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Auf dem Wagen mit den Bönnschen Funkentötern: „Unglaublich, was hier los ist“

Auf dem Wagen mit den Bönnschen Funkentötern : „Unglaublich, was hier los ist“

Seit 50 Jahren gibt es die Bönnschen Funkentöter, seit 2005 fahren sie im Rosenmontagszug mit. Im Jubiläumsjahr durfte ein GA-Reporter mitfahren: vom Start an der Rabinstraße bis zum Ziel - und ein wenig darüber hinaus.

Es ist die fünfte Runde, die der Wagen der Bönnschen Funkentöter gegen 15.45 Uhr um den Potsdamer Platz dreht, als die Höhner erklingen. „Pass op, pass op Prinzessin! Dat Krokodil well Dich fressen!“, schallt es durch den fast leeren Kreisel. Und alle singen mit. 14 Mitglieder der Karnevalsgesellschaft und fünf ihrer Partnerinnen. Aber auch die 14 Wagenengel sind dabei. „Das hat bei uns Tradition“, sagt Vorstandsmitglied Marco Lichti. Zusammen feiern sie den Zoch. „Und wie war er?“, fragt der GA-Reporter, der zum 50-jährigen Bestehen der Funkentöter mitfahren durfte. Die Urteile reichen von „Hammer“, über „super“ bis „einmalig“. Marcel Nawa sagt: „Ich hab die Stadt noch nie so voll gesehen.“

Für Michael Prinz war es eine Premiere. Seit 30 Jahren ist er bei der Feuerwehr, erst in Duisdorf, jetzt in Alfter, viele Jahre ist er bei den Funkentötern, doch an diesem Rosenmontag zum ersten Mal im Zoch dabei. Denn bisher hatte der Bundespolizist immer Dienst. „Jetzt ist bei uns ein echter Prinz auf dem Wagen“, stellt sich der 45-Jährige mit einem Augenzwinkern vor. 13.10 Uhr ist es, als sich der Funkentöter-Wagen von der Noeggerathstraße kommend in den Zoch einreihen darf. „Pass op, pass op Prinzessin …“, heißt es da auch schon.

Wagenengel sorgen für Sicherheit

Das Motto gilt natürlich besonders für die 14 Wagenengel. Leon Schumpe (23) und Nicole Liebram (22) von den Freiwilligen aus Alfter sind zum ersten Mal im Bonner Rosenmontagszug dabei. „Wir passen auf, dass kein Kind unter den Wagen läuft“, sagt die junge Feuerwehrfrau. Ihre Bewährungsprobe kommt später. An der Thomas-Mann-Straße ist alles noch easy. Mit vollen Händen wirft Präsident Frank Hofmann aus seiner Kanzel Kamelle, Schokoriegel, kleine Kuchen oder Flips. Direkt davor thront Grisu, der kleine grüne Drache. Den hat Jenny Kessler vor ein paar Jahren aus Pappmaschee gefertigt. Durch die Nasenlöcher wird immer wieder Nebel auf das jecke Volk gesprüht.

An der Münsterstraße wartet die Familie von Michael Prinz. Ehrensache, dass er dort die Jecken besonders bedenkt. Kurz vor dem Münsterplatz stockt der Zoch zum ersten Mal. Markus Anton ist seit einigen Jahren dabei, aber so voll hat er den Zugweg noch nie erlebt: „Man merkt, dass die Leute wieder richtig Lust auf Karneval haben.“ Dazu die Sonne und die frühlingshaften Temperaturen. „Ein Traum“, entfährt es ihm.

Doch nicht übermütig werden, heißt Antons Motto. „Beim ersten Mal hab ich den Fehler gemacht, am Anfang zu viel zu werfen.“ Für den hinteren Teil des Zugwegs habe er dann zu wenig gehabt, „denn die Altstadt zieht sich“, weiß er inzwischen. Es geht über den Münsterplatz und die Remigiusstraße auf den Marktplatz und durch die Sternstraße. Das Bild der Jecken am Straßenrand bleibt bunt: Piraten sind dort zu sehen, Bären, Seeleute, Menschen in Sträflings- oder Bananenkleidung, SEK-Leute, wunderschön geschminkte Clowns oder auch Prinzessinnen.

 In Winkweite mit den Feuerwehr-Kollegen: Die Funkentöter Michael Prinz (links) und Pascal Janssens in der Nähe des Frankenbads.
In Winkweite mit den Feuerwehr-Kollegen: Die Funkentöter Michael Prinz (links) und Pascal Janssens in der Nähe des Frankenbads. Foto: Bernd Eyermann

Dankeschön kommt gut an

Als der Wagen Richtung Friedensplatz fährt, ruft die Kommentatorin per Mikrofon den Funkentötern zu: „Wir danken Euch, dass Ihr da seid, wenn wir Euch brauchen.“ Markus Anton hält kurz inne beim Kamellewerfen. Der 44-Jährige ist seit 25 Jahren beim Katastrophenschutz tätig, erst beim Roten Kreuz, später bei der Feuerwehr. „Es ist einfach schön, mal so etwas zu hören“, sagt er und fügt hinzu: „Danke wird heutzutage immer weniger gesagt.“

Die eine oder andere Kamelle wirft der GA-Reporter auch. In der Friedrichstraße trifft er mit einem Schokoriegel unglücklich den Hinterkopf eines Jungen (etwa neun oder zehn Jahre alt). Der dreht sich mit schmerzverzerrtem Gesicht zu seiner Mutter um. Für ein „Entschuldigung“ ist der Wagen leider schon wieder zu weit weg. An der Ecke Bonngasse wird es zum ersten Mal eng, doch die Jecken sind diszipliniert. Leon und Nicole müssen noch nicht einschreiten.

Es geht auf die Kölnstraße, das längste Geradeausstück des Zugwegs. Am St. Johannes-Hospital sei es vor Corona schon mal recht leer gewesen, erzählen erfahrene Funkentöter. Doch diesmal stehen selbst hier die Jecken in Siebener- oder Achterreihen hintereinander. „Unglaublich, was hier los ist. Der Zoch in diesem Jahr ist etwas ganz Besonderes“, sagt Lichti. Die Menschen haben karnevalistischen Nachholbedarf. Fast nur fröhliche Gesichter sind vom Wagen auszumachen – jedenfalls so lange Kamelle geworfen werden. Doch langsam muss gespart werden, damit am Schluss auch noch etwas da ist. Und so macht manch ein Jeck ein missmutiges Gesicht, wenn statt Kamelle ein Lächeln oder ein Winken vom Wagen kommt.

Energisches Auftreten in der Altstadt gefragt

In der Heerstraße wird es eng. Der Trecker fährt vorsichtig um die Verkehrsinseln herum. Und dennoch ist es an manchen Ecken ganz schön haarig. Die Jecken stehen bis ganz vorn. Wie Slalomfahrer die Stangen beim Skifahren aus dem Weg stoßen, müssen sich auch Leon und Nicole breitmachen und die Jecken aus der Gefahrenzone schieben. Wo auch das nicht mehr hilft, haut Marco Lichti von oben drei oder vier Mal auf den Wagen, ruft mehrfach energisch „Zurück!“, bis die vorwitzigen Menschen am Straßenrand spuren. Doch das sind Ausnahmen. Beim närrischen Volk wie bei den Funkentötern überwiegt die Freude am karnevalistischen Treiben.

Am Frankenbad stehen die Feuerwehrkollegen im Dienst, ja einige sitzen sogar auf der Drehleiter. Ein gegenseitiges Zuwinken, mehr ist allerdings nicht drin. Die letzten Meter Richtung Dorotheenstraße beginnen. Für Prinz, den Neuling auf dem Wagen, soll es nicht das letzte Mal gewesen sein. Sein Motto: „Wenn Du es einmal gemacht hast, musst Du es auf jeden Fall nochmal machen. Das ist jetzt schon Tradition“, meint er. Hinter der Zieleinfahrt steigen die Wagenengel dazu. Leon und Nicole sind trotz der brenzligen Szenen in der Altstadt zufrieden. „Es war ein toller Rosenmontag“, sagen beide. Im nächsten Jahr wollen sie wieder dabei sein.