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So legt sich Oberdrees beim Wagenbau wieder ins Zeug​

Nach Corona und der Flutkatastrophe : So legen sich die Oberdreeser beim Wagenbau wieder karnevalistisch ins Zeug

Auf der Zielgeraden: 15 jecke Gruppen in Oberdrees bauen ihre Wagen für den Karnevalszug und wollen damit am Wochenende fertig sein. Der GA durfte einen Blick in die Werkstatt werfen.

Ein Knall, und wieder ist eine Krepprose am Wagen befestigt. So geht das jetzt schon eine ganze Weile in der Wagenhalle am Landgraben in Oberdrees: An den Wochenenden und in der Woche nach Feierabend wird dort gewerkelt, manchmal bis tief in die Nacht. Das „Gruselkabinett“, das „rollende Stadttor“, der „Käfig voller Narren“ und all die anderen Fahrzeuge müssen ja rechtzeitig zum Karnevalszug fertig sein.

Bereits einsatzbereit ist der Wagen des Oberdreeser Prinzenpaares. Dieter I. und Conny I. haben selbst mit Hand angelegt, ihr Muster sind rote Herzen auf weißem Grund – natürlich alles aus Krepprosen gestaltet. „Wir haben gut 15.000 drauf“, sagt der Prinz. „Das sind 200 pro Quadratmeter“, rechnet Christian Schwark vom Junggesellenverein 1920 und vom Vorstand der KG Oberdrees vor. Wahnsinnig viel Arbeit, und das ist ja nur einer von insgesamt 15 Wagen, die für den Zug an Karnevalssonntag vorbereitet werden. Viele von ihnen werden mit den Rosen aus bunten Kreppbändern geschmückt. „Wir sind die einzigen hier, die noch damit arbeiten“, sagt KG-Ehrenpräsident Heinz Schneppen. Deshalb ist der Oberdreeser Zug auch überregional bekannt.

Die Arbeit beginnt im November

Und diese zigtausend Krepprosen muss ja jemand anfertigen. In Oberdrees gibt es dafür viele geschickte Hände. „Die Frauen fangen im November an und machen Rosen bis in den Abend hinein“, so Schneppen. Die Männer schneiden dafür die Kreppbänder zurecht und den Draht, der die Rosen zusammenhält. Das ganze Dorf scheint im Einsatz zu sein, damit der Umzug wieder prunkvoll wird.

Der Wagen des Prinzenpaares war auch deshalb so schnell fertig, weil schon im April 2021 damit begonnen wurde, ihn zu planen und zu bauen. Nach der Flut sei die Motivation erstmal im Keller gewesen, erzählt Prinz Dieter. „Das waren erstmal zwei Monate, wo nichts lief. Im November haben wir uns dann aus dem Sumpf rausgezogen und angefangen zu bauen.“ Man ging da ja noch davon aus, dass es 2022 einen Karnevalszug geben würde. Ihr Motto lautete schon damals „Os Hetz schlät für Ovvedrees“, weil die beiden, die vor fünf Jahren erst in den Ort gezogen sind, sich auf Anhieb dort wohlfühlten.

Großer Aufwand für prachtvolle Wagen

Anfang der 80er-Jahre begannen die Oberdreeser mit diesem Aufwand: Vereine, Gruppen, Nachbarschaften bastelten sich ihre eigenen Prunkwagen. Was wird man in diesem Jahr zu sehen bekommen? Neben Jeckenkäfig, Stadttor und Geisterbahn gestalten die Junggesellen einen Wagen zum Thema Eisfee, das Damenkomitee kommt im 70er-Jahre-Gefährt. Der Froschkönig, ein bunter Candy-Wagen, ein Farbenspiel und die Ritter der Tafelrunde rollen ebenfalls durch die Straßen, dazu ein paar andere. Die Jungs des früheren Kegelclubs „Fall um, du Sau“ scheinen Beatles-Fans zu sein. Sie haben sich möglichst originalgetreue Sergeant-Pepper-Anzüge ausgesucht, und ihr Wagen spiegelt das wider, inklusive des Logos, das auf dem achten Album der britischen Gruppe namens „Sergeant Pepper‘s Lonely Hearts Club Band“ zu sehen ist.

Von dort kommt auch das Knallen. Mit einem Tacker befestigen Reinhard Schweinheim, Holger Dank, Peter und Ralph Mahlberg Rosen am Fahrzeug. Das geht nur bei stabilen Aufbauten – an einer weichen Fassade müssen die Krepprosen geklebt werden. Die Werkzeuge stellt der „Wagenbaubereitstellungsverein“, so nennt es Schneppen. Alles ist Handarbeit: gesägte Aufbauten, die Aufdrucke – viel Aufwand für einen Karnevalszug. Aber mit viel Spaß und Freude, sagen Oberdreeser. „Es wird ja immer schwieriger, so ein Ding zu bekommen“, meint Dank. Es gebe so viele Auflagen. „Aber wir wollen das Brauchtum nicht vor die Hunde gehen lassen.“ Auch aus Respekt vor dem Prinzenpaar, meint Schweinheim. Die Gruppe besteht aus 24 Personen, alle werden die aufwendigen Kostüme tragen. Natürlich mussten auch Kamelle angeschafft werden. „Wir haben Wurfmaterial für 3500 Euro eingekauft“, berichtet Schweinheim. Die Süßigkeiten seien teurer geworden. Aber es müsse trotzdem für alle Teilnehmer und den ganzen Zugweg reichen.

Corona und die Flut blieben nicht folgenlos

Die Folgen der Flut waren in dieser Wagenhalle nicht so gravierend, in den beiden anderen Hallen stand das Wasser höher. Das Ereignis steckte den Leuten in Oberdrees verständlicherweise noch lange in den Knochen, von Corona ganz zu schweigen. Einige Leute hätten aber irgendwann wieder losgelegt und andere mitgezogen. „Seit Dezember ist langsam wieder Schwung reingekommen“, freut sich Schneppen. Eine Gruppe habe wegen der Flut nicht mitgemacht, sagt Schneppen. Vielleicht hilft den Menschen in Oberdrees die Arbeit an den Wagen auch dabei, die Schlechte-Laune-Themen aus dem Kopf zu bekommen.

Jetzt ist Endspurt angesagt. Am kommenden Samstag soll alles fertig sein, damit am Sonntag die Wagen lackiert und die Rosen imprägniert werden können, damit sie bei Regen nicht gleich ein trostloses Bild abgeben. Dann kann der Zug kommen.