1. Incoming

Interview zu "Alles neu" im Bonner Pantheon: Das sagen Rainer Pause und Norbert Alich zu ihrem neuen Programm

Interview zu "Alles neu" im Bonner Pantheon : Das sagen Rainer Pause und Norbert Alich zu ihrem neuen Programm

Die Bonner Kabarettisten Rainer Pause und Norbert Alich starten mit ihren Bühnenfiguren Fritz und Hermann im Pantheon ein neues Programm. Titel: „Alles neu“.

GA: Das Dutzend ist voll: Was kann man bei einem zwölften Programm noch Neues machen, wie der Titel es andeutet?

Rainer Pause: Das fragen wir uns auch – seit fast 30 Jahren. Denn das Problem besteht darin, dass sich die gesellschaftlichen und politischen Themen nur in Details ändern.

Norbert Alich: Der Kalte Krieg war bereits abgehakt, jetzt ist er wieder aktuell.

Pause: Dieses Thema zieht sich durch alle Programme, weil immer irgendwo Krieg ist. Leider.

GA: Ist es die Aufgabe des Kabaretts, die Gesetzmäßigkeiten von Kriegen zu analysieren?

Alich: Fritz und Hermann stellen erst mal nur fest, dass die großen Probleme seit 70 Jahren nicht gelöst worden sind: soziale und wirtschaftliche Ungerechtigkeit, gewaltsame Auseinandersetzungen, Flüchtlingsdruck.

Pause: Stichwort Flutkatastrophen. Da gibt es immer direkt Betroffene, die sich mitten in der Katastrophe befinden. Und wie es bei Wasser so ist, gibt es Wellen, die auslaufen.

Alich: Oh, eine Metapher!

Pause: Viele Kriege finden im Nahen Osten statt, uns erreichen dann die Flüchtlingswelle und die Asylantenflut. So lauten die Schlagworte seit 30 Jahren.

Alich: Darum ging es bereits in unserem allersten Programm.

GA: Bei „Grenzenlos“ 1990?

Alich: Ja, die Mauer als sinnstiftende Grenze war gerade gefallen. Und damit startete auch das Duo Fritz und Hermann. Plötzlich hatten wir etwas zu tun.

Pause: Es ging zunächst um die Flüchtlingswellen aus dem Osten. Dann kamen Flüchtlingswellen aus aller Welt. Furchtbare Dinge geschahen, etwa in Solingen und Hoyerswerda.

GA: Ist es schwierig, solche Themen pointiert zuzuspitzen?

Alich: Das ist Teil unserer Arbeit.

Pause: Es gibt auf intellektueller Ebene keine effizientere Waffe als den Witz, den Spott gegen die Herrschenden. Und wenn Spott zu bissig gerät, wird er sanktioniert, siehe Erdogan.

GA: Wie gehen Fritz und Hermann ans Werk?

Alich: Sie nutzen das Stilmittel der Übertreibung, sonst wird man nicht gehört. Geheime, metaphorisch zwischen den Zeilen versteckte Wahrheiten sind nicht unser Ding. Du musst draufhauen, mit dem Holzhammer.

Pause: Am besten mit einem vergifteten Holzhammer.

GA: Ohne Rücksicht auf die grassierende Political Correctness?

Pause: Political Correctness provoziert mich zu Abwehrreaktionen: Jetzt erst recht! Interessanterweise kommt Political Correctness nicht von der Obrigkeit.

Alich: Sondern von den 68ern.

Pause: Denkverbote aus den eigenen Reihen, wenn man so will.

GA: Meinen Sie damit etwa die Grüninnen und Grünen?

Alich: Auch. Sie sind die politische Speerspitze. Man unterliegt dem Irrglauben, Dinge wie den Faschismus könne man mit Political Correctness verhindern.

Pause: Den Krebs ausmerzen, indem man ihn verbietet.

GA: Was kann, was muss man zu Donald Trump sagen?

Alich: Das ist ein neuer Wind für alte amerikanische Politik, wie es sie immer gegeben hat, früher eher in den Hinterzimmern. Ich halte Trump für undiplomatisch, aber nicht für unberechenbar.

Pause: Er macht schließlich genau das, was er angekündigt hat.

GA: Wie entsteht ein neues Programm im Arbeitsalltag?

Alich: Man trifft sich, tauscht erste Ideen aus und zieht sich in Einzelarbeit zurück. Und mailt sich weitere Vorschläge.

GA: Denkt dabei jeder nur an seine eigene Figur?

Alich: Nee. Rainer und ich haben im Programm jeweils einen längeren Monolog, doch zwei Drittel bestehen aus Dialogen.

Pause: Ein Auftritt lebt von der Spannung zwischen beiden Figuren, nicht von der ausgefeilten Pointe. Wir verwenden dabei kein Schriftdeutsch.

GA: Wie kann man Neueinsteigern die Figuren Fritz und Hermann beschreiben?

Alich: Hermann ist ein reaktionärer „bodenständiger“ Motzkopf, der gern übertreibt, so dass Fritz korrigierend eingreifen muss, was die Sache meistens noch verschlimmert. Unsere Zuspitzungen werden gelegentlich aber auch missverstanden.

GA: In welcher Hinsicht?

Alich: Manche Zuschauer halten uns tatsächlich für reaktionär.

Pause: Und damit haben wir sie schon aufs Glatteis geführt.

Alich: Unsere Dialoge lässt Leute, die nicht zu Ende denken, komische Schlüsse ziehen. Ist schade, aber da muss man durch.

Pause: Man muss sich auf dieser Humorebene zurechtfinden, denn das, was wir auf der Bühne sagen, ist nicht unbedingt unserer Meinung, sondern die Meinung von Fritz und Hermann. Die Meinung von Alich und Pause kann man höchstens erahnen.

GA: Ist Hermann einer dieser typischen Nörgelrentner?

Alich: Nicht unbedingt. Ich würde eher sagen: Wenn man einen Phlegmatiker weckt, ist er erst mal schlecht gelaunt.

Pause: Fritz und Hermann sind zwei Karikaturen. Man denkt einerseits an politische Amtsinhaber aus den 60er Jahren mit ihren dicken Brillen, der Cut wiederum erinnert an Saaldiener im alten Bundestag oder an ranghohe Politiker beim Staatsakt.

Alich: Andererseits sind sie Funktionsträger in einem Verein. Der Verein vereinfacht vieles.

GA: Was zum Beispiel?

Pause: Nun, der Vorstand wird gewählt – wie es dazu kommt, ist eine andere Sache. Fritz und Hermann würden ihre Positionen nie infrage stellen. Gegenseitig sowieso nicht. Sie sind keine Konkurrenten.

Alich: Hermann ist Vereinsvorsitzender, der Fritz ist es ehrenhalber. Klar wird: Wir kennen uns in Machtpositionen aus.

GA: Rainer Pause ist Theaterleiter im Pantheon. Wie gefällt seinem Partner Alich das neue Haus?

Alich: Gut. Es hat im Vergleich zum alten Pantheon viele Vorteile: keine Treppen, größer, luftiger. Schönes Ambiente. Auch die Lounge hat Stil.

GA: Kann die Lounge das alte Pantheon Casino ersetzen?

Pause: Man kann beide Säle wegen der akustischen Durchlässigkeit leider nicht gleichzeitig bespielen. Das bedeutet: Jährlich können deshalb rund 250 Veranstaltungen bei uns nicht stattfinden. Anfragen von Künstlern gibt es reichlich.