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11.11.: So war die Sessionseröffnung in Köln

11.11. : So war die Sessionseröffnung in Köln

Es gibt die Theorie, dass sich Feierlaune in krisenhaften Zeiten besonders exzessiv Bahn bricht. Insofern wäre für den Karneval angerichtet - Krieg, Inflation, Gaspreise. Eindrücke aus einer Stadt, die mal wieder richtig durchschunkelt.

Kurz nach 15 Uhr passiert im Studentenviertel von Köln etwas, das man in einem Krankenhaus Chefarztvisite nennen würde. Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker erscheint, an ihrer Seite Polizeipräsident Falk Schnabel und Festkomitee-Präsident Christoph Kuckelkorn, Kölns oberster Karnevalist. Also alle, die an diesem Tag, dem 11.11., Karnevalsbeginn, etwas zu sagen haben im jecken Köln. Reker nimmt Haltung an.

„Man mag das jetzt schön finden, wie hier gefeiert wird, oder nicht“, bilanziert sie. Aber es sei doch letztlich so: Jeder feiere auf seine Art. „Und das tun die jungen Leute eben so.“ Ein paar Meter weiter umsickert Urin auf der Straße leere Bierdosen. Einem jungen Mann in einem Teddybären-Kostüm ist gerade krachend ein iPhone heruntergefallen. Eine junge Frau kniete bis eben über Erbrochenem. Reker macht keinen Hehl daraus, dass das nun nicht gerade die Art des Feierns ist, die ihr persönlich liegt. Aber gut. „Wenn das so weitergeht heute und nichts Schlimmes passiert, bin ich letztlich zufrieden.“

Schon im Vorfeld hatte es allenthalben geheißen, dass es dieses Jahr zum Karnevalsauftakt in Köln voll werden würde. Sehr voll. Es wird dann letztlich noch voller. Karnevalspräsident Kuckelkorn konstatiert am Nachmittag: „Wir stellen fest, dass die lange Abstinenz im Feiern die Ursache ist, dass so viele Menschen den Karneval nachfragen. Es ist ein super Wetter, die Menschen haben Lust, draußen zu feiern.“ Möglicherweise benötige man künftig noch mehr Spielorte in der Stadt statt einiger weniger Hotspots.

Das Studentenviertel rund um die Zülpicher Viertel in Köln gilt mit seinen vielen Bars und Kneipen schon lange als Mega-Hotspot. Schon häufig war es dort zu Karneval sehr voll, mit sehr unschönen Begleiterscheinungen. Vergangenes Jahr berichten die internationalen Medien. Das ist nun nicht unbedingt das, womit Köln - die Stadt der berüchtigten Silvesternacht - assoziiert werden will. Verwaltung und Polizei stellten daher ein neues Sicherheitskonzept auf, um den Ansturm noch besser zu kanalisieren.

Schon am frühen Morgen rumpelt und rattert es, Sperrlinien werden aufgebaut. Das ist auch nötig, denn das Publikum ist extra früh aufgestanden. „Oh, da kommt schon ein ganzer Pulk“, entfährt es der Leiterin des Ordnungsamtes, Athene Hammerich, gegen 8.30 Uhr bei einem Rundgang, als plötzlich eine Schar Kostümierter aufmarschiert. „Früh dabei!“

Dieser Trend verstärkt sich. Kurz nach 12 Uhr bittet die Stadt, dass man sich nicht mehr zum Zülpicher Viertel aufmachen möge - es sei voll. Letztes Jahr war noch unter Corona-Auflagen gefeiert worden. Die sind nun weg. Krisen gibt es gleichwohl genügend in der Welt. Der Krieg in der Ukraine, die Inflation, das Gas. Trübt das nicht die Feierlaune? Oder befeuert es sie erst so richtig - Stichwort Wirklichkeitsflucht? Wenn man sich in Köln so umschaut, ist die Antwort: Letzteres.

Auf der Straße herrscht allerbeste Laune. Franz, 24 Jahre alt und gebürtig aus Baden-Württemberg, hat sich als Obelix verkleidet und hebt hervor: „Man kann tatsächlich im Pulli raus. Alles super!“ Sein Freund Felix sagt, dass auch galoppierende Bierpreise in Kneipen für sie kein Problem seien. Sie haben sich etwas zum Trinken mitgebracht. „Das sind wir als Studenten sowieso gewohnt.“

Auch in die Kölner Altstadt sind schon am frühen Vormittag unzählige Jecken geströmt. Die Stimmung ist ausgelassen und fröhlich, unter den Besuchern sind viele kleine Gruppen, erkennbar dadurch, dass sie die gleichen Kostüme tragen. Brigitte (54) und Nicole (48) - beide als Krümelmonster verkleidet - haben nach eigenen Angaben sehnsüchtig auf diesen Tag gewartet. „Wir sind normalerweise immer hier, aber die letzten Male hat die Pandemie uns ja einen Strich durch die Rechnung gemacht“, sagt Brigitte. Ein bisschen Sorgen mache sie sich allerdings auch heute wegen Corona: „Es ist nicht ganz so unbeschwert wie früher.“

(dpa)