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Nach dem Gipfel: Wie es mit dem Karneval in Bonn und der Region weitergehen soll

Nach dem Gipfel : Wie es mit dem Karneval in Bonn und der Region weitergehen soll

Künstler, Offizielle und Veranstalter in der Region blicken nach der Absage von Sitzungen und Zügen nach vorn. Sie wollen kleinere karnevalistische Formate entwickeln, die mit den Corona-Regeln kompatibel sind. Vieles ist noch unklar, auch wie es mit „Bonn steht Kopp“ weitergeht.

Traurig sind sie schon, die Karnevalisten aus Bonn und der Region. Aber nicht am Boden zerstört. Denn mit der Entscheidung hatten sie gerechnet. Angesichts der wieder steigenden Corona-Infektionszahlen werden in der Session 2020/21 keine Karnevalszüge durch die Städte und Dörfer ziehen, auf große Prunksitzungen und Proklamationen müssen die Narren ebenfalls verzichten. Darauf hatten sich die Präsidenten der Festausschüsse aus Bonn, Köln, Aachen und Düsseldorf am Freitag beim Karnevalsgipfel in Köln geeinigt. Doch Karnevalisten sind auch Realisten. Sie wollen nun nicht länger den ausfallenden Großveranstaltungen nachtrauern, sondern den Blick nach vorne richten und kleinere karnevalistische Formate entwickeln, die mit den Corona-Regeln kompatibel sind.

„Back to the roots“, zurück zu den Wurzeln des rheinischen Fastelovends, ist für Marlies Stockhorst eine Möglichkeit, aus der Misere herauszukommen. Die Präsidentin des Festausschusses Bonner Karneval, in dem 80 Vereine organisiert sind, schlägt eine Rückkehr zu „mehr gesprochenem Wort“ vor, also einen stärkeren Redner-Akzent. Sie sagt über die Zusammenkunft am Freitag, es habe klare Signale gegeben, in welche Richtung es nun gehe. Und weiter: „Wir werden die Inhalte des Arbeitsgespräches und mögliche konkrete Auswirkungen auf Entscheidungen für den Bonner Karneval nun zunächst im Vorstand, danach mit den Mitgliedsvereinen im Festausschuss und dann auch mit Saalbetreibern und Künstlern und deren Agenturen besprechen.“

Am Montag treffen sich die Karnevalisten im Haus der Springmaus

 Volles Haus, die Narren dicht gedrängt an den Tischen: Solche Bilder, wie hier bei einem Auftritt der Band Köbesse 2019, wird es in dieser Session nicht geben.
Volles Haus, die Narren dicht gedrängt an den Tischen: Solche Bilder, wie hier bei einem Auftritt der Band Köbesse 2019, wird es in dieser Session nicht geben. Foto: Firley/Ingo Firley

Die Versammlung mit Vertretern der Mitgliedsvereine soll schon am Montag im Haus der Springmaus stattfinden. Stockhorst weiter: „Wir sind bereits im engen Austausch und versuchen gemeinsame konstruktive und kreative Lösungen zu finden. Für uns alle steht die Gesundheit aller Besucherinnen und Besucher und der Mitwirkenden an erster Stelle. Neues Denken ist auch im Karneval gefragt.“

Ihr Kollege Christoph Kuckelkorn, Chef des Festkomitees Kölner Karneval, zeigte sich am Samstag auf der Pressekonferenz der rheinischen Karnevalisten in Köln erleichtert, dass jetzt Rechtssicherheit und Planbarkeit erreicht seien, die den Weg frei machten für Kreativität und kleinere, sicherere Formate. Große Bälle, Sitzungen und Züge seien nun zwar abgesagt, aber nicht der Karneval an sich. Kuckelkorn bemühte einen Vergleich: „Weihnachten fällt ja auch nicht aus, wenn keine Weihnachtsmärkte stattfinden.“

Veranstalter Wolfgang Pütz will „Bonn steht Kopp“ noch nicht absagen

Wolfgang Pütz ist Inhaber und Geschäftsführer der Troisdorfer Pütz-Gruppe. Das Unternehmen ist Partner des Bonner Festausschusses und unterstützt die Arbeit der angeschlossenen Vereine auch finanziell. Pütz hat das Format „Bonn steht Kopp“ vor 15 Jahren entwickelt. Zunächst im Beueler Brückenforum vor 1500 Besuchern. Weil die Nachfrage stetig stieg, zog die Show mit allen Stars des Köln-Bonner Karnevals 2016 in den Telekom Dome um. Seitdem ist die 6000 Gäste fassende Halle in jeder Session an drei Tagen hintereinander ausverkauft. So sollte es auch im Februar 2021 sein: Die Bläck Fööss, die Höhner, Kasalla, Cat Ballou, Brings und viele andere vor vollem Haus.

Doch daraus wird nun wohl nichts, wie Pütz befürchtet. „Ich mache das ganz oder gar nicht“, sagt er. Eine solche Veranstaltung mit nur 1200 Gästen sei finanziell, aber auch von der Stimmung her, nicht darstellbar. Offiziell absagen wolle er „Bonn steht Kopp“ jetzt aber, fünf Monate vorher, noch nicht. Denn er sieht noch eine kleine Restchance, falls die Corona-Infektionszahlen sinken sollten oder bald ein Impfstoff bereitstehe.

Denn wie schnell sich eine Situation ändern könne, habe man gerade wieder beim Fußball gesehen. Zunächst hieß es, die Bundesligastadien dürften zu 20 Prozent gefüllt werden. So freute sich FC-Fan Pütz darauf, sein Team endlich wieder live im Stadion gegen Hoffenheim zu sehen, doch dann kam die Absage, weil die Infektionszahlen in Köln gestiegen waren. Für Pütz hat der deutsche Profifußball „vorbildlich und verantwortungsvoll gezeigt, wie es gehen kann“.

Redner-Frühschoppen statt großer Prunksitzung

Der Manager bedauert die Absage der großen Veranstaltungen, zeigt aber auch Verständnis: „Die Gesundheit der Besucher und Künstler geht vor.“ Nun bastelt Pütz an kleineren Formaten, etwa im Brückenforum in Zusammenarbeit mit Jürgen Harder. Ein solches Format könne etwa ein Redner-Frühschoppen sein. Nach seiner Einschätzung sind die Künstler hinsichtlich ihrer Gagen zu Kompromissen bereit, nach dem Motto „Besser wenig als gar nichts“.

In Existenznot gerät die Pütz-Gruppe durch die Kölner Entscheidung nicht. Dafür sei das Unternehmen in anderen Geschäftsfeldern breit genug aufgestellt, habe im Telekom Dome einen zuverlässigen Partner und stehe auch mit Künstlern und Agenturen im regen Austausch. Pütz: „Ich fange jetzt nicht an zu kühmen. Ich setze auf 2022. Bitter ist es aber für die Künstler.“

Rumjammern will auch Erik Meyer nicht. Der Keyboarder der Band Köbesse („Kölsche Mädche“, „Nix zo verliere“), der in Alfter-Impekoven lebt, sagt: „Wir haben mit dieser Entscheidung ja schon lange gerechnet und uns damit abgefunden, dass der Karneval, wie wir ihn kennen, so nicht stattfinden kann.“ Abstand halten sei ja auf der Bühne kein Problem, aber für die Zuschauer schon.

Die Köbesse lassen den Hut rumgehen

Beim Konzert Anfang September im Park der Villa von Sayn in Rheinbreitbach habe die Band die Erfahrung gemacht, dass auch mit wenig Publikum tolle Stimmung aufkommen könne. Meyer steht hinter der politischen Entscheidung, „denn es wäre unverantwortlich, alles wie bisher laufen zu lassen“. Er wisse aus eigener Erfahrung, wie schnell man sich in einem vollen Saal schon mit dem bekannten Grippevirus anstecken könne. Für die Band, die pro Session an die 100 Auftritte absolviert, sei die Absage zwar schade, stürze die Musiker aber nicht in existenzielle Not. Denn alle seien neben der Musik noch berufstätig. „Sehr bitter ist es dagegen für die Künstler, die allein vom Karneval leben, und für die Bühnentechniker und Roadies.“ Superstars wie Brings, die Bläck Fööss oder die Höhner hingegen könnten entgangene Gagen durch Gema-Gebühren auffangen.

Ein kleines Format mit 100 bis 150 Zuschauern kann laut Meyer so aussehen: Der Veranstalter zahlt keine Gage, dafür lassen die Künstler nach dem Auftritt „den Hut rumgehen“. Meyer: „Wir haben das mal gemacht, da kommt auch was zusammen.“ So soll es auch sein, wenn die Köbesse am 9. und 10. Oktober im Einkehrhäuschen im Siebengebirge auftreten.