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Karneval in Swisttal : Konfettiregen und ein Tor voller Kamelle

Karneval in Swisttal : Konfettiregen und ein Tor voller Kamelle

Auch wenn in den Karnevalshochburgen Köln und Düsseldorf Umzüge ausfallen: In Buschhoven, Dünstekoven, Ludendorf, Morenhoven und Miel feiern Jecke ausgelassen auf den Straßen.

Sogar in den Karnevalshochburgen Köln und Düsseldorf sind am Sonntag einige Züge wegen Sturmböen von bis zu 100 Kilometern pro Stunde aus Sicherheitsgründen abgesagt worden. Und während auch drum herum – von Emmerich bis Hagen – in diesem Jahr der Straßenkarneval zur bitteren Enttäuschung vieler Jecken ausgefallen ist, hatten deren Kollegen aus der Voreifel Glück, sozusagen Rückenwind.

Sicher, wetterfeste Kostüme und solide gebaute Wagen braucht es dann schon. Aber beides war in Ludendorf kein Problem. Weder im Zoch selbst noch am Straßenrand, wo ebenso viel buntes Volk zu sehen war wie in den Jahren zuvor bei deutlich ruhigeren Wetterlagen. Sei’s drum: Selbst Regentropfen störten nicht weiter. Denn auch für sie galt an diesem Mittag das Motto „Vom Winde verweht“.  Da kam  eine warme Stärkung aus Simon‘s kleiner Feldküche gerade recht. Das mit dem Konfettialarm bei Windstärken wie an der Nordsee ist allerdings eine Sache für sich. Immerhin: Die auf schwarzen Grund aufgeklebten Perlen in allen Farben machten optisch schon eine Menge her. Auf Schmuck ganz anderer Art waren wohl die Ludendorfer Mädels auf ihrem Piratenschiff namens Bounty aus. Sie hatten einen Teil ihrer Beute schon mal abrisssicher am Bug befestigt. Gleich eine ganze Schatztruhe davon, zu deren Transport solche Schiffe ja gut geeignet sein sollen, käme Bürgermeisterin Petra Kalkbrenner zupass. 2019 hat die Gemeinde Swisttal ihren 50. gefeiert, wie auf Ansteckern und Aufklebern zu sehen war. Und während die Chefin und ihre Lück mit langen schwarzen Bärten aus dem benachbarten Rathaus beim Verteilen derselben eine recht gute Figur gemacht haben, nagt am Bau selbst der Zahn der Zeit. Schimmel im Keller, Parkplatznot? Neubau, Anbau, Umbau? Wer weiß es schon genau. Nur gut, dass so etwas nicht am Karnevalssonntag entschieden werden muss. Wenn einige unter dem Motto „Galaktisch, praktisch, gut“ mit grünen Männchen liebäugeln und wieder andere in ihrem Fachwerk-Bierkönig von „Mittwoch Ovend bis Dingsdaach Naach“ durchfiere.

BUSCHHOVEN

Woher beim Zoch 2020 der KG Buschhoven von 2015 der unübersehbar orientalische Einschlag kommt, ist noch mal eine ganz andere Frage: „Höck söffe mir im Orient dat dem Aladin sing Lampe brennt.“. Sagen die einen. Kein Sprit in der Lampe? Kein Problem für das elfköpfige Team der im November 2016 eröffneten Buschhovener Tankstelle mit dem unverkennbar gelb-blauen Logo.  Der Geist aus der Flasche hat es auch der KG „Kuckst-du-nur“ angetan. Und zwar im Format XXXL über ihrem Wagen schwebend. Also einfach nur Arme verschränken, mit dem Kopf nicken und Folgendes dazu sagen: „Drei Wünsche für dich allein. Lass mich heute Dein Genie sein.“  Beim Teutates! Das ist nichts für die „Söffinx“, die mit 20 großen und kleinen Jecken gut bestückte Familie aus einem kleinen Dorf in Gallien, die den Rest des Jahres unter dem Namen Söffing firmiert, seit vier Jahren im Zoch mitgeht und sich dafür immer wieder etwas einfallen lässt.  Man kann natürlich auch über die Römerzeit und das Jahr 2020 hinausschauen. „Buschhoven for future lautet das Motto eines 40-köpfigen Familien- und Freundeskreises in extraterrestrischem Silber. Und wenn wir dann schon bei den Sternen sind: „Möge der Ball mit Dir sein“, wünscht der TC Kottenforst, der eigentlich einen Preis für das beste Kostümdesign verdient hätte. Und die Konkurrenz war nicht eben klein: Bio-Möhren in zum Anbeißen frischem Orange, drei Schneewittchen und 28  Zwerge vom JGV, die jecken „Mädels“ vom Hüttenzauber und die Jungs des Stammtischs Ling Ham, die sich schon auf ihr frisch gezapftes „Reisswolf-Kölsch“ freuen.

DÜNSTEKOVEN

Und was macht der Jeck in der fünften Jahreszeit mit den auf Thermopapier ausgedruckten Kassenbons? Wegwerfen? Mitnichten. Der aus den Alten Herren von Rot-Weiß-Dünstekoven hervorgegangene Freundeskreis hat daraus kurzerhand Kostüme geschneidert und mit dem Schild vorneweg an den Dorfladen erinnert, wo  man sich kannte und auf bürokratische Zettelwirtschaft jedweder Art gut verzichten konnte. „Bei Kaders Ännche war et joot. Die hätt mit Bönnche nix am Hoot.“ Es werden aber wohl anderswo einige davon über die Theke gereicht worden sein, um die elf Meter lange rollende Festtafel so zu bestücken, wie es die Heimerzheimer Freunde des Dünstekovener Karnevals zu ihren 25-jährigen Jubiläum getan haben. Auf immerhin stolze 20 Johr bringt es derweil das Männerballett auf dem König-der-Löwen-Wagen. Die Herren verteilen, nebst Kamelle auch Rätselhefte: Futter fürs Hirn. Schönheit hat schließlich viele Facetten „Wild und frei“, sind zwei davon. „Wild und  frei und das zehnte Jahr dabei“ ist der Freundeskreis Julia Mertes. 2021 geht’s ins vielsagend elfte.

MIEL

„Mir trekke alle an enem Strang“ lautete das Motto des Mieler Dreigestirns beim Karnevalsumzug am Samstagnachmittag. Um 15:11 startete der Zug in der Weiherstraße. Vorneweg fuhr der Wagen des Elferrates der Karnevalsgesellschaft Mat Mött Miel 1952 unter der Leitung des Präsidenten Dominik Schweminski. Dann folgte der Musikverein Blau Weiß Leutesdorf. Hinter ihnen liefen in Tierkostümen die Familienmitglieder und Freunde von Annelie Machill, der Vizepräsidentin der KG und Präsidentin des Damenkomitees. „Wir sind tierisch jeck“, sagt Gabi Hemme-Heister. Hinter ihnen fuhr Machill auf einem außerirdischen Wagen, der Space-Disco des Damenkomitees. Darauf folgten die Tanzgruppen. Sogar die Kleinen liefen als „Mieler Mäuse“ mit und verteilten fleißig Süßigkeiten. Hinter der „Mieler Schlossgarde“ fuhr ein Trecker mit dem Schild: „Mat Mött Miel Fanclub des Mieler Dreigestirns“, der ein nachgebautes Feuerwehrauto zog. Es war die Familie Schumacher, die sich schon seit Generationen aktiv im Karneval engagiert. Martina Ackermann –geborene Schumacher, schlug eine Trommel mit der Aufschrift: „Ich bin et Jüppche“. Diese widmet Ackermann, deren Schwester und Schwägerin Teil des Dreigestirns sind, ihrem Vater Josef Schumacher. „Er war einst Präsident der Karnevalsgesellschaft und läuft so auch immer mit uns mit. Die ganze Familie ist dabei, denn Karneval liegt uns im Blut“, sagt die 58-Jährige. Mit dieser Trommel leitete sie stolz den Wagen der Prinzessin Brigitte I., der Bäuerin Silvi I. und der Jungfrau Petra I. ein.

MORENHOVEN

Pünktlich um 14.11 Uhr zog der Karnevalszug in der Vivatsgasse los. Hinter der Zugleitung kam das mit Kamelle gefüllte Tor des SV Swisttal 1923/54. Dann die Flintstones des Junggesellenvereins und die Jugendgruppe.

Ein weißer Wagen mit aufgemalten Reagenzgläsern folgte. Die „Chemiker“ waren einst selber Kinderprinzen und liefen als Ehemalige mit. Hinter ihnen kamen die Tanzgruppen der Lollipops, der Fanfarencorps der KG-Rot Weiß Adenau und das Damenkomitee Rotkehlchen. Die Damen standen auf dem Dach ihres „Café Rut Wiess“. Hinter ihnen liefen zwei Männer, die Schmuck statt Süßigkeiten warfen; die Messdiener als Spielkarten verkleidet mit eigenem Casino und eine Gruppe von Schokolinsen. Dann kam der Wagen der Karnevalsgesellschaft. Der Trecker präsentierte das diesjährige Motto: „Hees Heeser Fasteloved in Murenhoven“. Der Wagen zeigte ein Bild aus Blütenblättern, worauf zwei Dunkelhäutige einen Hellhäutigen grillten. „Wir sind die Kannibalen aus Morenhoven, die heißen innigen Karneval lieben“, sagt Erik Schäfer, der Präsident der Gesellschaft. Er trug wie seine Mitfahrer einen Afro und luftige Baströckchen. Der Stammtisch Alf 57 verteilte von seiner Theke Bier. Ihm folgte die Musikgruppe Swistbajaasch. Sie liefen vor dem Wagen des Dreigestirns, was in diesem Jahr das Danceteam des Damenkomitees zu ihrem 60-jährigen Jubiläum stellte. „Das Besondere ist, dass diese Drei auch schon als Kinderdreigestirn dabei waren“, sagt Zugleiter Markus Klein.

Den Abschluss machte die Feuerwehr, die warme Erbsensuppe verteilte. Nicht nur Morenhovener schauten sich den Zug an. Auf der Tollitätenbühne sammelten sich Freunde der Karnevalsgesellschaft aus der Region wie aus Heimerzheim, Odendorf, Buschhoven oder Ludendorf. „Das Schöne hier in Morenhoven ist die familiäre Atmosphäre. Jeder kennt jeden. Damit ist unser Zug viel schöner als der große Zug in Köln“, schwärmt Norbert Sauren, Vorstandsmitglied der KG und Vorsitzender des Ortsausschusses, beim Anblick der vielfältigen Wagen.

Hier geht es zur Bilderstrecke: Karnevalszug in Ludendorf