1. Narren-News
  2. Voreifel

Karneval in Rheinbach: Gedenkminute für Opfer von Hanau bei Kasernensturm in Rheinbach

Karneval in Rheinbach : Gedenkminute für Opfer von Hanau bei Kasernensturm in Rheinbach

Kein Kanonendonner: Aus Respekt vor den Opfern des Attentats in Hanau legen 200 kostümierte und uniformierte Rheinbacher Gedenkminute ein.

Die Kinder halten sich beim Anblick der Kanone der Rheinbacher Stadtsoldaten, die gemächlich und machtvoll vor das Haupttor der Tomburg-Kaserne geschoben wird, schon mal die Ohren zu. Doch in diesem Jahr fällt die lautstarke Böllerkanonade beim traditionellen Kasernensturm aus. Wegen der Attentat von Hanau und aus Respekt vor den Opfern und deren Familien verzichten die Jecken und die Beschäftigten der Bundeswehr bei der 54. Auflage der Traditionsveranstaltung auf närrische Wortgefechte und Kanonenböller.

Am Vormittag entscheiden Bürgermeister Stefan Raetz und der Kommandeur der Tomburg-Kaserne, Brigadegeneral Ralf Hoffmann, mit dieser Form des Gedenkens auch in der Zeit des Frohsinns ein klares Zeichen zu setzen.

Stattdessen legen die rund 200 uniformierten und kostümierten Kasernensturmgäste eine Schweigeminute ein. „Im Standort und in der Stadt Rheinbach ist kein Platz für jede Form von Rassismus, Extremismus und Fremdenfeindlichkeit“, erklären Raetz und Hoffmann gemeinsam.

„Menschen mit ausländischen Wurzeln sind in der Bundeswehr und in der Stadt herzlich willkommene Kameraden und gern gesehene Mitbürger“, sagen der Bürgermeister und der Brigadegeneral.

Somit beschränken sich Willi Hohn, Kommandant der Stadtsoldaten Rheinbach, und Hoffmann auf ein paar Wortgeplänkel. „Herr General, mir sin do“, ruft Hohn dem Standortältesten der Bundeswehrliegenschaft zu, die mit rund 1000 Soldaten und Zivilangestellten der größte Arbeitgeber der Stadt ist. „Es hätte mich gewundert, wenn ihr in diesem Jahr pünktlicher gewesen seid“, ruft Hoffmann den farbenfroh gewandeten Angreifern, angeführt vom Kinderprinzenpaar Prinz Tim I. und Prinzessin Hannah I., dem Queckenberger Dreigestirn Prinzessin Kathi I., Bäuerin Lena I. und Jungfrau Janina I. sowie dem Oberdreeser Prinz Walter I., zu.

Der Berufssoldat mit dem goldenen Eichenlaub auf der Schulterklappe, der seit Oktober 2018 das Kommando über das Betriebszentrum IT-System der Bundeswehr (BITS) übernommen hat, regt an, dass Hohn eine Armbanduhr gestiftet werden möge, damit die närrischen Heerscharen und er selbst pünktlich zum Kasernensturm erschienen.

Gänzlich verzichten auf das farbenfrohe Spektakel am Stahlgittertor der Tomburg-Kaserne, in der neben dem BITS das Zentrum Cybersicherheit  und ein Standort des BWI, dem IT-Dienstleister für Bundeswehr und Bund, untergebracht sind, wollen Stadt und Bundeswehr indes nicht. „Die Kasernenerstürmung zeugt sowohl von Traditionsbewusstsein als auch von der Verbundenheit der Bundeswehr mit der Garnisonsstadt Rheinbach sowie dem rheinischen Brauchtum“, sagt der im niedersächsischen Osnabrück aufgewachsene Brigadegeneral.

Um der Rheinbacher Narrenschaft den Zugang zu Kaserne zu erschweren, werfen die Kasernenverteidiger – auch schon traditionell – beihändig mit Kamelle und anderen Naschereien. Denn die Kinder müssen erst jedes einzelne Bonbönchen aufgesammelt haben, bevor der Sturm weitergehen kann.

Aber: Der Kamelleregen fällt trotz Böllerverzicht für die erwartungsfrohen Pänz nicht aus. Als sich das große Stahltor angriffslos öffnet, bekommen die Jüngsten die Süßigkeiten von den Soldaten in die mitgebrachten Beutel gelegt.