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Karneval in Rheinland: Das rheinische Hauptfest und die Preußen

Karneval in Rheinland : Das rheinische Hauptfest und die Preußen

ORDNUNG Nach dem einstigen Verbot des Karnevals erwachte das Interesse an dem Fest ab 1814 erneut.

Die Art und Weise, wie im Rheinland heute Karneval gefeiert wird, hat seine Wurzeln in der Preußenzeit. Nachdem die frühneuzeitlichen Fastnachtsfeiern mit ihrem ausgelassenen Straßenkarneval durch Einschränkungen und Verbote aufgeklärter Herrscher und Restriktionen der französischen Besatzung weitestgehend bedeutungslos geworden waren, beginnt ab 1814 ein neues Interesse an diesem alten Fest.

In der Ausformung des Festes ändert sich zunächst nicht viel. Auch die preußischen Beamten und das preußische Militär sind dem Karneval gegenüber sehr skeptisch eingestellt. Verordnungen aus der Franzosenzeit werden beibehalten oder gar noch verschärft. Weiterhin wird das Feiern weitgehend in geschlossene Gesellschaften verlagert, zum Verkleiden müssen Maskenkarten gekauft werden, Kostüme, die die öffentliche Ordnung stören konnten, waren ebenso wie Waffen verboten. Interessant ist, dass die Bürger in Köln diese Verordnungen nun begrüßten. Gelobt wurde der „Anstand“ des Festes, alkoholisierte Gruppen von Handwerksgesellen und Tagelöhnern mit schmutzigen Masken und derben Sprüchen waren wohl zum großen Teil von der Straße verschwunden. Wo sie doch noch auftauchen, beschweren sich die Bürger.

In einigen Kreisen des Kölner Bürgertums befasst man sich intensiver mit dem Fest, das als eine alte vaterländische Tradition erneuert werden soll. Geprägt vom Geist der Romantik sollen Bräuche, Mundart und eben heimische Traditionen gepflegt werden, das Karnevalsfest wurde zum Prototyp. 1822 wurde das „Festordnenden Komitee“ gegründet – der Name war Programm, denn es ging um eine neue, geordnete Version des Straßenfestes. Die preußischen Beamten sahen wohl eine Chance gekommen, das leidige Problem der Ausschweifungen und Randalierer an die Kölner selbst zurückzuspielen, und erlaubten im Januar 1823 den ersten Maskenzug – unter der Bedingung, dass die Kölner für Ruhe unter der Bevölkerung sorgten. In nur zwei Wochen Vorbereitungszeit organisierte das Festordnende Komitee den ersten Maskenzug, der ein voller Erfolg wurde.

Schon 1824 war der Zug deutlich größer und gewann immer mehr an Zulauf. Mit diesem Maskenzug, dem späteren Rosenmontagszug, wurde ein Grundelement des Kölner Karnevals etabliert, die weiteren Grundelemente, die Karnevalssitzungen und der große Maskenball im Gürzenich, kamen schnell hinzu und waren ebenso erfolgreich und öffentlichkeitswirksam. Der Grund für den Erfolg des Rosenmontagszuges liegt in der besonderen historischen Situation seiner Einführung. Es war die Zeit der Romantik, in der sich das Bürgertum stark mit Tradition und Geschichte der eigenen Nation befasste. Die Forderung nach nationaler Einheit wurde mit politischen Forderungen nach bürgerlichen Freiheiten und Demokratie verbunden. Der Karneval eröffnete einen Freiraum, auch die Kritik an der preußischen Herrschaft zu äußern – in Satire, Verkleidung, in Liedern und Büttenreden. Die Figur des Narren ist mit dieser Funktion der politischen Satire aufgeladen, diese Rolle wurde von den Karnevalsvereinen gerne aufgenommen. Besonders das preußische Militär wird zur Projektionsfläche des Spotts: die Uniformen der Funkencorps sind der Kleidung der preußischen Soldaten nachempfunden, ebenso die Hierarchien vom Oberst, Hauptmann und Major. Die Institutionen, die Figuren und die Strukturen des Festes werden fixiert und bis heute tradiert.

Mehr Infos unter www.koelnerkarneval.de/museum/