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Straßenkarneval in Bonn: Sechs Hamburger Mönche missionieren an Weiberfastnacht

Straßenkarneval in Bonn : Sechs Hamburger Mönche missionieren an Weiberfastnacht

Ulli Polligkeit und seine Freunde feiern seit zehn Jahren Karneval in Bonn – immer im Mönchskostüm. Allerdings funktioniert die Anreise nicht immer reibungslos.

Im Sudhaus lieben sie die Mönche. Als Abt Wolfgang und seine fünf Mitbrüder an Weiberfastnacht in ihren Kutten einmarschieren, spielt der DJ die Hymne ihrer Stadt: „Hamburg, meine Perle“. Bis Mitte letzten Jahres war der Song aus dem Stadion des HSV nicht wegzudenken, jetzt ist er Geschichte. Genau wie die Stadionuhr, die zeigte, wie lange der Verein bis zum Abstieg in der Bundesliga gespielt hatte.

Seit zehn Jahren kommen die Hamburger nun pünktlich zum Beginn des Straßenkarnevals nach Bonn. Kneipenhopping kommt für sie nicht in Frage. Sie bleiben dem Gasthaus und seinem Wirt Rolf Hiller ebenso treu wie ihren Kutten.

Die brennendste Frage: Was machen die Hamburger im rheinischen Karneval? Die Antwort ist – leider – ganz einfach. Uli Polligkeit ist gebürtiger Bonner und zog vor knapp 20 Jahren in die Hansestadt. Als typischer Rheinländer fühlte er sich der Brauchtumspflege verpflichtet. „Ich bin missionarisch tätig geworden“, erzählte Bruder Uli. Und so bekehrte er nach und nach einige Einheimische. Als es dann ans Eingemachte ging, er ihnen also diesen Karneval zeigen wollte, von dem er die ganze Zeit sprach, da musste auch ein passendes Kostüm für alle her. „Aber im Fischerkittel zu gehen, fanden wir zu langweilig“, so Wolfgang Schnitter. Sie trugen Polligkeits missionarischem Eifer Rechnung und wählten die Mönchskutte – und Schnitter als Ältesten zum Abt.

„Obwohl wir Norddeutsche sind, sind wir auf Frohsinn eingestellt“, sagte der. Dass die Hamburger nicht spaßbefreit sind, weiß auch die Große Dransdorfer Karnevalsgesellschaft, die ja schon 1987 dort eine gut funktionierende Außenstelle eröffnet hat. Von der haben die Mönche – ein Katholik, ein Protestant und vier, die keiner Kirche angehören – noch nie etwas gehört.  Aber der Abt ist überzeugt: „Im Missionieren sind wir die Besten.“ Die kleine Bruderschaft ist in den letzten Jahren fleißig gewachsen, einige sind aber in Hamburg geblieben, weil ihnen der rheinische Straßenkarneval doch nicht liegt.

Oder vielleicht das Kölsch, das aber den Mitgereisten gut genug ist. „Wir sorgen dafür, dass es nicht Alt wird“, witzelte Bruder Frank. Bruder Thomas schmeckt es zwar nicht, aber er trinkt es, weil es dazugehört. Er kam vor vier Jahren dazu und möchte auf die Ausflüge nach Bonn mit Übernachtung nicht verzichten. Nach Köln wolle er nicht, von Freunden habe er gehört, dass Weiberfastnacht dort zu viel Trubel sei. Bonn sei nett, überschaubar und irgendwie familiär, das gefalle ihm, sagte er.

Die Gruppe hat schon mal den Beueler Rathaussturm miterlebt, aber die Mönche bleiben doch lieber standorttreu, beobachten das Treiben der Jecken auf dem Friedensplatz und die lange Schlange vor dem Sudhaus-Eingang. Man kenne dort inzwischen viele Gesichter, weil immer die gleichen Leute dorthin kämen, sagte Bruder Uli.

Die Gruppe, besteht aus einem Steuerberater, drei Rechtsanwälten, einem Bankdirektor und dem Inhaber eines Sanitärfachgeschäfts. In Hamburg treffen sie sich auch privat, aber die Touren nach Bonn sind das, was sie zusammenschweißt. „Wir freuen uns 364 Tage lang darauf herzukommen“, so Abt Wolfgang. Wenn man denn zusammenkommt. „Es ist schon mal einer zu weit gefahren“, erinnerte er sich. Der Mitbruder war im Zug eingeschlafen.