Ein Selefer Original

Gertrud Balter ziert den Karnevalsorden der Großen Selhofer KG Blau Weiß. Für viele Selhofer ist sie die "Tant Jertrud".

Selhof. (oro) In dieser Session landete die Ur-Selhoferin auf dem närrischen Edelmetall der Großen Selhofer Karnevalsgesellschaft Blau Weiß als "Selefer Original". Erstmals entwarf Matthias Palm den Orden.

Und sein Vorgänger Heinz Pfälzer, der diese Aufgabe viele Jahre ausführte und auch die Laudatio bei der Vorstellung hielt, war äußerst zufrieden mit der Arbeit. Der blinkende Orden ist ein herrliches Stück Zeitgeschichte. Gertrud Balter, "Et Drück", sitzt auf einer Erdbeere. Denn die süßen Früchtchen bestimmten viele Jahre ihren Tagesablauf.

Gertrud, geborene Huferath aus der Selhofer Straße, heiratete einst Johann Balter, der von Beruf Busfahrer war, aber auch Land besaß. Auf ihm baute das Ehepaar vor allem Erdbeeren an. Es war die Aufgabe der zweifachen Mutter, die Früchte zu pflücken. Drei, vier Zentner am Tag. Damit konnten sich die Balters einiges leisten. Großneffe Matthias Palm gibt dies auf dem Orden zeichnerisch wieder.

"Ming Huhs" ist unter dem Haus in den Orden eingraviert, "Ming Bank" steht unter gestapelten Erdbeerkörbchen, die das Format eines großen Bankgebäudes haben. Aus dem Schornstein des Hauses steigt eine fröhliche Dame mit Fuchs um den Hals, Hut auf dem Kopf, Paraplü am Arm und einer Flasche in der Hand. Und aus "Tant Jertruds" Kopf kringelt sich als Gedankenwolke: "Schnell ne Heffe!" Ihr Lieblingsgetränk.

Gertrud Balter hat immer schwer gearbeitet. Noch heute erledigt sie alles selber: Haushalt, Essen, Garten. Und alles mit "Freude am Leben". Sie sagt: "Ich blieven immer op Selef!" Schiffsreisen macht sie nur "von Honnef nach Remagen".

Große Busreisen liebt "et Drück". Früher fuhr sie mit ihrem Johann nach Österreich. Heute ist sie viel mit dem VdK unterwegs. Auch mit dem Selhofer Bürgerverein. Doch das größte Erlebnis hatte sie mit dem Kirchenchor "Cäcilia", in dem sie seit 65 Jahren Mitglied ist. "Wir starteten eine Reise nach Rom. Dort sangen wir sogar im Petersdom und wurden vom damaligen Papst Johannes XXIII. mit Handschlag begrüßt." Viel erlebt habe sie auch auf anderen Reisen. "Doch was ist das alles gegen unser Siebengebirge?"

Gertrud Balter ist in der Katholischen Frauengemeinschaft Sankt Anna Beisitzerin. Zur fünften Jahreszeit schreibt die sechsfache Uroma Büttenreden, näht Kostüme. Zum Arzt geht sie nicht. "Vielleicht liegt alles an der guten Hefe-Inhalierung?! Jeden Abend ein bis zwei Hefe-Gläschen. Hält die Verdauung auf Trab und fördert den heilsamen Schlaf." Und: "Ich denke mit meinen 86 Jahren immer noch gerne an Seilchenspringen, kleckere mit de Glasmurmele, Versteck spille un ovends Schellemännche an de Hausklingele mache un die Betroffene dabei auslache, mit dem Dilledöppche spille un Höppekässje springe." Sie ist eben ein Original.