Krankenhäuser, Senioren- und Kinderheime, Förderschulen und sozialen Einrichtungen. "Ich mache das auch für die großen Kinderaugen", sagt Römer. Das Thema Tod war bei seinem Auftritt in der Beethovenhalle auch noch präsent durch die Terrorakte in Paris. "Man muss sich vor Augen führen, dass das Leben viele Facetten hat. Der Rheinländer verbindet das, ohne dass es albern wirkt." Dann hielt Jürgen I. zum ersten Mal den Peias in der Hand. "Das war schon bewegend für mich", sagt er stolz. Es sei für ihn eine Ehre, auch als Mitglied des Stadtsoldatenelferrats, zu dem er 2010 stieß. Übrigens: Seine Litewka (Uniformjacke) anzuziehen, dauere mehr als doppelt solange wie das Ornat, acht bis zehn Minuten.

Jürgen Römer redet gern, viel und gut, wie er es auf der Proklamation bewies. Dabei gibt er viel von sich preis, ist sehr persönlich, was ihm auch für den Beruf wichtig ist. "Mir ist es im Leben so gut gegangen. Ich habe so viel Glück gehabt", sagt er. "Ohne meine Frau wäre ich nichts. Sie ist der ruhende Pol für mich." Die hatte er in Barcelona kennengelernt, als er sie auf die Schulter tippte, um nach einer Zigarette zu fragen. Als die Zwillinge zur Welt kamen, rauchten sie dann zusammen in Holland ihre letzte Zigarette - der Gesundheit wegen.

Die Römers reisen gern, auch wenn das Skifahren in diesem Jahr ausfällt - eine Bedingung, um Prinz zu sein. Zur Praxis radelt Jürgen I., er liebt das Wandern und vor allem das Segeln. Beim Golfen in der Natur "komme ich total runter. Das Zwitschern der Vögel beruhigt". Sein Handicap liege bei 56, und da dürfe es auch ruhig bleiben.

Am meisten freut sich seine Tollität nun auf den Rosenmontagszug und die direkte Begegnung mit den vielen Menschen. Er mag die ruhige Art seiner "netten, hübschen und aufmerksamen" Bonna Nora I. (Jordan).

"Ich mache mir über vieles Gedanken", hält sich Jürgen Römer manchmal für zu sensibel. Das sei die "rheinische Harmoniesucht". Ein Nachteil? Ach was. So was macht einen Bonner Prinzen doch erst sympathisch.

Zur Person

Jürgen Römer (51) ist auf dem Venusberg geboren und kam mit drei Jahren nach Röttgen. Dort ging er zur Schlossbachschule und wurde mit zehn Jahren Kinderprinz. Er hat vier Kinder, drei davon mit seiner Frau Ingrun (47).

Römer studierte Medizin in Pisa, Bochum und Bonn, zudem Sport an der Deutschen Sporthochschule Köln. Der Diplomsportlehrer machte seine Ausbildung zum Facharzt im Malteser Krankenhaus, es folgten die allgemeine, Herz- und Thoraxchirurgie sowie die orthopädische Facharztausbildung.

Sein Weg führte ihn nach Konstanz, in die Schweiz und nach Lüdenscheid. 2001 bekam er dann das Angebot, in eine Praxis in Rüngsdorf einzusteigen. "Die hatte ich bald allein übernommen", sagt Römer.