Vierdelszüge in Bonn : So bunt waren die Züge in Endenich, Poppelsdorf und Buschdorf
Bonn Nach den Wochen des Sitzungskarnevals stehen die Jecken in den Startlöchern, um die Straßen zu erobern. Bunter und lauter Trubel herrschte am Sonntag in Endenich und Poppelsdorf, am Samstag in Buschdorf.
Jötterfunke sieht man dieser Tage überall, immerhin ist BTHVN-Jubiläumsjahr. In Endenich tauchte beim Karnevalszug eine Schar Beethovens auf und fragte empört: „Wo sin ming ‚O’ un minge ‚E’s jebliwwe?“ Die Gruppe Endenicher Familije Fiere Fastelovend, kurz E.F.F.F, hatte sich das ausgedacht. Sie war eine der 39 Gruppen, die am Sonntag mit durch die Straßen gingen, vorbei an einer großen Jeckenschar, wie man das aus Endenich gewohnt ist.
Und die Zuschauer bekamen einiges zu sehen. Der Endenicher Ortsausschuss feierte auf dem ersten Wagen sein 100-jähriges Bestehen. Das Outfit des Damenkomitees Lustige Bucheckern erinnerte an Klaviertastaturen. Gartenzwerge, Endenicher Superhelden, Märchenfiguren, Olympioniken und jecke Flämmchen zogen durch Endenich, die Kessenicher Steam-Punk-Gesellschaft stellte auch hier den kreativsten Wagen und die Kolpingsfamilie hatte wieder ihre rollende Reibekuchen-Bräterei mitgebracht.
Den Abschluss machten die Partyköche Endenich. Einer von ihnen fehlte: Dirk Leischner gab auf der mobilen Bühne vor der Endenicher Burg den DJ für die After-Zoch-Party. Die hat sich seit einigen Jahren eingebürgert, eigentlich waren auch immer Spökes als Live-Band dabei. Nicht in diesem Jahr: Da hatte die Combo einen Auftritt in der Niederrheinhalle Wesel. Aber die Tradition wieder einschlafen lassen wollte Leischner nicht: „Es muss weitergehen.“
Und die Endenicher hatten Glück: Die Lehrerband Jedöns, die sich in der Session 2018 im Ernst-Moritz-Arndt-Gymnasium gegründet hatte, sollte eigentlich in Pulheim-Stommeln auf dem Prinzenwagen mitfahren. Weil dieser Karnevalszug wie viele andere nördlich von Bonn sturmbedingt abgesagt wurde, hatten sie Zeit und fragten vor Zugbeginn spontan an. Alles kein Problem, und so unterhielt die Gruppe nach dem Zug die Leute vor der Endenicher Burg.
■ Wo man weder Prunkwagen noch Musikgruppen hat – und schon gar keine Tollitäten –, da kann man sich im Karneval stattdessen eine politische Botschaft erlauben: in Poppelsdorf. In diesem Sinne machten die Melbbadfreunde am Sonntag deutlich, was sie von Bauvorhaben an dem beliebten Freibad hielten: „Wir wollen keinen grauen Klotz vorm Bad.“ Die Poppelsdorfer Karreschubser als Veranstalter konnten sich wieder über regen Zulauf beim neunten Karnevalszug durch den Ort freuen. Auch weil einige neue Gruppen dabei waren. Etwa der erste Fußball- und Karnevalsclub Poppelsdorf, der 2017 gegründet wurde.
Auch die Fachschaft Biomedizin der Universität Bonn machte zum ersten Mal mit. Auf ihren weißen Kitteln hatten die Studenten diverse Krankheitserreger aufgemalt – ob man sie so unterm Mikroskop sieht? Auch Covid-19, das aktuelle Corona-Virus, war mit von der Partie, unter anderem präsentiert von Isabel und Friederike. Ins Lächerliche ziehen wollten sie das nicht, stellten sie klar. „Aber man darf im Karneval auch aktuelle Themen ansprechen.“ Ansonsten sah man Erwachsene, die auf Kinderfahrrädern durch Poppelsdorf fuhren, eine kurfürstliche Schlossgesellschaft, Schlossgespenster von der Clemens-August-Schule, Jötterfunke aus dem Weltraum und vieles mehr.
■ Tausende Jecken kamen zum 44. Vierdelszoch nach Buschdorf. Beim „echten Dorfkarneval“ gab es viele kleine Partys in Garagen, Vorhöfen und auf Balkonen. Wer nicht am „Zoch“ wohnte, genoss das Treiben am Straßenrand. Und die Schaulustigen bekamen einiges vor die Linse: ein fahrendes Spielcasino, eine Sambatruppe, gepflückte Äpfel, die Germania Funken, und ein Piratenschiff, das samt Besatzung durch die Straßen schwappte.
„Das Besondere am Buschdorfer Karneval ist unsere Brauchtumspflege“, erzählte Chefadjutantin Petra Prell. „Wir lassen uns nicht von Ballermannmusik beeindrucken, sondern singen die alten Lieder und holen dabei die Familien aus den Häusern; gemeinsam wird dann gefeiert und getanzt“, sagte das Vorstandsmitglied des Karnevalsausschusses. Mit dem Vierdelszoch hatte das Buschdorfer Prinzenpaar Dirk II. und Nicole I. wohl auch ihr Highlight der Session. „Es fühlt sich so an, als ob wir heute nochmal heiraten würden“, erzählte die Prinzessin. Das Paar hatte sich im Mai 2018 da Jawort gegeben.
