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Keine Spitzensitzung unter 20 000 Euro

Keine Spitzensitzung unter 20 000 Euro

Die großen Stars aus Köln sind nicht so leicht zu buchen - Die Literaten setzen auch auf gute Nachwuchskräfte

Bonn. Endspiel bei der Handball-WM 2007. Willi Baukhage bekommt auf der Stadtsoldatensitzung in der Beethovenhalle einen Anruf. Die Höhner kommen erst mal nicht, musizieren noch bei der Siegesfeier in Köln.

Das Programm muss blitzschnell umgeschmissen werden, Schultheiß Josi Wild erhält die Nachricht über den heißen Draht auf der Bühne. "Da habe ich fünf Pfund abgenommen", sagt Baukhage, der als neuer Literat des Corps an diesem Sonntag selbst durch die Sitzung führt. Es ist nicht leicht, den fürs Publikum oft stimmungsvollen und lockeren Abend durchzustehen. Und auch zu organisieren.

Blötschkopp Marc Metzger oder Guido Cantz haben an den Wochenenden volle Terminkalender. Hängt die Sitzung, "muss man oft mit Engelszungen reden, dass die Künstler für ihren Auftritt bleiben", so Baukhage. Oder sie auch mal mit einem Glas Champagner bezirzen. "Die Bläck Fööss sind freundlich, auch mit einem Mettbrötchen zufrieden."

Die Verträge schreiben zehn bis 15 Minuten Karenzzeit vor. Wer nicht mehr auftreten kann, darf sein Geld nehmen und gehen. Wer zu spät anreist, hat dann kein Recht auf Gage. "Es ist aber ein Geben und Nehmen", sagt der Literat. Die Räuber etwa sagen oft: "Mer han Zick" - echte Karnevalisten. Bei kleineren Sitzungen wird der Redner oder die Gruppe übrigens oft noch bar beim Rausgehen bezahlt.

Und der Extra-Witz, die Zugabe, gibt's entgegen oftmals anderer Meinung gratis. Bei allem Kommerz: "Applaus ist das Brot des Künstlers", sagt Baukhage. Machen die Jecken mit, sind auch die Profis zufrieden. Schon jetzt steht das Programm der Stadtsoldatensitzung 2011.

Auch die Bonner Ehrengarde steht schon gut anderthalb Jahre vor dem Spektakel mit ihrer Agentur in Kontakt. "Es ist ein harter Job", sagt Peter Ortsiefer, der bis 2008 stolze 23 Jahre lang Literat der Rot-Weißen war. "Die Leute wollen die Spitzenkräfte aus Köln sehen. Aber es wird immer schwieriger, die zu kriegen." Einmal Köln-Bonn und zurück ist halt nicht immer lukrativ.

Und auch der Vorstand der eigenen Gesellschaft hat beim Programm noch ein Wörtchen mitzureden. Ortsiefers Tipp: "Auf guten Nachwuchs setzen." Das meint auch Wild. Er denkt, dass Lücken, wie sie etwa dat Botterblömchen hinterlassen hat, in der ersten Liga auch wieder geschlossen werden. Für ihn ist Tino vom Taxi ein Aufsteiger. Baukhage: "Bei den kleineren Sitzungen sind oft Leute dabei, denen man ein größeres Publikum wünscht." Selbst Typenredner seien da noch zu finden, etwa den kölschen Schutzmann Jupp Ment.

Gut 20 000 Euro kostet eine große Sitzung, sagt Ortsiefer. "Es geht um viel Geld", bestätigt auch Josi Thiebes, Literat der KG Wiesse Müüs. Die setzen neben der Agentur aber auch auf selbst gebuchte Kräfte wie etwa die Unkeler Ratsherren.

Durch Spenden, Kartenverkauf und Werbung in den Festschriften blieben nach einer Sitzung in der Beethovenhalle für den Verein meist noch ein paar Tausender übrig. Und die werden dann für Rosenmontag wieder ausgegeben: Prunkwagen kosten ordentlich Geld.

Das liebe GeldWelcher Künstler kriegt für 20 Minuten Programm wie viel? Übers Geld reden die Literaten nur hinter vorgehaltener Hand. So bekommt ein Top-Redner heute zwischen 1 200 und 1 500 Euro. Bei den bekannten Bands sind bis zu 3 000 Euro zu zahlen, sagen Insider.

Anders sieht es bei den Sitzungen der kleineren Vereine aus. Bis zu 750 Euro kostet da ein Auftritt - alles ist aber Verhandlungssache. Und steht mal ein Auftritt im Seniorenheim an: Da sagt der Karnevalist oft "lass stecken, dat mach ich umsöns".