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Rosenmontagszug ohne Pferde​: Tierschutz versus Tradition​

Neue Regelung seit 2021 : Wie der Bonner Rosenmontagszug ohne Pferde geplant wird

Beim Rosenmontagszug in Bonn dürfen seit 2021 keine Pferde mehr mitlaufen. Nach zwei Jahren Corona-Pause soll der Beschluss 2023 erstmals umgesetzt werden. Tierschützer befürworten das Verbot, Karnevalisten sehen es mitunter kritisch.

Im Bonner Rosenmontagszug sind in diesem Jahr keine Pferde zugelassen. Wie berichtet, hat der Festausschuss Bonner Karneval diese Entscheidung bereits 2021 getroffen. Weil aufgrund der Corona-Pandemie in den vergangenen beiden Jahren keine Züge stattgefunden haben, wird in wenigen Wochen damit erstmalig ein Rosenmontagszug ohne Pferde stattfinden, ohne dass Glatteis oder Sturm dafür verantwortlich sind.

„Für uns steht die Sicherheit der Teilnehmer und Zuschauer und das Wohl der Tiere im Mittelpunkt“, erklärt Simon Schmid, Pressesprecher des Festausschusses Bonner Karneval. Der Verein habe darum beschlossen, den Einsatz von Pferden im Karnevalszug zu verbieten. Auch wenn die Tiere weitestgehend kontrollierbar seien, bleibe ein unvermeidbares Restrisiko für Pferde und Zuschauer, so Schmid.

Unfälle in der Vergangenheit

Erfahrungen der vergangenen Jahre bestätigen das: 2017 sind in Bonn auf der Dorotheenstraße zwei Pferde der Ehrengarde durchgegangen – vier Personen wurden leicht verletzt. „Hätte sich der Unfall nicht nach dem Zug, sondern womöglich auf der Friedrichstraße abgespielt, hätte es vermutlich Tote und Schwerverletzte gegeben“, sagt Thomas Janicke. Er als Kommandant der Ehrengarde habe es nicht länger verantworten können, Pferde beim Zug mitzuführen. „Was damals passiert ist, möchte ich nicht nochmal erleben.“

Im Jahr darauf gab es auch beim Kölner Rosenmontagszug einen Unfall: Zwei Pferde sind am Appellhofplatz mit einer Kutsche durchgegangen. Fünf Menschen wurden verletzt. Das Festkomitee Kölner Karneval bleibt bis heute trotzdem dabei, die Tiere beim Zug mitzunehmen. Tanja Holthaus, eine Sprecherin des Komitees, gibt an, es sei ein umfangreicher Richtlinienkatalog erarbeitet worden, der die Mitnahme von Pferden so sicher wie möglich gestalte. „Dieser sieht vor, dass alle Pferde für solche Situationen trainiert werden und eine Gelassenheitsprüfung ablegen müssen. Es gilt zudem ein Mindest- und ein Höchstalter für die Tiere. Alle Reiter müssen eine Prüfung und regelmäßige Reitstunden nachweisen.“ Dennoch, so Holthaus, „bleibt ein Restrisiko durch die Zuschauer, das wir nicht beeinflussen können“.

Pferde sind sensible Fluchttiere

Der Deutsche Tierschutzbund kritisiert, dass das Wohlergehen der Tiere bei einer Großveranstaltung nicht gewährleistet werden könne. „Die Pferde müssen stundenlang in unnatürlichem Tempo auf Asphalt gehen“, kritisiert Hester Pommerening, eine Sprecherin des Tierschutzbundes. Pferde seien sensible Fluchttiere und hätten ein sehr gut ausgeprägtes Gehör, erklärt sie. Der Trubel und die Lautstärke würden die Tiere stressen und auch wenn sie an die Umstände gewöhnt würden, sei es für sie eine Belastung. „Es bleibt ein unkalkulierbares Risiko – auch für die Jecken am Straßenrand“, so Pommerening.

Eine lange Tradition wird gebrochen

Die Sicherheitsbedenken kann Wolfgang Orth (66), Kommandant der Bonner Stadtsoldaten, zwar nachvollziehen, doch bedauere er die Entscheidung. „Wir verlieren damit Tradition und Historie. Außerdem: Die Reitstallbetreiber haben davon gelebt, ihre Tiere an uns zu verleihen“, so Orth. Seit Jahrhunderten liefen die Tiere bei derartigen Veranstaltungen mit und seien im Vorhinein und am Tag des Zuges immer ärztlich kontrolliert worden.

Pferde werden von Traktoren abgelöst

„Das ist jetzt leider eine endgültige Entscheidung“, sagt der 66-Jährige. Denn die Stadtsoldaten, die Rosenmontag 2020 noch rund 50 Pferde mitgeführt haben sollen, hätten im vergangenen Jahr mit dem Umbau der Wagen begonnen. Statt von Pferden werden diese künftig von Traktoren gezogen. „Wir haben bereits 35.000 Euro investiert, um die Scheren, an denen früher die Tiere liefen, so umzubauen, dass sie von Traktoren gezogen werden können“, berichtet Orth. Aktuell seien 60 Prozent der Wagen umgebaut. Der Kommandant erwarte, dass sich die Kosten auf insgesamt 70.000 Euro belaufen werden.

Jedes Fahrzeug sei anders konstruiert, was den Umbau sehr aufwendig mache. Außerdem sei es schwierig, Zugfahrzeuge zu finden. „Am liebsten hätten wir historische Traktoren. Wir suchen noch Fahrzeuge mit Fahrern. Für eine Teilnahme am Zug zahlen wir ihnen 250 Euro“, so Orth.

Alternativen zum Zug

Als Reaktion auf die Entscheidung, dass die Pferde ab diesem Jahr an Rosenmontag im Stall bleiben müssen, überlege die Ehrengarde, mit einer Persiflage zu reagieren, so Janicke. Diesbezüglich gebe es jedoch noch keine Entscheidung. Derzeit wisse der Kommandant nur, dass die Kavallerie umgesattelt habe: „Wir werden einen Wagen für sie bauen, bisher haben wir nur einen geliehen, wenn die Pferde nicht mitdurften“, gibt Janicke an. Eine Alternativveranstaltung auf dem Pferd, wie es sie beispielsweise von der Kavallerie der Godesberger Stadtsoldaten gibt, sei bisher bei der Ehrengarde, den Bonner Stadtsoldaten und dem Festausschuss nicht geplant. Die Godesberger Kavallerie übt jeden Winter traditionell eine neue Quadrille ein, die sie zu Beginn der Karnevalssession dem Prinzenpaar sowie interessierten Jecken vorführt.