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Proklamation in Königswinter: Zwei Tollitäten aus dem Paragrafendschungel

Proklamation in Königswinter : Zwei Tollitäten aus dem Paragrafendschungel

Anke II. (Lehn) und Michael I. (Beckedahl) übernehmen das Regiment in der Altstadt. Prinzessin Heike I. gibt die Insignien der Macht bei der Proklamation in der CJD-Aula an die neuen Herrscher der Königswinterer Narren ab.

So ist es nun einmal im Rheinland: Der Kreislauf des jecken Lebens macht vor niemandem Halt – erst recht nicht vor der königlichen Familie. „Wenn neue Tollitäten anstehen, tja, dann muss die alte Regentin entsorgt werden“, rief Hansi Hirzmann, Vorsitzender des Festausschusses Altstadtkarneval und zugleich Wächter der Machtübergabe, dem versammelten Fußvolk zu und präsentierte die noch amtierende Prinzessin Heike I.

Und die johlenden Untertanen, die am Samstagabend den Königswinterer „Versailles-Palast“ am Cleethorpeser Platz erstürmt hatten, um dem Karnevalsspektakel beizuwohnen, waren nach zwei Jahren bereit für einen Wechsel an der Spitze: „Vive la révolution“ – zumindest für einen Abend. Sodann hatte das letzte Stündlein Heikes I. als Regentin geschlagen: Der Hut musste ab, der Kopf blieb dran, und beim Sturm auf die Bouteille floss kein Blut, sondern Kölsch und Wein – eine sehr rheinische Revolution eben, für die sich das gestürzte Oberhaupt sogar noch von Herzen bedankte: „Danke euch allen für die wundervolle Zeit!“

Dann, wie aufs Stichwort, schallte endlich die königliche Fanfare durch den Saal, Einmarsch des neuen royalen Geleits. Und Königswinter jubilierte: Die Königin hat abgedankt, lang lebe das Königspaar! Umsäumt vom Musikcorps Swinging Altstadt, hielten Michael I. aus dem Königshause Beckedahl zu Ittenbach und Anke II. aus dem Altstadt-Hause Lehn einen Einzug für die Geschichtsbücher – feierlich gekleidet in Blau und Gelb, den Farben des fidelen Postalia-Bündnisses von 1929, das in diesem Jahr sein närrisches Jubiläum von acht Mal elf Jahren feiert.

Die treuen Untertanen erhoben sich, schwenkten die Fähnchen, ertränkten die neuen Regenten im Beifall. Und im Hintergrund verkündete ein prunkvolles Banner das neue Regentschaftsmotto der beiden Herrscher, die sich im bürgerlichen Vorleben einst mit den schnöden Berufen des Bilanzbuchhalters und der Finanzbeamtin abgaben, bevor sie schließlich gemeinsam zu Höherem berufen wurden: „Mer Zwei sin Experten em Paragrafendschungel, jeder op sing Art, doch wenn de Postalia Jubiläum fiert, stonn mer zosamme parat“.

Statthalter Peter Wirtz, zum feierlichen Anlass herausgeputzt in schneidiger Rittmeister-Tracht, empfing die Tollitäten auf der Bühne. Stolz könne er sein, an diesem Tag „zwei jungen Menschen, die schon so lange mit dem Karneval in Königswinter verbunden sind“, die Krone aufs Haupt setzen zu dürfen – „denn sie haben beide bewiesen, dass sie Spaß an der Freude haben und der Altstadt mehr als verbunden sind“. Ihre Lieblichkeit Anke II. war den Postalianern nämlich bereits vor 20 Jahren beigetreten, Seine Närrischkeit Michael I. folgte 2002 in den Karnevals-Bund. Volksnahe Herrscher sind beide noch dazu: Die neue Regentin ist jahrelanges Mitglied im Tischtennisverein, spielte bei den „Swingings“, die sie zum Amtsantritt geleiteten, und hat dazu ein Herz für guten Fußball – „das muss sie von ihrem Vater haben“, sinnierte Postalia-Sprecher Arno Wichelhoven, „der schaut nämlich auch gerne, hat allerdings keine Ahnung davon“.

Zudem ist der neue Mann an der Spitze des Stadtkarnevals seit über zwei Jahrzehnten im Tambourcorps Siebengebirge aktiv, machte sich als Bonner Stadt-, Vorgebirgs- und Vize-Bundesmeister im Fähndelschwenken über die Grenzen der Region hinaus einen Namen und hat seine Töchter bereits fürs Postalia-Kindertanzcorps begeistern können.Und so überraschte es nicht, dass zum Krönungs-Festakt nicht nur das Kinder- und Jugendtanzcorps sowie die Tanzsportgarde der Fidelen Freunde Postalia, sondern auch die Drachenfels-Fünkchen, -Garde und -Perlen der Großen Königswinterer KG, das Tanzcorps der KKG Fidele Fordler Köln und das Garde-Korps Köln der KG Blau-Weiß Zündorf auftraten. Ganz im Sinne der neuen Tollitäten also: Es war ein wahrhaft königlicher Einstieg in die neue Session.