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Karneval in Bonn: Tannebüscher Jecke sagen den Straßenkarneval ab

Karneval in Bonn : Tannenbuscher sagen Straßenkarneval ab

Kein Zoch im kommenden Jahr: Die Tannebüscher Jecke sagen den Straßenkarneval ab. In den anderen Ortsteilen sind die Karnevalisten zuversichtlich, die Vorbereitungen für Kostüme und Wagen laufen.

Während bei vielen Bonner Karnevalsbegeisterten die Vorfreude auf die nahende Eröffnung der Session steigt, haben die Jecken in Tannenbusch am Mittwoch ein trauriges Lied angestimmt. „Wir haben lange überlegt“ – so beginnt die von Helmut Schmitz unterzeichnete Erklärung, in der er die frühzeitige Absage des Tannenbuscher Vierdelszugs bekannt gibt.

Einstimmig sei man bei der Bürger- und Karnevalsgesellschaft Tannebüscher Jecke zu der Entscheidung gekommen, auch im kommenden Jahr keinen Umzug durch den Stadtteil auszurichten. Statt der für den 19. Februar 2022 geplanten Rückkehr zum Straßenkarneval nach der Corona-Zwangspause 2021 siegte laut Schmitz am Ende eine Mischung aus schlechten Aussichten in Sachen Pandemie und finanziellen Risiken, die es für den Verein zu vermeiden gelte.

„Die unklare Lage, wie sich die Situation um das Corona-Geschehen entwickelt“, zählt der Präsident auf. „Die unklare Lage, unter welchen Bedingungen ein Zug überhaupt stattfinden darf, haben uns schweren Herzens zu dem Beschluss kommen lassen.“ Für Schmitz sei „davon auszugehen, dass die Inzidenzzahlen weiter steigen und damit auch die Bedingungen und Vorschriften noch verschärft werden“.

Bonner Festausschuss bedauert die Entscheidung

Marlies Stockhorst, Vorsitzende des Festausschusses Bonner Karneval, zeigt sich auf GA-Anfrage betrübt ob der wenig jecken Aussichten in Tannenbusch. Sie äußert gleichzeitig Verständnis für die Entscheidung: „Wenn ein Verein nach Bewertung der aktuellen Lage, der Risiken und der eigenen Kapazitäten zu dem Schluss kommt, dann ist das bedauerlich, aber nachvollziehbar.“ Ihr tue es leid um jedes ausfallende karnevalistische Angebot, das den Menschen eigentlich eine lange vermisste Freude bereiten solle. Die Bonner seien heiß auf das Lebensgefühl Karneval. „Sie an dieser Stelle enttäuschen zu müssen, tut sicher auch den Tannenbüscher Jecke weh“, denkt Stockhorst.

Die Festausschuss-Vorsitzende ist überzeugt, dass mögliche Auflagen im Zuge einer 3G-Regel auch für andere Veranstalter in den Bonner Vierteln ein heikles Thema seien. Stand jetzt müssen alle angemeldeten Zugteilnehmer ihre Gesundheit bei den Zügen 2022 nachweisen. Zudem sind behördliche Stichproben im Straßentrubel zu erwarten. Bis 1. Dezember 2021 müssen die Bonner Jecken-Vereinigungen ihre Züge anmelden. Aus Tannenbuscher Sicht sei es wenig sinnvoll gewesen, noch länger zu warten.

In anderen Ortsteilen ist man zuversichtlich

Andere Veranstalter, die nach der Pause in diesem Jahr einen Zug für 2022 planen, gönnen sich mehr Geduld zur Risikoabwägung. In Poppelsdorf etwa blickt Roland Stoll zuversichtlich auf den nächsten Streich seiner Karreschubser. Auch er äußert Verständnis für die Entscheidung von Schmitz und Co., für ihn und sein Organisationsteam bestehe derzeit aber kein Grund, die traditionell handgezogenen Prunkwagen vorzeitig im Depot zu lassen. „Wir können es uns aufgrund unseres Konzepts leisten, im Notfall auch kurzfristig abzusagen. Erst einmal bereiten wir uns so vor, als ob alles laufen kann“, sagt Stoll. In Poppelsdorf sind weder Tiere noch aufwendige Musikgruppen dabei, dafür gehen viele Kinder mit. Und noch mehr stehen üblicherweise am Straßenrand und brüllen nach Kamelle.

Sollten aber etwa Verpflichtungen für besondere Absperrungen oder ein allzu scharfes Regelwerk zur Nachverfolgung zur Auflage werden, müsse man neu denken, sagt der Mitorganisator. Auf dem Weg zu einer entspannteren Session trügen aktuelle Entwicklungen nicht bei, findet Stoll: „Die Abschaffung der Maskenpflicht halte ich für ein Unding.“

Auch in Lengsdorf ist der Zug laut Christoph Schada von Borzyskowski am Karnevalsfreitag 2022 im Moment nicht in Gefahr. Die Entscheidung in Tannenbusch kommentiert der Organisationsleiter des dortigen Zuges in erster Linie diplomatisch: „Jeder Ortsteil, jeder Veranstalter ist für sich selbst verantwortlich“. Man solle allerdings nicht zu schwarzmalen, findet Schada. „Ich könnte mir auch dank des Rückhalts unserer Mitglieder und Aktiven nicht vorstellen, zu diesem Zeitpunkt schon abzusagen.“

Mögliche Stichproben sorgen für Nachdenken

Mitte Oktober habe man Teilnehmer kontaktiert, bislang sei überwiegend Bereitschaft zum Mitmachen zu spüren – auch mit Blick auf die 3G-Nachweise. „Was die mögliche Kontrolle von Besuchenden des Zuges angeht, erhoffe ich mir möglichst zeitige Informationen“, sagt Schada. „Sowohl vom Land NRW als auch von der Stadt“. Im öffentlichen Raum seien die Karnevalisten schließlich nicht zuständig.

Der Ortsausschuss Endenich zählte im vergangenen Jahr zu den ersten Organisatoren, die ihre Veranstaltungen aufgrund der Pandemie-Situation absagten, darunter auch der Karnevalszug. Für Renate Torno, Vorsitzende des Ortsausschusses, kommt eine Absage derzeit nicht infrage: „Wir gehen mit einer anderen Ausgangslage in die Session. Viele Menschen sind geimpft. Aber selbstverständlich beobachten auch wir genau das Geschehen.“

Den November über behalte man sich die Bewertung der Lage vor, ehe man eine Entscheidung treffe: „Unsere traditionelle Haussammlung zur Finanzierung des Zuges können wir auch halbwegs kurzfristig noch durchziehen“, sagt Torno, „auf die Spendenfreude in Endenich können wir uns verlassen“. Der Rückzug der Tannenbuscher komme für sie überraschend, „womöglich hat man dort ein höheres Risiko zu tragen. Aber ich mag mir kein Urteil erlauben“.