Karneval in Duisdorf. : Die Strippenzieherin im Damenkomitee in Duisdorf
Duisdorf Brigitte Iser sorgt als Literatin des Damenkomitees Blau-Weiß für das Wir-Gefühl bei der Weiberfastnachtssitzung. Bis Vor ein paar Jahren wusste sie noch gar nicht, was eine Literatin ist.
„Vor ein paar Jahren wusste ich noch gar nicht, was eine Literatin ist“, sagt Brigitte Iser, die den Begriff nur im Zusammenhang mit Literatur kannte. Mit ihrem Eintritt in das Damenkomitee Blau-Weiß Duisdorf (DKBW) sollte sie schnell lernen, was eine Literatin im Karneval bedeutet.
28 Jahre lang hatte Dietmar Grell das Amt für den Karnevalsverein mit großer Bravour ausgefüllt. Dem Ehemann der damaligen Präsidentin Leonore Grell war es bei all den Sitzungen des DKBWs gelungen, die richtige Mischung von Künstlern zu engagieren und damit für die bekannt gute Stimmung in der Schmitthalle zu sorgen. „Wo früher die Künstler mit Handschlag verpflichtet wurden, müssen heute wasserdichte Verträge gemacht werden“, sagt die heutige Präsidentin Waltraud Muszinski. Ihr dürfte es auch zu verdanken sein, dass Iser die Nachfolgerin von Grell wurde.
Die Feuerprobe hatte sie bereits bei der Weiberfastnachtssitzung in der letzten Session bestanden. Organisiert hatte sie noch Grell, aber Iser stand schwitzend hinter der Bühne und sorgte für den reibungslosen Auftritt der Künstler. Doch schon zu dieser Zeit hatte sie damit begonnen, als neu auserkorene Literatin des 14-Frauen-Damenkomitees für die Sitzung am 20. Februar Künstler zu suchen und zu engagieren. „Was für mich früher nur Feiern bedeutet hatte, ist jetzt Arbeit“, sagt sie mit einem lachenden und einem weinenden Auge.
Sitzung findet an Weiberfastnacht statt
Traditionell findet die Sitzung der Blau-Weiß-Damen an Weiberfastnacht statt. Dem Tag, an dem im ganzen Rheinland jeder Veranstalter die Top-Acts buchen möchte. „Da kommt keine der bekannteren Kölner Gruppen aus Köln heraus“, hat Iser inzwischen erfahren müssen. Zu eng ist deren Zeitplan am Abend, als dass längere zeitraubende Fahrstrecken möglich wären.
Doch Iser war schon früh auf den Vorstellungsveranstaltungen, wo sich Tanzgruppen, Bands und Vortragskünstler den kritischen Augen und Ohren von Literaten aus der ganzen Region stellen. Zudem kennt sie sich aus eigenem Erleben bestens in der Szene aus. „Sitzungskarneval ist immer schon mein Ding gewesen“, wussten auch ihre Vereinskolleginnen von ihr. Als Literatin ist sie die Strippenzieherin im Hintergrund.
Sie plant die Sitzung, bucht die Bands, Tanzgruppen und Büttenredner. „Prinz und Bonna sind das Gerüst“, sagt die gerade 60 Jahre zählende Iser. „Um deren Zeitplan muss schon immer das ganze Programm gebaut werden: Pünktlich um 17.30 Uhr werden Prinz und Bonna mit ihrem Gefolge die Schmitthalle betreten.“ Da wird der Saal schon in Hochstimmung gebracht sein. Seit dem Start um zehn vor zwei wird ein Programm laufen, das den rund 420 Gästen im besten Fall das Gefühl gibt, dass man im Feiern eins geworden ist. Iser kennt dieses „Wir-Gefühl“ sehr genau. „Das zu erreichen ist für mich die Herausforderung“, sagt sie. Das Maß aller Dinge. Das ist das Gefühl, warum die Steuerfachangestellte einer Bonner Kanzlei schon seit Jahrzehnten den Sitzungskarneval so liebt.
Nichts ausgelassen
Nichts hat sie ausgelassen. Von der Lachenden Köln-Arena über Sitzungen im Gürzenich, dem Brückenforum oder Maritim. „Ich habe heute eine echte Hochachtung vor den Leuten die solche großen Sitzungen veranstalten“, sagt Iser. Sie ist froh, dass es für sie in Duisdorf ein so gut funktionierendes Netzwerk gibt. „Da helfen einfach alle mit“, sagt sie. Ohne die tatkräftige Unterstützung der Jungs vom FC Hardtberg wäre es kaum zu schaffen. Die sorgen nicht nur für die Aufstellung der Biertischgarnituren, sondern stünden zudem auch pünktlich am Ende der Veranstaltung zum Rückbau und Aufräumen bereit.
Mit ihrem Engagement beim Damenkomitee und ihrem auch erst vor kurzem erfolgten Beitritt zum Duisdorfer Heimatverein ist die verwitwete Mutter von zwei erwachsenen Kindern gefühlsmäßig noch näher in die Dorfgemeinschaft gerückt. „Das ist ein gutes Gefühl“, sagt sie, die das aktive Vereinsleben gerade erst für sich entdeckt hat. Die Verantwortung, die als Literatin für das Gelingen der Weiberfastnachtssitzung auf ihr lastet, ist ihr kaum anzusehen.
Dabei hat sie auch gegen Vorurteile und Widerstände zu kämpfen. Nicht ganz so glücklich war ihre Präsidentin beispielsweise mit der Auswahl der „Drummerholics“, einer Trommelgruppe, „die nach Prinz und Bonna den Saal noch mal zum Kochen bringen wird“, so Iser. „Aber da habe ich mich durchgesetzt.“
Überhaupt ist sie ganz glücklich mit ihrem Programm, das mit „De Flönz“, dem Duisdorfer Büttenredner Walter Mohr beginnt und über turbulente Auftritte der tanzenden „Kölschen Harlequins“, über die Kölschbands „Jeckeditz“ und „Kölschraum“ sowie den sentimentalen „Kölschen Tenor“ bis hin zu „High Energie“ eine gute Mischung für die rund fünfstündige Sitzung verspricht. „Da bleiben keine Wünsche offen“, sagt sie mit einem Augenzwinkern und fügt hinzu, dass es jetzt nur noch schön wäre, wenn noch mehr Duisdorferinnen bei den blau-weißen Damen mitmachen würden.