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Damenkomitee Goldene Herzen Oberdrees: Jahrzehnte voller Karneval

Damenkomitee Goldene Herzen Oberdrees : Wiever blicken auf Jahrzehnte voller Karneval zurück

Für Astrid Schneider und Gaby Hidien wäre der Donnerstag eigentlich der wichtiges Tag im Jahr. Doch dieses Mal alles anders.

Es ist Weiberfastnacht, 8 Uhr. Zeit für das Treffen der Damen des Oberdreeser Damenkomitees Goldene Herzen bei Präsidentin Astrid Schneider, bevor sie zum Köttzug von Haus zu Haus ziehen. Eigentlich. Aber im Jahr der Corona-Pandemie ist der Tag nur ein Tag wie jeder andere.

Oder doch nicht ganz. Denn für Präsidentin Astrid Schneider und Vize-Präsidentin Gaby Hidien gibt es eine Premiere: Beide gehen zur Arbeit. Das hat es für die 63-jährige Präsidentin und ihre 55-jährige Stellvertreterin an Weiberfastnacht seit Jahrzehnten nicht gegeben, denn beide sind seit 1988 aktiv im Damenkomitee.

Der erste Sekt

Morgens als Möhne und nachmittags auf der Bühne. Das war schon so bei der Schwiegermutter der Präsidentin, Katharina „Kethchen“ Schneider, die seit 60 Jahren Mitglied im Damenkomitee ist, und bei der Mutter der Vize-Präsidentin, Katharina Esser, Mitglied seit 1979. „Es war immer schon so: Um 8 Uhr morgens ist Treffen bei der Präsidentin. Dann ist jede schon als Möhn angezogen, mit Kleidungsstücken, die sie sich selbst zusammengesucht hat“, blicken Astrid Schneider und Gaby Hidien zurück. „Dann wird Kaffee getrunken und der erste Sekt aufgemacht. Und dann gehen wir los.“

 Im Jahr 2000 spielte Birgit Höckendorf das Baby im Stubenwagen beim Sketch "Schmitzens Idylle".
Im Jahr 2000 spielte Birgit Höckendorf das Baby im Stubenwagen beim Sketch "Schmitzens Idylle". Foto: Damenkomitee

Eigentlich. Am Sonntag hätte die Generalprobe stattgefunden, am Mittwoch wäre die Mehrzweckhalle geschmückt worden. Beim Blick auf Fotos ist den Frauen Begeisterung und Wehmut ins Gesicht geschrieben.  „Das Schönste ist der Zusammenhalt“, sagen sie. Völlig uneitel präsentieren sich die Goldenen Herzen auf dem Gruppenfoto aus dem Jahr 1998 als Möhne in ihren bunt zusammengewürftelten Outfits und den schwarzen Möhnen-Hauben, die sie selbst genäht haben.

Mit Hahn im Korb

Als „Hahn im Korb“ damals dabei Ortsvorsteher Ludwig Fett, der die „Wiever“ im Auto mit Musik aus den Lautsprechern begleitet hatte. Denn der Köttzug durchs ganze Dorf dauerte schon immer den ganzen Morgen. Noch länger, als es noch die Gastwirtschaften „Onkel Tom“ und „Helma Bauerfeind“ gab, erinnern sich Präsidentin und Vize-Präsidentin. Feste Stationen mit Stärkungen waren aber auch stets bei Katharina Igel sowie in der Kita mit den Tollitäten und Vorführungen der Kinder.

Der Köttzoch der Wiever, mit dessen Einnahmen zum Beispiel die Bühnenkostüme finanziert werden, löst sich kurz nach 12 Uhr mittags auf. Dann wird es auch Zeit: schnell unter die Dusche, umziehen und ab in die Halle. Einmarsch für die Damensitzung ist um 14.50 Uhr. Seit 32 Jahren stehen Präsidentin Schneider und Vize-Präsidentin Hidien auf der Bühne und in der Bütt.

 Das Dreigestirn zum Jubiläum 1998: Prinzessin Annegret Gierlich, Jungfrau Katharina Esser und Bauer Elfriede Kalenberg.
Das Dreigestirn zum Jubiläum 1998: Prinzessin Annegret Gierlich, Jungfrau Katharina Esser und Bauer Elfriede Kalenberg. Foto: Saxler-Schmidt

Viele Rollen

Wie die anderen 30 Damen der Goldenen Herzen schlüpfen sie immer in mehrere Rollen. Oder, wie sie sagen: „Im Sitzen, im Liegen, im Stehen und im Kriechen.“ Ob Sketche, Tänze, Gesang oder Zwiegespräche – in jedem Fall sind es Eigenproduktionen, für die sie seit Oktober des Vorjahres mit viel Spaß einmal wöchentlich proben, zum Schluss zweimal wöchentlich. Zu ihren Lieblingsstücken in den vielen Jahren zählten zum Beispiel das „Kartoffelballett“ oder das „Strickorchester“, bei dem sie die Nadeln tanzen ließen, bis sie glühten. Oder „Schmitzens Idylle“ im Jahr 2000, wo sie das „Familienleben, wie es so ist“ in diversen Rollen vom Baby bis Mutter, Vater, Oma und Opa lebhaft vorführten.

Oder 2011 „Et Änn on de Schäng“ mit den beiden inzwischen verstorbenen Komitee-Damen Helga Eich und Margret Schmitt. Richtig eng auf der Bühne wurde es stets, weil fast die ganze Schar der jecken Wiever mit von der Partie war bei der Präsentation von „Obst und Gemüse“, beim „Melkorchester“ oder beim „Seniorentanzkreis“. Das Beherrschen des „Dreeser Platt“ ist keine Eingangsvoraussetzung für eine Rolle bei den Goldenen Herzen. „Wir sind natürlich zweisprachig, wir müssen beides können, Platt und Hochdeutsch“, betonten die Ober-Wiever. Aber es gelte: Jede sucht sich die Rolle aus, die ihr am besten liegt.

Tollitäten im Jubiläumsjahr

Würdevoll können die Oberdreeser  auch. Das haben sie etwa beim 50-jährigen Jubiläum im Jahr 1998 bewiesen. Damals stellten die Komitee-Damen das Oberdreeser Dreigestirn: Elfriede Kalenberg als Bauer, Annegret Gierlich als Prinzessin und Katharina Esser als Jungfrau. Im offenen Cabrio wurden sie standesgemäß durch die Straßen chauffiert, während die anderen Damen entweder in einer Kutsche oder auf dem Jubiläumsprunkwagen im Festzug mitfuhren – natürlich wie in jedem Jahr mit Tausenden selbst gedrehter Papierrosen dekoriert. Auf eine jecke Session im kommenden Jahr – ohne Abstand.