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Fleißkärtchen für die Kenner des Brauchtums

Fleißkärtchen für die Kenner des Brauchtums

Endenicher Springmaus verwandelt sich in die "steinahl Schull" - Jecke Weiber lassen in Lessenich die Männer vor den Türen warten

Hardtberg. Am Samstag bestimmte der Karneval das Geschehen in vielen Dorfsälen und lieferte den Beweis: Das Brauchtum lebt.

Endenich. (voj) Strenge Sitten herrschten am Samstagabend im Haus der Springmaus. Das Damenkomitee Lustige Bucheckern hatte den Saal in die "steinahl Schull" aus der "Kayjass Nummero Null" verwandelt und luden ihre Gäste zum Karnevalsunterricht anno 1900 ein.

Präsidentin Marlies Stockhorst spielte die strenge Lehrerin Fräulein Welsch und hatte neben den 30 Pennälern auf der Bühne noch einmal 300 Gastschüler im Saal, die sich rege am Unterricht zu beteiligen hatten. Wer etwas wusste, bekam ein Fleißkärtchen, wer sich daneben benahm, musste sich in die Ecke stellen.

Inhaltlich drehte der außergewöhnliche Unterricht ausschließlich um den rheinischen Karneval und allem, was damit zu tun hat. So lehrte Fräulein Welsch bönnsche Geschichte und karnevalistische Liedtexte. Gesungen wurde in dem Klassenzimmer viel, und zwar hatten die Bucheckern vor allem die alten Karnevalsklassiker ausgegraben, bei denen auch die Gastschüler kräftig mitsangen.

Zwischendurch besuchte der Kölner Karnevalsphilosoph Wolfgang Oelsner als Schulrat den Unterricht, um Lehrreiches über den rheinischen Karneval zu erzählen. Jedoch überbrachte er oft schlechte Nachrichten vom Schulministerium aus Düsseldorf, das meistens etwas am kölsch-bönnschen Unterricht auszusetzen hatte.

Schließlich sei es fraglich, ob man Beethoven und Willi Ostermann in einem Atemzug nennen könne und ob Goethe tatsächlich ein Gedicht über den kölschen Karneval geschrieben habe. Die Zuschauer haben am Samstag einiges über den Karneval gelernt und dabei auch noch viel zu Lachen gehabt. Und der Pedell (Giesela Luginsland) sang immer wieder so schön, dass das ganze Klassenzimmer einfach mitschunkeln musste.

Von der guten Stimmung im Saal konnten sich später auch die designierten Bonner Tollitäten Rico I. und Ina I. überzeugen. Zum Schluss kamen sogar die Kribbelköpp in die Schulklasse und gaben noch eine kleine Gesangsstunde.

Lessenich. (poc) Viele bunt gekleidete Frauen steigen auf Stühle, stampfen auf den Boden und trommeln auf den Tischen. Die stickige Luft fällt den wenigsten auf. Durch die Lautsprecher schallen die Karnevalsschlager, und die weiblichen Jecken lassen sich von den männlichen Laufburschen bedienen.

Das Kellnerdasein ist die einzige Möglichkeit für das andere Geschlecht, schon vor 19:30 Uhr bei der Frauensitzung in der Lessenicher Mehrzweckhalle dabei zu sein. Kerstin Pianka ist stolz auf ihre Kolleginnen, den überfüllten Saal und die ausgeprägte Partystimmung. Die Entwicklung des Frauenkomitees der letzten Jahrzehnte sieht sie als einzigartige Erfolgsgeschichte an.

Trotz des Ausmaßes bleibt es in Lessenich familiär. Man kennt sich. Den Großteil des Programms gestalten die Damen aus Lessenich, Messdorf, Endenich und Duisdorf selbst. Uschi Rütsch und Marlies Reuter ziehen in ihrer Büttenrede über die männlichen Eigenheiten im Alltag her und ernten dafür reichlich Zustimmung. Auf den Auftritt des Männerballetts "Thora Schnautzer" wollten die Frauen auch in diesem Jahr nicht verzichten.

Dazu gesellen sich Gäste von Rang und Namen. In schwarz-silbernem Einheitskostüm bieten "Sweet kisses" aus Königswinter, amtierende Europameister im Showtanz, fein aufeinander abgestimmte Choreographie zur dröhnenden Technomusik.

Unter tosendem Beifall läuft am späten Nachmittag die kölsche Gesangstruppe Colör ein. 400 karnevalsverrückte Frauen genießen die letzten Stunden ohne ihre Männer, die bereits vor der verschlossenen Tür um Einlass bitten.