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Interview: Marlies Stockhorst: "De Spass nemme mer ernst"

Interview : Marlies Stockhorst: "De Spass nemme mer ernst"

Bonns Festausschusspräsidentin Marlies Stockhorst verspricht eine Karnevalssession mit vielen Höhepunkten.

Bonn. Respekt, Anerkennung, Chapeau - so lauten die Antworten, wenn man in der bönnschen Karnevalsszene nach dem Verlauf des Premierenjahres von Bonns neuer Festausschusspräsidentin Marlies Stockhorst fragt.

Als eifrige Arbeitsbiene war sie seit Jahren bekannt. Dass sie aber auf dem großen Parkett eine gute Figur abgibt, das haben ihr einige im Vorfeld nicht zugetraut. Über das Jahr eins nach Vorgänger Horst Bachmann sprach Holger Willcke mit ihr.

General-Anzeiger: Haben Sie sich Ihr Amt so vorgestellt?

Marlies Stockhorst: Ja. Als Vize-Präsidentin war ich schon in alle wichtigen Dinge eingebunden. Deswegen wusste ich, was mich erwartet. Hinzugekommen sind viele Repräsentationstermine.

GA: Was hat sich im Festausschuss unter Ihrer Führung geändert?

Stockhorst: Ich habe die Hierarchie flacher gestaltet, die Verantwortung auf mehrere Schultern verteilt. Die Mitarbeiter sind jetzt Kollegen und müssen in ihrem Arbeitsfeld Verantwortung übernehmen und selbst entscheiden.

GA: Der Festausschuss gilt in der Öffentlichkeit oft als unbeweglich, hausbacken und zu traditionsbewusst. Wollen Sie an diesem Image etwas ändern?

Stockhorst: Diese Meinung kann ich natürlich nicht teilen. Richtig ist aber, dass der Festausschuss zukunftsfähigere Strukturen erhalten muss. Wir benötigen eine moderne Datenbank, eine aktuelle Internetpräsenz, und unsere Arbeit muss für die Vereine und Menschen transparenter werden. Und daran arbeiten wir derzeit.

GA: Als Ihr Vorgänger Horst Bachmann 2010 den ehemaligen CDU-Bundestagsabgeordneten Stephan Eisel als neuen Vize-Präsidenten vorgestellt hat, schluckten viele Bonner Karnevalisten. Nicht wenige haben ihn für eine Fehlbesetzung gehalten. Wie steht es um Ihre Zusammenarbeit?

Stockhorst: Ich bin von ihm begeistert, ganz ehrlich. Er ist ein Pragmatiker. Er redet nicht viel, dafür handelt er. Sein Spruch lautet immer: 'Unter Horst war es so, jetzt ist es aber so.' Daran mussten sich viele Kollegen erst gewöhnen.

GA: Von Jahr zu Jahr muss der Festausschuss finanziell den Gürtel enger schnallen. Wie sieht es aktuell aus?

Stockhorst: Da wir keine Einnahmen haben, müssen wir um jeden Euro fragen. Unser Etat beträgt 440 000 Euro, davon sind deutlich weniger als zehn Prozent Zuschüsse der Stadt Bonn. Ich danke allen Sponsoren, den großen Unternehmen, den Mittelständlern und den Familienbetrieben sowie den vielen Einzelpersonen für ihre Spenden, ohne die der bönnsche Fastelovend nicht finanzierbar wäre.

GA: Die Prinzenproklamation hat sich in den vergangenen Jahren gemausert. Früher musste man die Eintrittskarten mühevoll anpreisen. Was hat sich geändert?

Stockhorst: Seit mindestens fünf Jahren stellen wir ein gutes Programm zusammen, das hat den Ruf der Veranstaltung deutlich verbessert. Die Proklamation ist wieder ein gesellschaftliches Ereignis, zu dem man hin muss. Wir haben für 2012 mehr Anfragen als Karten. Aber unser Credo bleibt: Die Prinzenproklamation muss für jeden bezahlbar bleiben.

GA: Der Karneval stößt immer dann auf Kontaktschwierigkeiten, wenn Vereinsfunktionäre jungen Menschen verstaubtes Brauchtumsgehabe aufzwingen wollen. Wie wollen Sie die Jugend fürs Brauchtum begeistern?

Stockhorst: Wir gehen seit 2010 auf diesem Gebiet neue Wege und wollen Kinder und Jugendliche für den Fastelovend gewinnen. Wir haben die Veranstaltungen wie Jeck op Pänz und Loss mer singe für Pänz initiiert. Beide kommen gut an. Auch der Bönnsch-Unterricht in den Schulen erfreut sich wachsender Beliebtheit. In der vergangenen Session haben 47 Schulklassen daran teilgenommen. Die Kunst ist, für den Nachwuchs eine attraktive Mischung aus Brauchtumsveranstaltung und Karnevalsfete anzubieten.

GA: Was dürfen die Bonner von der Session 2012 erwarten?

Stockhorst: Ein hoch motiviertes Prinzenpaar mit bönnschen Wurzeln, neben den vielen etablierten Veranstaltungen eine zweite Auflage der Karnevalsmesse auf dem Münsterplatz, eine ganz besondere Kölschglas-Edition, die aus einer Kooperation mit der Sparkasse KölnBonn, dem Festkomitee Kölner Karneval und des Bonner Festausschusses entstanden ist, und zwei Karnevalslesungen im Metropol-Kuppelsaal der Buchhandlung Thalia.

Zur Person: Marlies Stockhorst wurde 1950 in Bonn geboren. Sie wuchs in Endenich auf. Gemeinsam mit Ehemann Bruno hat sie einen Sohn und eine Tochter. Seit 1991 ist die gelernte Bankkauffrau Präsidentin des Damenkomitees Lustige Bucheckern.

Seit 1994 arbeitet sie im Festausschuss Bonner Karneval mit, dessen Präsidentin sie seit 2010 ist. Ihre Hobbys sind Karneval und Theater. Lebensmotto: "De Spass nemme mer ernst."

Info: Am Freitag, am 11.11. pünktlich um 11.11 Uhr, beginnt auf dem Bonner Marktplatz die fünfte Jahreszeit. Bereits um 10.25 Uhr starten die Karnevalisten ihr musikalisches Aufwärmprogramm. Wer nicht live dabei sein kann, kann über die Webcams einen Blick auf den Markt werfen.